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«Die Förderklassen haben mich überzeugt»

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Von Schülertransporten über Klassengrössen hin zu Sonderurlauben und Strafen–das Ausführungsreglement zum neuen Schulgesetz legt in 160 Artikeln die Rahmenbedingungen für den Betrieb der Freiburger obligatorischen Schulen fest. Gestern hat die Erziehungsdirektion das Reglement, das am 1. August in Kraft tritt, den Medien vorgestellt. «Das Reglement enthält alle Elemente, die in der Praxis gelebt werden. Es sorgt für Kohärenz über die beiden Sprachgruppen und die verschiedenen Schulstufen hinaus», sagte Erziehungsdirektor Jean-Pierre Siggen (CVP).

Sorgte das Reglement in der Vernehmlassung für harsche Kritik, so stösst es nun bei Lehrern und Lehrerinnen aus beiden Sprachgruppen sowie bei Politikern auf breite Zustimmung (siehe Kasten unten rechts). Insbesondere die Deutschfreiburger Schulverantwortlichen können aufatmen, denn die Eckpfeiler ihrer Schulkultur, um die sie bangten, bleiben erhalten.

Grösste Sorge der Direktoren von Deutschfreiburger Orientierungsschulen war, dass die Förderklassen–bekannt als Werkklassen–verschwinden könnten (die FN berichteten). Diese bleiben bestehen. «Ich habe Förderklassen besucht und konnte mich von deren Nutzen überzeugen», begründete Siggen. Es sei Ziel der Vernehmlassung, die verschiedenen Argumente anzuhören und anschliessend zu entscheiden. «Wäre ich nicht bereit, meine Meinung zu ändern, bräuchte es keine Vernehmlassung.»

Jean-Pierre Siggen und Andreas Maag, Vorsteher des Amtes für den deutschsprachigen obligatorischen Unterricht, verneinten, dass die Interventionen der deutschsprachigen Schulverantwortlichen–insbesondere ihr Gang an die Medien–für ein Umdenken gesorgt hatten. «Ihre Ungeduld hat das Verfahren eher gebremst», sagte Maag. Es sei vor der Vernehmlassung klar gewesen, dass Themen wie die Förderklassen noch diskutiert werden müssten.

Er verstehe, dass sich die OS-Direktoren um ihre Schule gesorgt hätten, so Siggen. «Ihr Engagement ist ehrenhaft.» Doch hätten sie von ihm eine Garantie erwartet, die er vor dem Entscheid des gesamten Staatsrates nicht habe geben können. «Natürlich habe auch ich Fehler gemacht», räumte Siggen ein. «Aber ich muss an die Interessen des ganzen Kantons denken.»

Prüfung weniger wichtig

Wie es der Wille der Deutschfreiburger Schulverantwortlichen war, bleibt auch der Zeitpunkt der Übertrittsprüfung gleich: Sie findet wie bis anhin im März statt und wird nicht auf Ende Schuljahr verschoben. Die Prüfung verliert an Bedeutung. Künftig werden nur noch Schüler sie absolvieren, bei denen die anderen drei Kriterien nicht übereinstimmen: Die Einschätzung des Klassenlehrers, die Noten des ersten Semesters der sechsten Primarklasse sowie die Einschätzung der Eltern und der Schüler selbst.

Im deutschsprachigen Kantonsteil werden bis zur Einführung des Lehrplans 21 (geplant für das Schuljahr 2019/2020) noch alle die Übertrittsprüfung schreiben, sie zählt aber nur bei denjenigen, bei denen die Einstufung in den OS-Klassentypus unklar ist.

Mit dem neuen System wolle man den Druck von den Schülern nehmen, sagte Andreas Maag. In den letzten Jahren stimmte die Einschätzung der Lehrpersonen und der Eltern seltener überein als früher. «Die Kinder wollten den Ansprüchen der Eltern genügen und mussten sich an der Prüfung beweisen.» Dies sei insbesondere im französischsprachigen Kantonsteil der Fall gewesen, wie Maags Amtskollege Hugo Stern sagte. Denn bis anhin konnten in Welschfreiburg nur Schüler der Progymnasialklasse ins Gymnasium übertreten. Dies ändert sich mit dem neuen Reglement–was ebenfalls eine Anpassung ans deutschsprachige System darstellt.

