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«Wir wollen einen neuen Trend setzen»

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Urs Lacotte, warum braucht es Olympische Winterspiele 2022 in St. Moritz und Davos?

Die Spiele sind nicht per se gut oder schlecht, sondern das, was wir daraus machen. Die Gegner haben in den Diskussionen leider die Tendenz, die Spiele zu verdammen, während die Befürworter diese eher in den Himmel loben. Ich habe da eine nüchterne Haltung: Für mich sind die Spiele das, was man aus ihnen macht.

 

 Und was möchten Sie aus ihnen machen?

Im Moment besitzt wohl kein anderes Projekt eine solche Kraft, um Leute aus allen Bevölkerungsschichten zu mobilisieren. Sowohl die Gegner wie die Befürworter sind sich einig, dass im Kanton Graubünden in den letzten vier Monaten eine nie da gewesene öffentliche Diskussion stattgefunden hat. Der Schweiz bietet sich eine riesige Chance, diese Kraft auszunutzen. Nicht, um eine gewaltige, zweiwöchige Party zu organisieren, sondern um Spiele abzuhalten, die einen möglichst grossen Nutzen für unsere Gesellschaft bringen.

 

 Der da wäre?

Graubünden und die Schweiz müssten zusammenstehen, sich gemeinsam auf ein Ziel ausrichten. Leute aus den unterschiedlichsten Bereichen wie Wirtschaft, Politik, Sport und Wissenschaft, die sich ohne die Spiele nie treffen würden, müssten Hand in Hand arbeiten. Das wird eine wesentliche gesellschaftspolitische Wirkung haben. In dem Moment, wo eine Kandidatur 2022 einsetzen würde, könnte sich die Schweiz zudem international als offenes, gastfreundliches und fortschrittliches Land positionieren.

 

 Das tönt doch sehr nach Tourismusförderung für Graubünden …

Wenn ich heute die touristische Entwicklung anschaue, dann sehe ich, dass die Schweiz ein Problem hat, das nicht nur durch den negativen Frankenkurs bedingt ist. Es ist ein strukturelles Problem. Olympische Spiele bieten die Chance, die Leute aus dem Tourismus zusammenzubringen und gemeinsam innovative Projekte zu entwickeln. Davon kann die ganze Schweiz profitieren. Das Potenzial ist vorhanden, entscheidend ist, was man daraus macht.

 

 Sie möchten «weisse Spiele» organisieren. Was ist darunter zu verstehen?

Wir wollen mit dem bestehenden Trend brechen, dass Winterspiele in einer Metropole organisiert werden, wo die Eiswettbewerbe im Zentrum der Stadt und ein paar Schneewettbewerbe irgendwo 150 bis 200 km ausserhalb angesetzt durchgeführt werden. Wir wollen wieder Schnee, Berge und Natur in den Vordergrund rücken. Wir wollen dahin, wo der Wintersport geboren ist. Wir sind uns bewusst, dass wir gewisse Einschränkungen eingehen müssen. Wir sehen diese Begrenztheit der Region aber als Chance.

 

 Olympische Spiele sind immer grösser geworden, es gibt immer mehr Teilnehmer und mehr Disziplinen. Dennoch wollen Sie den Trend des quantitativen Wachstums brechen und zurück zu kleineren Spielen. Wie wollen Sie diese Vision umsetzen?

Die Komplexität solcher Spiele ist heute nicht nur auf die Anzahl der Teilnehmer und Disziplinen zurückzuführen, sondern auch auf den Medienbereich und die ganze Informationstechnologie an sich. Ein wesentlicher Teil der Komplexität liegt zudem in den «Welten», die rund um die Spiele herum aufgebaut werden. Da gibt es ein House of Switzerland, ein House of Germany, ein House of Russia, aufgebaut von den verschiedenen nationalen Komitees, damit sie ihre Minister und Gäste empfangen können. Diese Repräsentantenhäuser sind heute eher Paläste als Häuser. Das muss nicht sein.

