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Die heilsame Lüge der Politik

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«Sprache ist Macht. Sie prägt unsere Wahrnehmung und unser Denken», sagte Volker Reinhardt, Professor für Geschichte der Neuzeit an der Universität Freiburg am Mittwochabend in der Aula Magna. Im Rahmen der Master Days hatte die Universität Freiburg zu einer Podiumsdiskussion zum Thema «Wort der Macht–Macht der Worte» geladen. Diskussionspartner von Reinhard war der Freiburger Ständerat Christian Levrat (SP); Nicole Jegerlehner, stellvertretende Chefredaktorin der Freiburger Nachrichten, leitete die Debatte.

In der Vergangenheit hätten die Mächtigen die Sprache benutzt, um sich von ihren Untergebenen abzugrenzen, sagte Reinhardt. In der heutigen Schweiz seien die Politiker nicht mehr die Inhaber der Macht, sondern deren Treuhänder. Daher sei zu erwarten, dass ihre Sprache deckungsgleich sei mit der Macht und deren Ansinnen direkt transportiere. «Ich behaupte aber, dass das Gegenteil der Fall ist», machte der Machiavelli-Experte seinen Standpunkt klar.

So sei die Sprache der Politik auch heute eine Sprache der Verschleierung: «Die Politik muss lügen können.» Dies nicht um der Freude am Lügen willen, sondern um eigene Schwächen und Niederlagen zu überdecken und das Volk zum Guten zu bewegen. «Die richtige Gesinnung verleiht die Lizenz zu einer Art heilsamen Lüge», so Reinhardt.

«Die Macht ist stumm»

Einen anderen Standpunkt vertrat Christian Levrat: «Die Macht in der Schweiz existiert nicht», sagte er. Dies, weil sie auf so viele Menschen und Organismen aufgeteilt sei, dass niemand allein eine wichtige Entscheidung treffen könne. Dies führe zu der zweiten Feststellung: «Die Macht ist stumm.» In der Schweiz gebe es keine grossen Redner, wie sie in anderen Ländern zu finden seien. «Je höher ein Politiker aufsteigt, desto mehr ist er darauf bedacht, keine grossen Wellen zu werfen und den Gegner nicht zu sehr zu verletzen.» Eine Ausnahme sei Christoph Blocher (SVP), der aber «dafür bezahlt» habe.

Die Worte hätten in der Schweizer Politik also kaum Gewicht–mit einer Ausnahme. «Bei Volksinitiativen sind Schlagworte sehr wichtig. Wer möchte schon gegen eine Abzockerinitiative stimmen?» Ähnlich sei es bei der Masseneinwanderungsinitiative gewesen. «Solche Worte beeinflussen die Leute.»

«Dann würde jeder lügen»

Nicht einverstanden zeigte sich Levrat hingegen mit Reinhardts These vom heilsamen Lügen. Natürlich legten Politiker nicht immer alle ihre Motivationen offen, forcierten gewisse Punkte und verschwiegen ab und zu Details. «Für mich ist das nicht lügen. Wenn Sie dies als solches bezeichnen, dann würde jeder lügen: Wissenschaftler, Unternehmer und auch alle Privatpersonen.»

Er als Wissenschaftler sei in dieser Hinsicht nicht besser, räumte Volker Reinhardt ein: «Sie könnten den Spiess umdrehen, dann müsste ich erbleichen.» Trotzdem finde er, dass die gängige Politik nicht mit den üblichen Moralvorstellungen vereinbar sei. «Politik erzeugt andere Normen. Daher sollte sie eine andere Moral haben.» Einer ihrer Schwerpunkte wäre laut Reinhardt beispielsweise die Unbestechlichkeit. Lügen wäre hingegen erlaubt, um «die Millionen von Einzelegoismen so zu bündeln, dass der grösstmögliche Nutzen für die grösstmögliche Zahl entsteht».

Dies sei nicht nötig und die Politik sehr wohl mit der Moral vereinbar, fand Levrat. «Wenn wir reden, sprechen wir von unserer Überzeugung. Wir betrügen die Leute nicht.»

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