Ein weiteres Anliegen der Deutschfreiburger wurde erhört: Die Durchlässigkeit zwischen den Klassentypen an der Orientierungsschule bleibt hoch: Im ersten Jahr können Schüler jederzeit wechseln, in den beiden weiteren Jahren am Ende des Semesters.

 «Knifflige Aufgabe»

Es sei «knifflig» gewesen, eine Einigung zwischen den Sprachgruppen zu finden, sagte Andreas Maag. «Die Diskussionen waren konstruktiv-kritisch.» Dass vor allem Deutschfreiburger Elemente übernommen wurden, bestätigt er nicht: «Wir versuchten, ein kohärentes System zu schaffen. Unser Hauptanliegen waren immer die Schülerinnen und Schüler.» Auch Jean-Pierre Siggen betonte, dass es darum gegangen sei, zwei Schulrealitäten zu vereinen. «Ich habe dabei festgestellt, dass das Deutschfreiburger System von exzellenter Qualität ist.»

Kommentar

Imelda Ruffieux

Engagement hat sich gelohnt

 Jetzt ist die Katze aus dem Sack und es ist endlich klar, mit welchen Rahmenbedingungen die Schülerinnen und Schüler im Kanton Freiburg in den nächsten Jahrzehnten unterrichtet werden. Dass im neuen Reglement zum Schulgesetz zu einem grossen Teil die bewährten Errungenschaften von Deutschfreiburger Schulen Eingang fanden, ist sicher kein Zufall. Auch wenn Staatsrat Jean-Pierre Siggen und die Dienstverantwortlichen es an der gestrigen Medienorientierung anders sahen: Ohne den vehementen Einsatz von Deutschfreiburger Schulverantwortlichen und Politikern im letzten halben Jahr sähe das Reglement heute wohl anders aus. Die öffentliche Kritik führte dazu, dass der Kanton die Anmerkungen und Argumente während und nach der Vernehmlassung ernster genommen hat.

Angesichts des Resultats ist es heute müssig, das Prozedere infrage zu stellen; zum Beispiel, ob der Entrüstungssturm aus Deutschfreiburg mit einer besseren Kommunikation zu vermeiden gewesen wäre und ob es geschickt war, den Lehrpersonen einen Maulkorb gegenüber den Medien zu verpassen. Viel wichtiger ist es, dass der Kanton Freiburg nun ein Schulgesetz hat, in dem sich beide Sprachgruppen zwar angenähert haben, das aber kulturelle Eigenheiten beider Kantonsteile weiterhin zulässt.

Reglement: Dichter Text mit 160 Artikeln

D as Ausführungsreglement konkretisiert das neue Freiburger Schulgesetz, das letzten August in Kraft getreten ist. Das Reglement wird auf das neue Schuljahr hin eingeführt, für gewisse Bestimmungen gilt jedoch eine Übergangsfrist bis 2018. Folgende Punkte sind neben jenen im Haupttext (oben) besonders erwähnenswert:

• Neu stehen sämtlichen Primarschulen Schulleiterinnen und -leiter vor. Die Erziehungsdirektion stellt diese an, sie sind zuständig für Organisation, Betrieb und Verwaltung der Schule, genauso wie für die Personalführung und die Qualität des Unterrichts. Damit einher geht, dass die Schulkommissionen verschwinden und die Schulinspektoren die direkten Vorgesetzten der Schulleiter werden.

• Gemeinden und Schulleitungen bilden zusammen einen Elternrat . So können sich die Eltern zum Schulleben, zum Wohlbefinden der Schüler und zu den Lernbedingungen äussern. Der Rat hat aber keine Befugnis, Entscheide zu treffen.

• Die Klassengrössen sind folgendermassen festgelegt: Die Kindergärten dürfen 12 bis 23 Kinder zählen, und von der ersten bis zur sechsten Primarklasse sind 14 bis 26 Kinder erlaubt. In der Orientierungsschule sind die Grössen nach Klassentyp geregelt: Für das Progymnasium sind 15 bis 29 Schüler erlaubt, für die Sekundarklasse 14 bis 27, für die Realklasse 11 bis 21 (ursprünglich waren 23 vorgesehen gewesen), für Förderklassen 6 bis 11. Integrierte Schüler zählen dabei dreifach. Für den Halbklassenunterricht wurde der Schwellenwert für eine Klassenteilung bei 16 festgelegt.

