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Anpassen oder verschwinden

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Das Leben ist ein Kampf», sagt der Freiburger Biologe Jacques Studer. «Die Tiere stehen zueinander in Konkurrenz, müssen sich gegen Fressfeinde, Parasiten und Krankheiten behaupten und auch gegen Umwelteinflüsse wie Witterung, Temperatur und Trockenheit.» Nur jene Arten, die Mechanismen zur Bewältigung dieser Extrembedingungen entwickeln können, würden überleben. «Das ist eine natürliche Selektion, die seit Millionen von Jahren im Gang ist», führt er aus.

Fuchs in der Stadt

Er nennt den Fuchs als Beispiel für eine Tierart, die sich angepasst hat: Als es immer mehr Städte gab, liess sich der Fuchs nicht beirren und fing an, sich in den Siedlungen neuen Lebensraum und Nahrung zu suchen. «Den Füchsen geht es heute sogar besser in der Stadt, weil durch unsere Abfälle genügend Futter vorhanden ist und weil sie nicht bejagt werden», sagt Studer.

Auch die Amsel ist so ein Überlebenskünstler. Sie war im 19. Jahrhundert noch ein Zugvogel, der die Winter südlich der Alpen verbrachte. Heute überwintert sie hier, weil sie an Futterstellen und in den Gärten genügend Futter findet. Die Amsel war einst ausschliesslich ein Waldvogel und ist nun auch Stadtvogel geworden. «Fuchs und Amsel sind Beispiele von Allroundern, von Zehnkämpfern und Generalisten», erklärt der Fachmann.

Auerhuhn: Keine Chance

Doch nicht alle Tiere konnten so viel Flexibilität zeigen, weil sie keine Antwort haben auf plötzlich eintretende Veränderungen, weil sie Spezialisten sind, deren Überleben zu stark von einem oder wenigen Elementen abhängt. «Wenn eines dieser Elemente plötzlich fehlt, können sie sich nicht mehr anpassen und verschwinden.» Das Auerhuhn zum Beispiel ist im Kanton Freiburg fast ausgestorben. Bis in die 1950er-Jahre wurde es stark bejagt, gleichzeitig verschlechterte sich sein Lebensraum, manche Wälder wurden immer dichter, und schliesslich ist es auch empfindlich auf Störungen durch den Menschen, die in den letzten 50 Jahren erheblich zugenommen haben.

Auch dem Steinkauz geht es schlecht, seit es immer weniger insektenreiche Wiesen zum Jagen und Hochstammbäume zum Brüten gibt. Das einzige dem Biologen bekannte Paar im Kanton Freiburg brütet im Grossen Moos.

Fledermäuse sind ebenfalls bedroht, weil seit den 1950er-Jahren Insektizide in Landwirtschaft und Privatgärten eingesetzt werden, die Lichtverschmutzung zugenommen hat und heute die Ritzen und Löcher in Kirchtürmen und Häusern verputzt sind, aus Isolationszwecken und aus ästhetischen Gründen. Ganz verschwunden ist das Braunkehlchen aus dem Schweizer Mittelland. Es wurde ein Opfer geänderter Arbeitsweisen in der Landwirtschaft. Es hat von April bis Ende Juni nur ein kurzes Zeitfenster, um seine Jungen aufzuziehen. «Bis nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Heu erst Ende Juni eingebracht», erklärt Jacques Studer. Heute wachse das Gras dank Kunstdünger schneller und werde auch früher gemäht. Pech für das Braunkehlchen, das sein Nest im Gras gebaut hat.

Zeitfaktor ist wichtig

Am stärksten betroffen sind Arten, bei denen die Veränderung von heute auf morgen eintrifft, etwa Fische, wenn plötzlich ein Fluss gestaut wird. Kommt der Umschwung schleichend, haben andere Arten mehr Zeit, sich anzupassen und Alternativen zum Überleben zu finden. «Solche Veränderungen wie zum Beispiel die Klimaveränderung führen dazu, dass sich neue Arten ansiedeln», so Jacques Studer. Je vielfältiger die Genetik einer Art sei, desto grösser die Chance, eine Antwort auf die Veränderung zu finden.

