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Der neue Kulturchef der Stadt Freiburg fordert ein Ende des Denkens in Silos

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Juan Diaz ist seit Anfang Jahr der neue Chef des Amts für Kultur der Stadt Freiburg. Die FN haben mit ihm über die aktuellen Baustellen im Kulturamt sowie über Visionen für die Zukunft gesprochen. 

Juan Diaz, welche Dossiers beschäftigen Sie aktuell?

Wir sind daran, die neue zweisprachige Biblio- und Ludothek Memo weiterzuentwickeln. Es geht um die Frage, wie Memo bis 2030 eine moderne Bibliothek werden kann. Eine Bibliothek, die über den Bücherverleih hinausgeht und als Begegnungsort sowie als Ort des kulturellen Austauschs funktioniert. Memo soll zudem nicht nur eine Publikumsbibliothek sein, sondern auch eine für die Schulen werden. Dazu muss sie einige logistische Erfordernisse erfüllen. Denkbar ist auch, an gewissen Primar- oder Orientierungsschulen der Stadt Zweigstellen von Memo einzurichten. Vorstellbar ist schliesslich eine Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden in der Region.

Eine weitere Baustelle ist das Projekt L’Atelier im ehemaligen Gutenbergmuseum, wie kommen Sie da voran?

Nachdem die beiden Sektoren des Kulturamts – Kulturförderung und Kulturprojekte – in das Atelier eingezogen sind, sind wir nun daran, verschiedene Nutzungsarten auszuprobieren, um das Atelier als Ort der Begegnung, des Austauschs, für Ausstellungen und Künstlerresidenzen zu etablieren. 

Um dann das Haus baulich anzupassen. Welche Herausforderungen stellt das Atelier sonst noch?

Wir möchten uns an der laufenden Aufwertung des Burgquartiers beteiligen und das Atelier darin einbetten.

Dies zusammen mit dem Museum für Kunst und Geschichte und dem Espace Jean Tinguely – Niki de Saint Phalle, den Kulturstätten, Restaurants und Bistros sowie den Geschäftsleuten des Viertels. 

Im vergangenen Mai wurde das Atelier zusammen mit der Bevölkerung eingeweiht.
Archivbild: Alain Wicht

Der Kanton ist daran, das Kulturgesetz zu revidieren. Wie bringt sich dabei die Stadt Freiburg ein?

Die Stadt hat im vergangenen Jahr an den Workshops teilgenommen, die der Kanton im Hinblick auf die Revision organisiert hat. Es ging um die Finanzierung, den Zugang zur Kultur, die Koordination der Subventionsträger und so weiter. Die öffentliche Vernehmlassung für den Gesetzesentwurf soll voraussichtlich zwischen Juni und September starten.

Und welche Position wird die Stadt vertreten?

Es gibt verschiedene Szenarien. Ein wichtiger Punkt wird die Frage sein, wie die Kultur nach der Auflösung  der jetzigen Agglo Freiburg auf regionaler Ebene organisiert wird. Die einzige Sicherheit, die wir haben, ist, dass der Gemeindeverband Coriolis weiter existieren wird.

Welche Werte oder Prinzipien möchte die Stadt als Förderin und als Ort des kulturellen Geschehens in dieser Revision verteidigen?

Eine der Überlegungen, die aus den Workshops hervorgegangen ist, betrifft das Konzept der Subsidiarität und seine Entwicklung hin zu einer Komplementarität zwischen den verschiedenen Organen der Kultursubventionierung.

Das ist eine Lehre aus der Prekarisierung der Kulturszene während der Coronapandemie.

Bis anhin haben die Förderorgane bloss einen Teil der Kultur subventioniert, beispielsweise eine Veranstaltung. Dabei wurde aber weder der Arbeit vorher noch der Arbeit nachher Rechnung getragen. Das Gleiche gilt für eine kulturelle Produktion. Eine solche beinhaltet nicht nur die Proben und die Aufführung selbst. Sie erfordert Recherche, Umsetzung und Verbreitung. Die aus den Workshops hervorgehenden Überlegungen zielen darauf ab, eine umfassende Sicht auf den Prozess der kulturellen Produktion und deren Finanzierung zu entwickeln.