• Neu wird es eine Kommission für Schülerbestände geben, welche die Situation in den Schulkreisen prüft, wenn Klassen eröffnet oder geschlossen werden sollen. Die Kommission berät die Erziehungsdirektion, sie besteht aus Vertretern von Berufsverbänden, der beiden Sprachgruppen, der Gemeinden sowie den Vorstehern der Ämter für obligatorischen Unterricht.

• Schülertransporte sind klar geregelt: Die Gemeinden sind dafür zuständig. Anrecht auf einen Schülertransport haben Primarschüler, wenn ihr Schulweg länger als 2,5 Kilometer ist; Orientierungsschüler, wenn ihr Schulweg länger als 4 Kilometer ist. Auch die Gefährlichkeit des Weges spielt eine Rolle; Schüler mit eingeschränkter Mobilität haben zudem eher Anrecht. Keine Rolle spielen hingegen – anders als im Vorentwurf geplant – Leistungskilometer.

• Das Reglement erwähnt verschiedene Instrumentarien, um die Partnersprache zu fördern, so etwa mittels Sprachaustausch oder zweisprachigen Klassen.

• Festgelegt ist auch, wann ein Schüler oder eine Schülerin Sonderurlaub erhalten kann. Urlaube vor oder nach Ferien und Feiertagen sind beispielsweise verboten. mir

Reaktionen: «Es gibt nur Gewinner»

W ir sind erleichtert», sagt Jacqueline Häfliger, Präsidentin des Verbands der Lehrerinnen und Lehrer Deutschfreiburgs. Sie sei froh, dass im Schulreglement 90 Prozent der Anregungen des Verbandes Eingang gefunden hätten. «Es ist eine sinnvolle Lösung und eine gute Basis, um weiterzufahren.» Sie betont, dass auch der Dachverband der Freiburger Lehrerschaft voll dahinter stehe. «Die Basis der welschen Lehrerschaft wollte diese Veränderung und trägt sie mit. Es gibt nur Gewinner.» In einem Punkt ist Jacqueline Häfliger nicht zufrieden: Bei Hauswirtschaft und gestalterischen Fächern werden Klassen neu erst ab 16 Schülern geteilt. Bisher lag dieser Schwellenwert je nach Stufe tiefer. Das gehe gar nicht, sagt sie. Die Infrastruktur reiche nicht aus für grössere Klassen. Zudem dürften diese Fächer nicht geschwächt werden, weil es genauso wichtig sei, die manuellen und kreativen Fähigkeiten der Kinder zu fördern. Das gehe nur in kleineren Klassen.

Einsatz hat sich gelohnt

Erleichterung auch bei den Grossräten Bernadette Mäder-Brülhart (Mitte links – CSP, Schmitten) und Daniel Bürdel (CVP, Plaffeien): Die beiden hatten mit 15 weiteren Parlamentariern im November 2015 dem Staatsrat in einer Anfrage ihre Sorgen um die Qualität der Deutschfreiburger Schulen ausgedrückt. «Ich bin froh, dass es so gekommen ist, der Einsatz hat sich gelohnt», sagt Bernadette Mäder-Brülhart. «Die meisten Punkte unserer Anfrage wurden berücksichtigt», ergänzt Daniel Bürdel. Er freut sich über die sinnvolle Lösung beim Übertritt ins Gymnasium und die verstärkte Förderung vom Lernen in der der Partnersprache. «Das ist wichtig für die Förderung der Mehrsprachigkeit in unserem Kanton.»

Als Gewerbevertreter kritisiert auch er die neue Regelung für Klassenteilungen. «Einmal mehr werden handwerkliche gegenüber sprachlichen Kompetenzen benachteiligt.» Das erschwere Schülern den Einstieg in eine Lehre.

Sie sei positiv überrascht, dass das definitive Reglement zum neuen Schulgesetz wesentlich besser herausgekommen sei, als dies der erste Entwurf habe befürchten lassen, sagt Bernadette Mäder-Brülhart. «Es ist ein Gewinn für beide Sprachgruppen und ein Schritt in Richtung Harmonisierung.» Ein paar Punkte hätte sie gerne anders gesehen, etwa, dass Gemeinden bei Neuanstellungen von Schulleitungen und OS-Direktoren nur noch informiert, jedoch nicht angehört werden. Unklar in der Auslegung ist für sie der Passus über die Stellvertretung der Schulleitungen, die gemäss Reglement auf Antrag geprüft wird. «Wie soll das umgesetzt werden, wenn jetzt alle Schulleitungen auf einmal einen solchen Antrag stellen. Sind die finanziellen Ressourcen vorhanden?» im

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