Der menschliche Faktor

Für eine Vielzahl dieser Einschnitte in die Lebenssituationen von Tieren ist der Mensch verantwortlich: Feuchtgebiete werden trocken gelegt, Bäche kanalisiert, Magerwiesen gedüngt, Hecken auf den Stock geschnitten, Mono- statt Mischkulturen in den Wäldern angelegt, Obstgärten gerodet, Pestizide auf den Feldern und in den Gärten eingesetzt sowie Wiesen und Weiden überbaut.

Manchmal sind es nicht nur menschliche Aktivitäten, sondern auch Auffassungen und Irrglaube, die einer Tierart das Leben schwer machen: «Schlangen, aber auch Fledermäuse wurden zum Beispiel getötet, weil sie gemäss christlichem Glauben das Böse verkörpern», nennt Jacques Studer ein Beispiel.

Tierisch einzigartig

Ähnlich ist es dem Biber ergangen. Der wurde bei uns unter anderem deshalb ausgerottet, weil man ihn für einen Fischdieb hielt (siehe Text links). Der Biber ist das erste Tier einer Sommerserie, in der die FN tierische Überlebenskünstler vorstellen, die mit mehr oder weniger Erfolg versuchen, sich neuen Gegebenheiten anzupassen. Zugleich erfährt der Leser, was diese Tiere einzigartig macht: Wie der Neuntöter zu seinem Namen kam, was den Alpensalamander von anderen Amphibien abhebt, warum dem Schachbrettfalter im Sensebezirk besonders wohl ist und wie die Zebraspinne es geschafft hat, von Süden her zu uns zu finden.

Der Biber passt sich Veränderungen an, und wenn ihm ein Standort wirklich gefällt, kann es sein, dass er einen zerstörten Bau immer wieder aufbaut.

Jacques Studer

Biologe

Biber: Das grösste Nagetier Europas kehrt zurück

W er Glück hat, sieht bei einem abendlichen Spaziergang um den Schwarzsee den Biber, der sich vor einiger Zeit dort angesiedelt hat. Dass seine Art in der Schweiz und in unserer Region wieder heimisch ist, ist alles ande- re als selbstverständlich. Im 19. Jahrhundert wurde der Biber ausgerottet: Wegen seines Fells – er hat über 20 000 Härchen pro Quadratzentimeter, weil sein Fleisch für Katholiken als Fisch galt, da er im Wasser lebt und einen schuppigen Schwanz hat und deshalb gerne an fleischlosen Tage genossen wurde, und weil die Irrmeinung bestand, er fresse die Fische weg. Ein weiterer Grund war das Drüsensekret des Bibers, Bibergeil genannt. Diesem sagte man Heilkräfte nach.

Mehrere Versuche

Nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 1970er-Jahre gab es mehrere Wiederansiedlungsversuche; im Kanton Freiburg etwa durch das Naturhistorische Museum im Perollessee – ohne Erfolg, wie Biologe Jacques Studer erklärt. Es dauerte eine Weile, bis der Biber auf anderem Weg wieder in unsere Region fand. Zwischen 1962 und 1972 wurden am Neuenburgersee mehrere Biber ausgesetzt. Eine Population konnte sich am Fannel etablieren. Von dort aus eroberte der Biber das Seeland. «Erste Bibermeldungen im oberen See- und unteren Sensebezirk gab es Ende der 1990er-Jahre. Ein Fischer hat einen in der Saane bei der Staumauer gesehen», erklärt Jacques Studer. Später wurden Spuren in der Bibera bei Guschelmuth und im Auried entdeckt. Der Biologe nimmt an, dass der Biber von Schwarzsee auf der Suche nach einem Lebensraum der Sense folgte. «In der Sense selber findet er keinen Lebensraum, weil die Strömung zu gross ist, wohl aber in den Nebenarmen. Diese Wanderung sei gut zu beobachten gewesen: Ende 2000 sei ein Biber in der unteren Taverna entdeckt worden, drei Jahre später siedelte er sich im Franislismoos bei Schmitten an.

