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«Welsche Namen sind prestigeträchtiger»

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Jean-Pierre Anderegg, Ortsnamen existieren bereits seit Jahrhunderten. Durch die Fusionsdiskussionen werden Namen neuer Gemeinden zum hochaktuellen Thema.

Mit den Gemeindefusionen geht man in der Entwicklung wieder einen Schritt zurück. Der neue Gemeindename ist vielerorts nämlich gar nicht neu, sondern bezeichnet die alte Einheit eines Gebietes. Die Gemeinde Gurmels illustriert dies schön. Die Pfarrei Gurmels, die bereits sehr lange existiert, bezeichnet das heutige Gebiet der fusionierten Gemeinden. Andere Fusionsgemeinden sind Paradebeispiele für mangelnde sprachliche Sensibilität. Der Name der 2001 fusionierten Gemeinde Villorsonnens im Glanebezirk ist aus den Namen der ehemaligen Gemeinden gebastelt und nimmt keine Rücksicht auf die Sprachgeschichte der Region.

 

Wird es je länger, je mehr künstliche Namen geben?

Ja. Eine sprachlich absolut unsensible Schöpfung ist etwa «Gottéron-Village» für die geplante Grossüberbauung. Der Ort hat nichts gemeinsam mit der Galterenschlucht, die am anderen Ende der Stadt liegt. Solche Beispiele zeigen, dass sich niemand für die Sprache zuständig fühlt.

 

Gibt es bei der Namensgebung von neuen Gemeinden gesetzliche Grundlagen?

Nein. Man muss also auf alles gefasst sein. Bestehende Gemeindenamen sind aber geschützt. Die Post, die SBB und das Bundesamt für Landestopografie Swisstopo nehmen sich das Recht heraus, Namen zu fixieren. Bei der Namensgebung auf Landkarten spricht sich Swisstopo jedoch mit den Kantonen ab. Und die Kantone wiederum sprechen sich mit den Gemeinden ab.

 

Zweisprachige Gemeinden erschweren die Beschriftung.

Wenn in der Gemeinde die Deutschsprachigen in der Mehrheit sind, ist eine zweisprachige Benennung besser durchsetzbar als bei einer französischsprachigen Bevölkerungsmehrheit. Die langwierigen Diskussionen um die Bahnhofsschilder in Freiburg zeigen dies.

 

Der Seebezirk ist zweisprachig. Dennoch verschwinden immer mehr Doppelnamen von der Landkarte. Warum?

Dass Salvenach auf Französisch Salvagny heisst, weiss heute tatsächlich fast niemand mehr. Der französische Name ist mit der deutschen Bevölkerungsmehrheit verloren gegangen. Zu beobachten ist jedoch, dass es sonst viel mehr welsche Exonyme gibt als deutsche. Das Exonym ist die Form des Ortsnamens, die von der auswärtigen Bevölkerung benutzt wird. Die Romands sagen: «Je vais à Tavel» und nicht «je vais à Tafers». Die Welschen sind sensibler im Sprachgebrauch. Für Deutschschweizer sind welsche Namen hingegen prestigeträchtiger. Sie benutzen eher die Bezeichnung Meyriez als Merlach und finden es elegant. Anders gesagt bedeutet dies, dass die deutsche Sprache ins Hintertreffen gerät. Man benutzt die Sprache nicht mehr sorgfältig. Der zweisprachige Name Meyriez/Merlach wird immer ungeläufiger, und dies bedeutet schliesslich einen Verlust eines Kulturgutes.

 

Ist jeder Ortsname auf der Landkarte erklärbar?

Nein. Beim Namen Greng etwa existieren verschiedene Erklärungsversuche. Die Ortsnamenforschung ist keine exakte Wissenschaft. Im Kanton Freiburg sind die Namen oft erst im zwölften Jahrhundert schriftlich festgehalten worden. Die Namen waren aber mündlich bereits im Gebrauch und wurden schon verformt und abgewetzt. In der Ostschweiz ist die Datenlage besser. Dort existieren bereits schriftliche Belege aus dem achten Jahrhundert.