Was heisst das konkret?

Der Prozess beginnt bei den Amateuren, beim Laientheater, den Chören, den Blasorchestern. Der nächste Schritt ist die Professionalisierung durch Ausbildung. Und dann beginnt die Suche nach einem Job, und schliesslich muss man Produktionen auf die Beine stellen und diese dem Publikum präsentieren.

Und hier stellt sich die Frage, welche Instanz zu welchem Zeitpunkt interveniert, um Unterstützung zu gewährleisten.  

Wie sieht denn bisher die Lastenverteilung zwischen den einzelnen Körperschaften – Stadt, Kanton, Agglo – aus?

Aktuell unterstützt die Stadt vor allem Amateure und einige strategische Projekte, wie das Internationale Filmfestival Fiff oder die Blue Factory. Die Agglomeration unterstützt professionelle kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen, wie das Fri-Son und das Festival Les Georges. Der Kanton unterstützt vor allem professionelle Kulturschaffende. 

Können Sie ein Beispiel geben, welche Folgen in diesem System das Subsidiaritätsprinzip hat?

Bei der Schaffung eines Theaterstücks beispielsweise machen die Subventionsorgane, welche die Kreation unterstützen – in diesem Fall also der Kanton und die Loterie Romande – ihre Finanzierung von der Entscheidung der lokalen Körperschaft – der Gemeinde oder der Agglomeration – abhängig. Dies, obwohl der finanzielle Beitrag einer lokalen Körperschaft im Vergleich zu den anderen Subventionsorganen sehr gering ist. Dadurch entsteht ein Ungleichgewicht zwischen der Bedeutung der finanziellen Beiträge und der Bedeutung der Entscheidungen.

Unter dem Strich wird die öffentliche Hand fortan aber mehr Geld zur Verfügung stellen müssen, will sie dem ganzen Produktionsprozess Rechnung tragen.

Die aktuell zur Verfügung stehenden Mittel sind interessant. Aber mehr ist immer besser. Für gewisse Kunstsparten gibt es in jedem Fall noch Luft nach oben. Im Bereich der aktuellen Musik ist die Situation zum Beispiel sehr prekär. Es laufen Diskussionen, um dieses Milieu besser zu strukturieren. Das betrifft nicht nur die Künstler selber, sondern auch die Konzertsäle, aber auch Labels und Booking-Agenturen. Es wäre wichtig, sie besser zu subventionieren. Die Prekarität, die im Zuge der Covid-Pandemie zutage getreten ist, zeigt, dass Kunstschaffende fair entlöhnt werden müssen. 

Befürchtet die Kulturszene zurecht, dass das neue Gesetz keine neuen Mittel hervorbringen wird?

Das neue Gesetz wird keine neuen Mittel vorschreiben, es wird bloss die neuen Spielregeln festlegen: Wer interveniert, wie, wann und wo? Das Gesetz kann auch Partnerschaften zwischen verschiedenen Subventionsorganen ermöglichen.

Der Kampf um die Mittel findet aber auf einer anderen Ebene statt. Das kulturelle Milieu muss sich organisieren, Dachorganisationen bilden und über diese ihre Interessen verteidigen. 

Letzte Woche wurde bekannt, dass Sarah Eltschinger die neue Kulturmanagerin der Bluefactory AG wird. Was soll sich mit ihr im Innovationsquartier in Sachen Kultur ändern?

Sie wird die Kulturstrategie 2024–2028 entwickeln. Die Gesellschaft hat zudem ein permanentes Kulturkomitee gegründet, um die kulturelle Entwicklung auf dem Gelände zu begleiten. Darin vertreten ist der Direktor der AG, Philippe Jemmely, der Chef das kantonalen Kulturamts, Philippe Trinchan, und ich als Chef des städtischen Kulturamts. Präsidentin des Komitees ist Mirjam Ballmer, Gemeinderätin und Verwaltungsrätin der Bluefactory AG. Wir wollen uns viermal im Jahr treffen, um die Kulturmanagerin zu unterstützen und die Kulturpolitik auf dem Areal zu konsolidieren.