Vegetarisches Menü

Die Wohlfühlzone eines Bibers besteht aus mindestens ein Meter tiefem, langsam fliessendem oder stehendem Wasser. «Wenn ihm die Wassertiefe zu gering ist, dann staut er», erklärt Jacques Studer. Die Mär, dass er Fischern ihre Beute wegnimmt, hat sich mittlerweile geklärt – der Biber ist nämlich ein Pflanzenfresser. In der vegetativen Zeit hat er kein Problem, Nahrung zu finden: Er nimmt Gräser und Schilf. Im Winterhalbjahr weicht er auf Weiden, Pappeln und andere Weichhölzer aus, deren Rinde auf seinem Speiseplan stehen. «Er trennt dünne Äste ab und legt sich damit einen Wintervorrat an.»

Ohren und Nase zu

Der Bau ist immer an Wasser gebunden, denn der Zugang liegt stets unter Wasser. Der Biber fühlt sich auch in beiden Elementen zu Hause: «Er kann bis zu 20 Minuten unter Wasser bleiben, weil er die Möglichkeit hat, Ohren und Nasenlöcher zu verschliessen und seinen Stoffwechsel herabzusetzen», erklärt der Biologe. Durch die Schwimmhäute und natürlich durch den Schwanz ist er ein ausgezeichneter Schwimmer. Den Schwanz setzt er bei Gefahr auch als Warnsignal ein: Er schlägt damit aufs Wasser, um so seine Artgenossen zu warnen.

Europas grösstes Nagetier kann bis ein Meter lang und bis 30 Kilo schwer werden. Die Biberpaare sind sich treu und ziehen jeweils mehrere Junge auf. Die Zähne des Bibers sind von zwei Schichten überzogen, die untere weich, die obere hart. «Die beiden Schichten nutzen sich unterschiedlich ab, so ist gewährleistet, dass er immer scharfe Zähne hat.»

Nicht überall beliebt

Der Biber steht in der Schweiz unter Schutz; man schätzt, dass es etwa 2500 Tiere gibt. Nicht überall ist er gerne gesehen. So ist es auch vorgekommen, dass er seinen Speiseplan mit Zuckerrüben ergänzt hat. «Er ist mit den Vorderfüssen sehr geschickt», so Jacques Studer, der von einem Biber erzählt, der in Laupen systematisch einen Teil eines Feldes «abgegrast» hat. Konfliktpotenzial gibt es auch, wenn der Biber seine Höhle ausgerechnet unter einem Weg baut und diesen zum Einsturz bringt, und natürlich, wenn der Biber durch seine Stauungen Überschwemmungen verursacht und allenfalls Landwirtschaftsland beeinträchtigt. Gesetzliche Bestimmungen versuchen, den Aktivitätsraum des Bibers so gut als möglich zu schützen und den Gewässern bei der Renaturierung mehr Freiraum zu geben.

Grossartiger Baumeister

Bringt das nichts, kann ein Damm mit der Bewilligung des Amtes für Wald, Wild und Fischerei zerstört werden. «Der Biber passt sich aber an, und wenn ihm ein Standort wirklich gefällt, kann es sein, dass er seinen Bau dort immer wieder aufbaut», sagt Jacques Studer, der mitten in der Stadt Wien Biberspuren entdeckt hat. «Ich bewundere diesen grossartigen Baumeister.» Der Biber könne Steine heranschaffen, auch wenn im Umkreis weit und breit keine Steine vorhanden seien. Er könne auch Äste ineinander verflechten und die Löcher mit Schlamm vermachen, dass diese so stabil würden, dass es gar nicht einfach sei, sie zu zerstören.

Jacques Studer hat den Biber für die Sommerserie gewählt, weil dieser ein gutes Beispiel ist, wie sich ein Tier trotz vollständiger Ausrottung wieder angesiedelt hat. «Es dauerte mehr als 50 Jahre, aber das ist für eine Art dieser Grösse wohl angebracht. Dank der Unterschutzstellung des Bibers und der Renaturierung von Gewässern hat der Biber die Chance, sich weiter zu vermehren.» im

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