 

Sind Gemeindenamen identitätsstiftend?

Ja, darum sind Gemeindenamen auch eine sehr emotionale und deshalb hochpolitische Angelegenheit. Als Einwohner Freiburgs stört es mich zum Beispiel, dass das offizielle städtische Logo nur mit «Ville de Fribourg» beschriftet ist. Aber ich fühle mich dennoch wohl in der Stadt. Hier treffen zwei Kulturen zusammen und für die Minderheit gibt es immer etwas, wofür man kämpfen kann. Das ist spannend.

Der pensionierte Volkskundler Jean-Pierre Anderegg hat sich während seiner beruflichen Tätigkeit beim kantonalen Amt für Kulturgüterdienst unter anderem mit der Geschichte der Ortsnamen beschäftigt. Das Interview bildet den Auftakt zur Sommerserie, in der die FN verschiedenen Freiburger Ortsnamen auf den Grund gehen.

Entwicklung:Namensendung zeigt Alter des Dorfes an

Ortsnamen, die auf «-y» und «-ach» enden, gehören zu den ältesten im Kanton. «Namen wie Vully/Wistenlach oder Marly/Mertenlach entstanden ursprünglich im Kontakt zwischen Römern und Kelten», erklärt der Freiburger Volkskundler Jean-Pierre Anderegg. Solche Namen gehen ins erste bis vierte Jahrhundert nach Christus zurück. Sie sind vor allem im Seeland und dem angrenzenden Plateau verbreitet. Diese Gebiete wurden laut Anderegg am frühsten ständig besiedelt, weil sie am fruchtbarsten waren.

Neuere «-ingen»-Namen

Vom sechsten bis achten Jahrhundert besiedelten die Alemannen das Gebiet der heutigen Schweiz. Sie brachten auch neue Namen mit sich, allen voran die «-ingen»-Namen wie etwa Bösingen oder Düdingen im unteren Sensebezirk. Dieses Gebiet war weniger stark erschlossen, die Alemannen mussten es zuerst roden.

Weil die Alemannen und die Romanen lange in den gleichen Gebieten nebeneinander lebten, wurden Orte auch lange doppelt benannt (zum Beispiel Murten/Morat, Merlach/ Meyriez oder Gurwolf/Courgevaux).Zur gleichen Zeit entstanden die «-dorf»-Namen wie Überstorf oder Liebistorf. «Dorf» kommt laut Anderegg vom Begriff «thorf» und ist die althochdeutsche Bezeichnung für «Gehöft».

Ab dem achten Jahrhundert begann die Ausbauphase der Besiedelung. Damals kamen die allen voran für den Sensebezirk typischen «-wil»-Namen auf. Orte wie Alterswil oder Agriswil waren ursprünglich ebenfalls Einzelhöfe, später dann meistens kleine Siedlungen oder Weiler. Die Wortendung «-wil» stammt laut Anderegg vom spätlateinischen «villare» und bedeutet so viel wie «zu einem Landgut gehörend».

Waldrodungen

In der späteren Siedlungsgeschichte treten erstmals die «-ried»- und «-schwand»-Namen auf. Diese Bezeichnungen rühren vom Ausdruck «Wald schwinden lassen» oder «roden» her. Der letzte grosse Kolonisierungsschub im Kanton Freiburg geschah ab dem elften Jahrhundert. hs

Die deutsche Sprache gerät laut Jean-Pierre Anderegg immer mehr ins Hintertreffen.Bild Charles Ellena/a

«Eine sprachlich absolut unsensible Schöpfung ist etwa ‹Gottéron-Village› für die geplante Grossüberbauung.»

Autor: Jean-Pierre Anderegg

Autor: Freiburger Volkskundler

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