Das Festival der verlorenen Festivals während der Coronapandemie war einer der unzähligen kulturellen Anlässe, welche Kultur in die Blue Factory bringen.
Archivbild: Corinne Aeberhard

Es besteht die Sorge, dass die Kultur gegenüber der technischen Innovation auf dem Gelände ins Hintertreffen gerät. Ist das der Grund für das permanente Begleitkomitee?

Es geht darum, beides miteinander zu verbinden. Mit dem Weggang von Martin Schick wurde uns bewusst, dass die Kulturpolitik im Blue-Factory-Quartier besser verankert werden muss. Martin Schick verfolgte eine experimentelle Vorgehensweise, was auch gut war, um zu testen, was in dem Quartier möglich ist.

Nun geht es darum, sich entsprechend der finanziellen und personellen Ressourcen und der Entwicklung des Blue-Factory-Areals neu zu fokussieren, um eine nachhaltige Kulturpolitik zu verwirklichen. 

In den vergangenen Jahren hatte man insgesamt den Eindruck, dass es nach der Kulturstrategie 2030 an kulturpolitischem Einfallsreichtum fehlt. Täuscht der Eindruck?

Kultur 2030 ist für die Stadt immer noch ein interessanter Plan. Einige Elemente daraus wurden realisiert, wie die Kulturregie oder der Kulturkompass, den wir im Frühling der Öffentlichkeit vorstellen werden. Der Kulturkompass ist ein digitales Tool, das es Kulturschaffenden und -einrichtungen erlaubt, die Nachhaltigkeit ihrer Aktivitäten zu evaluieren. Es ist aber auch zu sagen, dass die Rollen zwischen der Stadt, der Agglo und dem Kanton schon sehr lange zementiert sind.

Die Trennung zwischen Amateur- und professioneller Kunst, die Schaffung von Subventionssilos haben dazu geführt, dass die Strahlkraft der städtischen Kulturpolitik begrenzt war.

Was steht 2024 sonst noch auf Ihrer To-do-Liste?

Das Kulturamt möchte die Forschung und die künstlerische Entwicklung weiter fördern und unterstützen. In Zusammenarbeit mit kulturellen Einrichtungen haben wir bereits im letzten Jahr damit begonnen, ein System von Forschungsresidenzen anzubieten. 2024 besteht das Dispositiv aus dem Atelier, dem Jazzlokal Spirale, der Kunsthalle Friart, dem Theater Équilibre und der Tour Vagabonde. Das Projekt tangiert die Frage der Entlöhnung, des Status von Kunstschaffenden. Die Künstler erhalten einen Arbeitsraum und eine Vergütung, die eine soziale Absicherung vorsieht. Diese Massnahme hat auch einen pädagogischen Auftrag, da sie die Teilnehmenden in «normale» Arbeitsverhältnisse mit Arbeitsverträgen, Lohnabrechnungen und Sozialversicherung einbindet. 

Zur Person

Juan Diaz ist 53-jährig und stammt aus dem Kanton Neuenburg. Seit 20 Jahren lebt er in der Stadt Freiburg. Diaz verfügt über ein Lizenziat in Wirtschaftspolitik. Im Oktober 2020 wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter beim städtischen Amt für Kultur. Im Januar 2022 übernahm er die Leitung des Sektors Kulturförderung. Nach dem Weggang von Natacha Roos führte Diaz das Amt für Kultur ab Juni 2023 stellvertretend. Im Januar 2024 wurde er offiziell Amtschef.

Das Kulturamt ist in drei Sektoren aufgeteilt: Der Sektor Memo ist aus dem Zusammenschluss der Stadtbibliothek, der Deutschen Bibliothek und der Ludothek hervorgegangen; der Sektor Projekte kümmert sich unter anderem ums Atelier; der Sektor Kulturförderung ist für die Subventionen und Unterstützungsangebote verantwortlich. Diaz fungiert in seiner Funktion als Amtschef als Drehscheibe zwischen dem Gemeinderat und den Kulturschaffenden, den Kultureinrichtungen und Kulturvereinen. «Wir verfolgen das ganze Ökosystem der Kultur. Und wir lassen die Informationen von oben nach unten und von unten nach oben zirkulieren. Dem Gemeinderat liefern wir die kulturelle Expertise für seine Kulturstrategie.» (rsa)

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