Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Versteigert an den Wenigstbietenden

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

«Die Opfer verdienen Rehabilitation», sagte Staatsratspräsident Erwin Jutzet an der gestrigen Pressekonferenz zur Veröffentlichung des Buchs «Enfants à louer». Dieses behandelt die Versteigerungen von Waisen und Kindern aus ärmlichen Verhältnissen.

«Im 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts haben die lokalen Fürsorgebehörden Kinder billig versteigert», erklärt Francis Python, emeritierter Professor und Leiter des Projekts. Diese Praktik basiere auf einem Gesetz aus dem Jahr 1811–veranlasst von Pfarreien und Gemeinden. Erst 1928 habe der Kanton dafür ein Verbot eingeführt.

Zu Beginn des Jahres 2014 hatte der Staatsrat beschlossen, eine Geschichtsstudie in Auftrag zu geben, die dieses dunkle Kapitel des Kantons Freiburg aufarbeiten soll (die FN berichteten). Im Anschluss hat sich der französischsprachige geschichtsforschende Verein Freiburg mit der Angelegenheit befasst. Gemäss Erwin Jutzet basiert das Projekt auf der Entschuldigung des Staatsrats an die Opfer dieser Praktiken aus dem Jahr 2012.

Versteigerte Kinder

«Kinder an die Wenigstbietenden zu versteigern, das grenzt an Barbarei», sagt Erwin Jutzet. Die Kinder seien jeweils bei jenen Personen platziert worden, die am wenigsten für ihren Unterhalt verlangt hätten. Vielen Opfern gehe es nicht um materielle Rehabilitation, sondern vielmehr darum, dass sich die Bevölkerung ihres Schicksals bewusst werde. Dies sei auch das Ziel dieser geschichtlichen Aufarbeitung. «Wir wollten rasch reagieren und eine gründliche Aufarbeitung gewährleisten.» Der Kanton habe sich mit rund 40 000 Franken am Projekt beteiligt. Erwin Jutzet erwähnt zudem, dass sich der Kanton am Fonds für Verdingkinder beteiligen werde. «Damit wollen wir mit gutem Beispiel vorangehen.»

Auch Ursula Schneider Schüttel, Freiburger Nationalrätin und Mitinitiantin der Wiedergutmachungsinitiative, ist mit dem Buch zufrieden: «Es ist wichtig, dass den Opfern Glauben geschenkt wird.» Die Aufarbeitung verbinde ähnliche Geschichten, so dass die Opfer nicht mehr als Lügner hingestellt würden.

Ohne Deutschfreiburg

 Die Historikerin Rebecca Crettaz hat die Forschung zur wissenschaftlichen Aufarbeitung betrieben. Acht Gemeindearchive habe sie dafür durchforstet. Auch Memoiren von Zeitzeugen und Dokumente aus dem Staatsarchiv seien in ihre Forschung eingeflossen. Wie Francis Python erklärt, seien im Buch keine Zeugen und Vorfälle aus dem Sense- oder Seebezirk aufgeführt. «Die Übersetzung handgeschriebener Dokumente hätte Schwierigkeiten dargestellt, sowie zu viel Zeit und Ressourcen in Anspruch genommen.» Deshalb habe er auf Deutschfreiburger Quellen verzichtet. Aufgrund der katholischen Konfession liessen sich Teile des Buchs trotzdem auf den Sensebezirk übertragen. «Mit dem Seebezirk ist es aus Konfessionsgründen schwieriger.» Eine deutsche Übersetzung des Werks sei nicht geplant.

Deutsche Version: «Die Initiative muss vom Verein kommen»

W ie Nicole Schacher, Präsidentin des deutschen geschichtsforschenden Vereins des Kantons Freiburg gegenüber den FN erklärt, finde sie es schade, dass Deutschfreiburg nicht in das Buch über die Versteigerung von Waisen und Kindern aus armen Verhältnissen integriert worden sei. «An der Universität gibt es immer Studenten mit dem nötigen Feingefühl, die sich an solchen Projekten beteiligen würden.» Wenn der Vorstand früh genug über das Projekt informiert worden wäre, wäre es eventuell möglich gewesen, Personen zu finden, die am Buch mitgearbeitet hätten. Auch wenn es nicht einfach sei, jemanden zu finden, der Zeit und Interesse habe, ein solches Projekt in Angriff zu nehmen. «Aufgrund des heiklen Themas ist aber Fingerspitzengefühl unerlässlich.» Von der Gleichberechtigung her ist es gemäss Erwin Jutzet angebracht, ein ähnliches Projekt des deutschen geschichtsforschenden Vereins zu unterstützen. «Die Initiative muss aber vom Verein kommen», ergänzt er. lp

Meistgelesen

Mehr zum Thema