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Wie Christian Levrat auf 18 Jahre Bundespolitik zurückblickt

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18 Jahre lang politisierte Christian Levrat im Bundeshaus. Nun erlebt der Sozialdemokrat seine allerletzte Session: Anfang Dezember wird der Freiburger Verwaltungsratspräsident der Post.

Neun Jahre im Nationalrat, neun Jahre im Ständerat, zwölf Jahre Präsident der SP Schweiz: Der Freiburger Christian Levrat schaut auf eine eindrückliche Karriere im Bundeshaus zurück. Die jetzige Session ist seine letzte. Zeit für eine Bilanz.

Sie blicken auf 18 Jahre im Bundesparlament zurück. Wie hat sich die nationale Politik in dieser Zeit verändert?

Sie hat sich mehrmals geändert. Als ich 2004 in den Nationalrat gewählt wurde, war das die Zeit, in der Christoph Blocher Ruth Metzler aus dem Bundesrat verdrängen konnte. Damals hatten wir im Parlament eine starke FDP-SVP-Dominanz. 

Es hat einiges gebraucht, bis die CVP ihrerseits die Kraft fand, Blocher aus dem Bundesrat zu entfernen.

Was folgte auf jene Legislatur?

Wir hatten eine gute, produktive Zeit bis 2015. Eveline Widmer-Schlumpf, die auf Blocher folgte, war eine gute Finanzministerin. Und sie hat dem Bundesrat insgesamt gutgetan. In den beiden Legislaturen von 2007 bis 2015 haben auch die Parteien gut zusammengearbeitet.

Und dann gab es bei den Wahlen 2015 wieder einen Bruch?

Ja. Ich war damals froh, im Ständerat zu sein. SVP und FDP formten im Nationalrat wieder die Mehrheit, es war schwierig für die Linke, eigene Themen durchzubringen. Der Ständerat konnte viele Entscheidungen des Nationalrates korrigieren und notwendige Reformen voranbringen. Beispielsweise bei der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative, bei der Altersvorsorge, bei der Steuerreform und der AHV-Finanzierung (STAF).

Das ist ein Paradebeispiel, wie die Schweizer Demokratie funktionieren kann.

Die SP hatte das Referendum gegen die Unternehmenssteuerreform ergriffen und gewonnen. Dann haben wir aber sofort danach einen Kompromiss gesucht und ihn auch durchs Volk gebracht. Wir haben das konstruktive Oppositionspolitik genannt. Und es hat nicht schlecht funktioniert.

Und wie erleben Sie den jetzigen Zustand der Schweizer Politik? 

Wir sind wieder in einer neuen Periode. Der Nationalrat ist etwas kompromissbereiter. Hingegen ist der Ständerat konservativer geworden, und es ist schwierig für die Linke, tragfähige Mehrheiten zu finden.

Viele beklagen die Polarisierung der Politik in den letzten Jahren, und gerade während der Pandemie.

Die Politik wurde bereits in den 1990er-Jahren polarisiert, durch einen bewussten Entscheid der SVP. 

Wer sagt, dass das politische Leben vor fünfzehn Jahren konstruktiv gewesen sei, schaut aus der Distanz mit einer Verklärung zurück. 2003 bis 2007 war die Zeit, als die SVP mit den Plakaten mit den schwarzen Schafen warb und gegen die Kosovaren wetterte. 

Haben die sozialen Medien die Politik verändert?

Sehr. Aber auf die Polarisierung haben sie einen viel kleineren Einfluss, als einige sagen. Die Polarisierung setzte schon viel früher ein. 

Was haben sie dann verändert?

Die Selbstvermarktung. Jede und jeder hat nun via die sozialen Medien seine eigene kleine Presseagentur. Ein Twitterkonto eines Politikers hat schnell mal so viele Follower wie eine mittelgrosse Tageszeitung. Das Positive: Die Politiker haben einen direkten Kontakt zur Wählerschaft. Das Negative sind die Egotrips – und dass Manipulationen möglich sind.

Zum Negativen gehören wohl auch die Anfeindungen in den sozialen Medien?

Das ist nicht neu. In den 1990er-Jahren war ich Sprecher der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. Wir hatten auch heftige Auseinandersetzungen. Was mir heute mehr Angst macht als diese virtuellen Anfeindungen, sind Drohungen und Angriffe auf Amtsträger. Facebook ist nicht die Ursache dafür, eher ein Symptom.

Was ist denn die Ursache dafür?

Einige Leute können mit ihrem Frust nicht mehr umgehen und kommen mit Andersdenkenden nicht mehr klar. Das zeigt sich an der Impffrage, die sehr schnell sehr persönlich diskutiert wird. Und dann kommt noch die SVP, die Öl ins Feuer giesst, das macht es auch nicht besser. 

Wenn eine so grosse Partei wie die SVP systematisch gegen den Bundesrat arbeitet, erklärt dies auch die tiefe Impfrate in der Schweiz. 