 

 Sie werden die Medien aber kaum von den Spielen ausschliessen können …

Natürlich muss eine Kamera auf der Rennpiste stehen, aber die Produktion als solches muss dank den heutigen Technologien nicht unbedingt vor Ort stattfinden. Bei der Fussball-Europameisterschaft in Polen wurden die Spiele auch nicht alle vor Ort, sondern von einer Zentrale in Warschau reportiert. Teile der Medienproduktion könnten zum Beispiel in Chur oder Zürich abgesetzt werden. Chur könnte auch zum Eingangszentrum der Olympiaregion werden, indem dort das ganze Akkreditierungswesen und die Logistik organisiert würden.

 

 Liegen kleinere Spiele überhaupt im Interesse des Internationalen Olympischen Komitees (IOK)? Letztlich verdienen doch sehr viele Leute sehr viel Geld mit diesem Anlass und kleinere Spiele würden zu tieferen Einnahmen führen.

IOK-Präsident Jacques Rogge fordert seit seinem Amtsantritt 2001, dass vermehrt wieder der Athlet und der Wettkampf im Vordergrund stehen sollen und dass auf Überfüssiges verzichtet wird. Seit elf Jahren ist das IOK am Diskutieren, wie es die Komplexität der Spiele reduzieren könnte. Die Rückkehr zu kleineren Spielen ist auch im Interesse des IOK.

 

 Und wenn das IOK an seinem Retorten-Gigantismus festhält?

Entweder goutiert das IOK das Projekt weisser, natur- und sozialverträglicher Spiele, oder die Schweiz zieht ihre Olympia-Kandidatur zurück.

 

 Was würde Olympia 2022 kosten?

Das Budget sieht total 2.5 Milliarden Franken für die Planung und Durchführung vor.

 

 Ein stolzer Betrag …

Ja, aber man gibt das Geld nicht nur für die Spiele aus. Viel wird auch in die Infrastruktur investiert. So würde der öffentliche Verkehr ausgebaut und Graubünden besser ans internationale Netz angebunden. Uns ist die Nachhaltigkeit sehr wichtig. Wir wollen zu 100 Prozent der Umwelt Rechnung tragen. Was wir nicht wieder verwenden können, wird nur temporär aufgebaut. Wichtig scheinen mir nicht nur die Ausgaben, sondern auch die Einnahmen. Das Budget ist ausgeglichen.

 

 Erfahrungen zeigen aber, dass Olympische Spiele stets zwei- bis fünfmal so viel kosten wie budgetiert. Zum Beispiel die Kosten für die Sicherheit lassen sich heute doch kaum präzise voraussagen …

Unser Sicherheitskonzept basiert auf der heutigen Bedrohungslage und ist anhand der aktuellen sicherheitspolitischen Situation entwickelt worden. Es ist sehr schwierig, dies ins Jahr 2022 zu projizieren. Es kann Änderungen geben. Das WEF zeigt aber, dass die Schweiz durchaus die Sicherheit eines grossen Anlasses sicherstellen kann. Es ist klar, dass Graubünden die Frage der Sicherheit nicht alleine lösen kann und auf die Zusammenarbeit mit den Polizeikorps der Schweiz, der Armee und auf die Unterstützung vom Ausland angewiesen ist.

 

 Der Bund würde sich mit einer Milliarde Franken an den Kosten beteiligen und übernimmt zusätzlich eine Defizitgarantie. Nicht-Bündner stören sich daran, dass sie sich an den Kosten beteiligen sollen, aber nicht von den Spielen profitieren können …

Die Spiele bringen Graubünden einen höheren Nutzen als anderen Kantonen, das glaube ich auch. Aber alle andern Bergkantone werden mittelfristig von den Erfahrungen profitieren. Da wird es zu einem Wissenstransfer kommen. Im Allgemeinen wird auch die Reputation der Schweiz als Ganzes profitieren. Und grundsätzlich ist es ja so: Wenn es der Schweiz gut geht, geht es auch den Kantonen besser.

 

 Wie könnte denn Freiburg von den Spielen profitieren?

Bereits während der Kandidaturphase wollen wir einige innovative Projekte umsetzen, die insgesamt den Alpenregionen zugutekommen, also auch Freiburg. Wir möchten unter anderem ein nationales Projekt lancieren, das Kinder, die sonst keinen Schneesport treiben können, in die Berge bringt. Dann denke ich, dass Freiburg als «Brückenkanton» bei der ganzen Volontär-Geschichte eine wichtige Rolle übernehmen könnte. Denn die Frankophonie ist für die Olympische Bewegung bedeutend.

