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Das Auto – Faszination und Fetisch

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Das Auto – Faszination und Fetisch

Autor: Carole Schneuwly

Es ist eines der fesselndsten Werke Jean Tinguelys, nicht eine seiner Maschinenplastiken, keine Zeichnung und keine Collage, sondern eine Installation, die erst noch eher zufällig entstanden ist: «Lotus und die fünf Witwen», eine gemeinsame Arbeit mit seiner ersten Ehefrau Eva Aeppli. Die Installation, die vor einigen Jahren als Leihgabe des Museums Tinguely Basel im Espace Jean Tinguely – Niki de Saint Phalle in Freiburg zu sehen war, besteht aus einem grün-gelben Rennauto, einem Lotus 25/33 R6, und fünf düsteren, schwarzgewandeten Frauenfiguren von Eva Aeppli.

Der Lotus hatte dem britischen Rennfahrer Jimmy Clark gehört, einem Freund Tinguelys, der 1968 bei einem Rennen tödlich verunglückt war. Tinguely kaufte das Auto – und stellte es in sein Schlafzimmer. Mit den fünf «Witwen» seiner Ehefrau arrangierte er es zu einem Memento mori, das seine zwiespältigen Gefühle gegenüber dem Automobil und dem Autorennsport darstellte: Autos waren für ihn die «schönsten Kunstwerke» überhaupt, sie inspirierten ihn in seiner Arbeit, und er war ein leidenschaftlicher Formel-1-Fan. Doch bei aller Euphorie war er, selber berüchtigt für seine Autounfälle, sich auch immer der Gefahren seiner Leidenschaft bewusst. Jimmy Clark war nicht der einzige Freund, der in jenen Jahren bei einem Autorennen ums Leben kam: 1971 starb der Freiburger Jo Siffert, 1972 der Schwede Jo Bonnier.

Inspiration und Fetisch

«Lotus und die fünf Witwen» ist jetzt in der aktuellen Sonderausstellung des Museums Tinguely in Basel zu sehen. Die Assemblage steht zwar nicht im Zentrum der Schau, doch sie verkörpert viel von dem, was Direktor und Kurator Roland Wetzel mit der vielschichtigen Ausstellung «Fetisch Auto – Ich fahre, also bin ich» zum Ausdruck bringt. Da ist Tinguely selbst mit seiner Faszination für das Automobil. Da ist das Auto als Inspiration für Kunstschaffende von den Futuristen des frühen 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Und da ist die kritische Auseinandersetzung mit dem Auto als Verkörperung der Konsumgesellschaft und Objekt eines modernen Fetischismus. Die Vielfalt des Themas spiegelt sich in der Gestaltung der Ausstellung: Sie ist aufgebaut wie ein Rad, in dessen zehn Kreissegmenten je ein historischer oder thematischer Bereich präsentiert wird. Den Mittelpunkt, die Achse des Rades, bildet Damián Ortegas Arbeit «Cosmic Thing», ein in seine Einzelteile zerlegter VW-Käfer, der von der Decke hängt, geschaffen für die Biennale in Venedig 2003.

Mensch und Maschine

Die Ausstellung umfasst rund 160 Werke von 80 nationalen und internationalen Künstlern. Sie versteht sich als ästhetische und kritische Untersuchung der Beziehung zwischen Mensch und Maschine, zwischen Kunstschaffenden und dem Auto als «Kultobjekt und Imaginationsmaschine». Vor 125 Jahren, im Jahr 1886, entwarf Carl Benz seinen Benz-Patentmotorenwagen, das erste Automobil der Welt. Gut zwei Jahrzehnte später wurde das Auto zum wichtigen Sinnbild der Futuristen: Filippo Tommaso Marinetti, der Begründer der Bewegung, pries 1909 in seinem «Futuristischen Manifest» den Geschwindigkeitsrausch und den Rennwagen als «schöner als die Nike von Samothrake». Die Basler Ausstellung widmet den futuristischen Malern Giacomo Balla und Luigi Russolo und ihren abstrakten Darstellungen von automobiler Fortbewegung und Geschwindigkeit einen eigenen Raum.

Zwei Räume zeigen das Auftauchen des Autos in der Kunst der Sechziger- und Siebzigerjahre. Eine besondere Rolle spielt dabei die amerikanische Pop-Art, denn aus dem «American way of life» war das Auto nicht wegzudenken. Zu sehen sind unter anderem Werke von Andy Warhol, Ed Ruscha und Robert Rauschenberg. In Europa waren es die Nouveaux Réalistes, Arman, Gérard Deschamps oder eben Jean Tinguely, welche die Auseinandersetzung mit der Maschine und dem Automobil zur Kunst erhoben. Auch andere zeitgenössische Künstler wie Konrad Klapheck, Gerhard Richter oder Franz Gertsch machten das Auto zum Protagonisten ihrer Arbeiten.

Das Auto und das Leben

Parallel zur chronologischen Darstellung greift die Ausstellung das Titelthema vom «Fetisch Auto» explizit in thematisch gestalteten Räumen auf. Da geht es um das Auto in Zusammenhang mit Warenfetischismus (zum Beispiel bei Edward Burtynsky, Hans Hansen und Patrick Weidmann), religiösem Fetischismus (bei Chris Burden, Annika Larsson oder Superflex) und sexuellem Fetischismus (bei Liz Cohen, Sylvie Fleury oder Pipilotti Rist).

Es sei eine «Fülle berauschender Werke», die aus Material, Form und Ideen der Emotionsmaschine Auto schöpften, schreibt Kurator Roland Wetzel in der Einleitung zum Ausstellungskatalog. «Befasst man sich mit dem Auto, dann befasst man sich mit dem Leben, und so wie das Auto all unsere Lebensbereiche tangiert, so spiegelt sich dies kritisch in der Kunst.»

Museum Tinguely,Paul-Sacher-Anlage 1, Basel. Bis zum 9. Oktober. Di. bis So. 11 bis 18 Uhr.

Jean Tinguely und Eva Aeppli, «Lotus und die fünf Witwen» (um 1972): Die Installation stand jahrelang in Tinguelys Schlafzimmer in seinem Haus in Neyruz und diente der Erinnerung an seine tödlich verunfallten Rennfahrerfreunde.Bild Christian Baur/Museum Tinguely Basel

Damián Ortega, «Cosmic Thing» (2002): Für die Biennale in Venedig hat der mexikanische Künstler einen VW Käfer, Baujahr 1983, zerlegt.Bild Dirk Wetzel/Museum Tinguely Basel

Franz Gertsch, «Françoise» (1967): Inspiration Pop-Art.Bild Kunsthaus Zürich

Andy Warhol, «Optical Car Crash» (1962): Das Kollidieren der Drucke visualisiert den Zusammenprall der Autos.Bild Martin P. Bühler/Kunstmuseum Basel

Chris Burden, «Trans-fixed» (1974): Der US-Performance-Künstler zeigte das Auto als Fetisch-Objekt.Bild Charles Hill

Rahmenprogramm

Ein Autokino vor dem Museum

Im Rahmenprogramm zur Ausstellung hat das Museum Tinguely passend zum Thema ein Autokino eingerichtet. Dieses kann man zwar nicht mit dem eigenen Auto besuchen, es bietet jedoch Sitzplätze in 29 fest installierten Autos im Park vor dem Museum. Gezeigt werden bis zum 9. September Spielfilme rund ums Thema Auto wie «Manta Manta», «Gran Torino» oder «Jo Siffert – Live fast, die young». cs

Jeweils abends bei Sonnenuntergang. Programm: www.tinguely.ch.

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