Was ist Ihre persönliche Bilanz nach dieser langen Zeit in der Politik?

Es war eine sehr spannende Zeit. Es gab keinen Tag, an dem ich mein Engagement bereut hätte. Für mich war es eine unglaubliche Chance, das zu erleben. Ich war praktisch in allen Kommissionen, war zwölf Jahre lang Parteipräsident, in Kontakt mit den relevanten Entscheidungsträgern.

Was hat Ihnen Ihre Freiburger Herkunft gebracht?

Die Freiburger Realität ist die beste Vorbereitung fürs Bundeshaus: Sprache, Religion, der Gegensatz zwischen Randregion und Agglomeration, zwischen Stadt und Land – all diese Themen sind in Freiburg omnipräsent. Auf der nationalen Ebene sind sie mit umgekehrten Vorzeichen wieder zu finden: Hier sind die Deutschsprachigen in der Mehrheit. Wer im Kanton Freiburg politisiert, lernt, mit Minderheiten umzugehen, sie zu integrieren, alle hinter ein Projekt zu scharen. Und das sind Merkmale der Schweizer Politik.

Was ist Ihre schönste Erinnerung an die Zeit im Bundeshaus?

Da gibt es viele. Die Wahl von Alain Berset in den Bundesrat hat mich sehr gefreut. Für ihn, für Freiburg, für die Schweiz. Es ist ein Glücksfall, ihn nun in der Pandemie als Gesundheitsminister zu haben. Sehr technisch, aber auch wichtig war die Steuerreform III. Da haben wir Widerstandskraft gezeigt und einen Kompromiss aufgetischt. 

Ihre grösste Niederlage?

Da gibt es zwei. Die Altersvorsorge 2020, die gescheitert ist. Und die Masseneinwanderungs-Initiative haben wir völlig unterschätzt.

Was war das Aufregendste?

Die Lex USA. Im 2013 verlangten die USA, die Banken müssten alle Daten zum Geschäft mit unversteuerten Geldern von US-Kunden abliefern, inklusive die Namen der involvierten Mitarbeitenden der Banken. Ich war wegen des Persönlichkeitsschutzes stark dagegen und war als Parteipräsident an allen Front aktiv. Doch dann in der Ständeratsdebatte durfte ich nichts dazu sagen, weil es die erste Session nach meiner Wahl in den Ständerat war, und die Neuen nicht sprechen dürfen. Ich musste zuschauen, wie meine Kollegen dieses Diktat der Amerikaner durchwinkten. Zum Glück hat der Nationalrat den Entscheid dann ja noch korrigiert. Aufregend war das auch, weil es meine einzige Nachtsitzung war: Wir tagten bis zwei Uhr morgens.

Sie würden nicht die Abwahl Blochers aus dem Bundesrat, an der Sie auch beteiligt waren, als das Aufregendste bezeichnen?

Da waren viele involviert. Ich wehre mich gegen dieses Bild der Verschwörung, das gerne gezeichnet wird. Klar haben wir den Namen der Person, die wir wählen würden, nicht genannt. Aber alles andere war sehr öffentlich.

Was hätten Sie gerne noch zu Ende gebracht?

(Lacht.) Solche Ausreden habe ich nicht gesucht, um noch länger zu bleiben. Wer so denkt, tritt nie zurück. 

Es gibt immer ein Geschäft, das Sie lange begleitet haben und das nicht zu Ende debattiert ist.

Zum Beispiel die neue Landwirtschaftspolitik.

Worauf freuen Sie sich nun in Ihrer Aufgabe als Verwaltungsratspräsident der Post?

Die Post ist ein spannendes Unternehmen. Sie ist zugleich Flaggschiff des Service public und ein Unternehmen, das sich in einem tiefen Wandel befindet. Die Post prägt die Identität der Schweiz. Sie spielt eine zentrale Rolle in der Logistik, in der Kommunikation, bei Finanzdienstleistungen und im Bereich des öffentlichen Verkehrs. Ich freue mich sehr auf diese neue Herausforderung. 

Zur Person

18 Jahre in Bundesbern

Der 51-jährige Christian Levrat absolvierte ein zweisprachiges Jurastudium an der Universität Freiburg und studierte an der University of Leicester Politikwissenschaft. Danach arbeitete der Sozialdemokrat bei verschiedenen Hilfsorganisationen, Verbänden und beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund. Ab 2000 war er Freiburger Verfassungsrat, 2004 kam er in den Nationalrat. 2008 wurde er zum Präsidenten der nationalen SP gewählt. 2012 wechselte der Greyerzer in den Ständerat; er folgte damals in einer Ersatzwahl auf Alain Berset, der in den Bundesrat gewählt wurde. 2020 trat er von seinem Amt als Parteipräsident zurück. Ab Dezember ist er Verwaltungsratspräsident der Post. Er folgt dabei auf den früheren Freiburger CVP-Ständerat Urs Schwaller. njb

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