Welche Auswirkungen hätten die Spiele für den Schweizer Sport?

Das IOK zahlt einen wesentlichen Beitrag an die Durchführung der Spiele. In Vancouver waren es zum Beispiel gegen 700 Millionen USD. Dieses Geld würde zum Teil auch dem hiesigen Sport im Bereich der Sportentwicklung und der Jugendförderung zugutekommen.

 

 Wie geht die Abstimmung am Sonntag aus?

Ich denke, der Entscheid wird sehr, sehr knapp ausfallen. Es wird sehr viel über Risiken diskutiert, aber sehr wenig über Chancen. Ob Olympia tatsächlich in die Schweiz zurückkehren wird, ist zur Glaubensfrage geworden. Wir feiern zwar sehr gerne Weltmeistertitel, aber wenn es darum geht, auf politischer Ebene zugunsten des Sports einzustehen, ist man in der Schweiz sehr zurückhaltend. Der gesellschaftspolitische Wert des Sportes wird leider immer noch unterschätzt.

 

 

«Wir wollen wieder Schnee, Berge und Natur in den Vordergrund rücken.»

«Wir feiern zwar gerne Weltmeistertitel, aber wenn es darum geht, zugunsten des Sports einzustehen, ist man sehr zurückhaltend.»

 

«Es geht nicht darum, eine gewaltige, zweiwöchige Party zu organisieren.»

Zur Person

Urs Lacotte

Der 59-jährige Düdinger Urs Lacotte leitet beim Verein Olympische Winterspiele Graubünden 2022 denNIV-Ausschuss,der für die Nachhaltigkeit der Spiele verantwortlich ist. Lacotte wurde im Berneroberland inSigriswilgeboren, studierte Sport, Sportmanagement und Geografie an den Universitäten Bern und Bayreuth (De) und besitzt einen MBA der Uni St. Gallen. Sieben Jahre war Lacotte als Leiter für die Gruppe Electrowatt Engineering inAsienverantwortlich, ehe er 1996 mit seiner Familie nach Marly zog. Sieben Jahre war er alsChef der Abteilung Rüstungsplanungim Generalstab der Schweizer Armee tätig. 2003 übernahm der frühere Skirennfahrer denPosten desGeneraldirektorsdes Internationalen Olympischen Komitees (IOC), wo er acht Jahre lang als rechte Hand von IOC-Präsident Jacques Rogge waltete. Im März 2011 trat Lacotte ausgesundheitlichen Gründen–er leidet an einer neurodegenerativen Erkrankung–von seinem Amt zurück.ms

Olympia 2022: Bedenken wegen Umweltbelastung und Finanzierung

I m kantonalen Urnengang vom Sonntag stimmen der Kanton Graubünden sowie die Austragungsorte Davos und St. Moritz über Rückstellungen in der Höhe von 300 Millionen für die allfällige Durchführung der Spiele ab. Mit einem Ja gäben sie grünes Licht für die Kandidatur, bei einem Nein wäre das Projekt vom Tisch.

«Nutzen nicht gross»

Die Gegner der Vorlage kommen hauptsächlich aus dem rot-grünen Lager. Sie haben sich auf die finanziellen Risiken und die Umweltbelastung fokussiert. Auch Herbert Känzig, Präsident des WWF Freiburg, steht einer Olympiakandidatur von Graubünden kritisch gegenüber: «Die Pläne für Olympia 2022 sind überdimensioniert. Die Belastung für die Umwelt, auch wegen des zusätzlichen Mehrverkehrs erscheint mir zu hoch.» Zudem kann sich Känzig nicht damit anfinden, wie die Finanzierung geregelt würde. «Das finanzielle Risiko ist zu stark auf die Allgemeinheit verteilt. Profitieren würden nur ein paar Wenige, bezahlen müssten alle. Zudem glaube ich nicht, dass der Nutzen der Spiele sehr gross sein dürfte.» ms

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