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«Du sollst nicht spielen»

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Im Lombardenregister finden sich nicht nur erste Lehrverträge (siehe FN vom 21. Juli), sondern auch die ersten Verpflichtungen, nicht zu spielen. Dies ist insofern nicht verwunderlich, als solche Dokumente eben in den Notariatsregistern überliefert sind, deren ältestes das Lombardenregister ist. In den Notariatsregistern gingen denn auch die privaten Verpflichtungen, nicht zu spielen, den allgemeinen Spielverboten voraus, die kurz nach 1400 einsetzen.

Wachsende Verderbtheit

Die Forschung hat sich schon lange für diese Spielverbote interessiert, so etwa Paul Aebischer 1929 und Jeanne Niquille ein Jahr später. Paul Aebischer führt die zunehmende Spielsucht, die ermit zunehmender Verderbtheitgleichsetzt, auf den wirtschaftlichen Aufschwung zurück; eine moralische und von kirchlichen Autoren beeinflusste Sicht, die wir heute nicht mehr zu teilen vermögen. Schon positiver sieht Jeanne Niquille das Spiel: als eine Unterbrechung des monotonen Alltagslebens, wobei sie vielleicht mehr vom Alltag in einem Büro um 1930 ausgeht als vom Alltag im Mittelalter; dieser galt insbesondere dem mühseligen Erwerb des täglichen Brots. Daneben gab es aber im Mittelalter viele Feiertage, an denen man Zeit zum Spielen hatte.

Unter Nachbarn

Wie die Juristen ihrer Zeit unterscheidet Jeanne Niquille zwischen Geschicklichkeitsspielen, reinen Glücksspielen und «gemischten» Spielen, die sowohl Geschick wie auch Glück erforderten. Zu den Geschicklichkeitsspielen zählt sie die Spiele mit Bogen und Armbrust, die nicht als militärische Übungen, sondern als «Spiele» galten, ebenso wie auch Pétanque und Kegeln. Zu den «gemischten» Spielen zählten Damenbrett und Schach, ebenso wie auch alle Kartenspiele. Zu den reinen Glücksspielen schliesslich gehörten alle Würfelspiele; damit brachte die Jeunesse dorée des Ancien Régime das Vermögen ihrer Familien durch. Doch wurde, wie wir gleich sehen werden, auch schon im Mittelalter mit Würfeln und um Geld gespielt.

 Der erste diesbezügliche Vertrag findet sich im Lombardenregister unter dem 16. Oktober 1356. Dabei handelt es sich um mehrere Einträge: Zuerst einmal bekennt der Schneider Johann von Estavayer, dass er Mermet Porta, dessen Beruf wir nicht erfahren, zehn Pfund schulde, zu bezahlen einen Monat, nachdem er von seinem Gläubiger dazu aufgefordert worden ist. Dann bekennt Mermet Porta das Gleiche gegenüber Johann von Estavayer. Es folgt ein dritter Eintrag, wonach beide kein Spiel spielen dürfen, und dies während dreier Jahre. Dabei wird nicht ausdrücklich ge- sagt, dass es um Geldspiele geht, aber davon darf man wohl ausgehen. Bemerkenswert ist, dass sich hier zwei Männer gegenseitig verpflichten, scheinbar ohne äusseren Zwang, obwohl man da nicht ganz sicher sein kann. Wenn man die beiden Männer identifiziert, dann merkt man, dass es sich um Nachbarn handelt, denn beide wohnen an der Metzgergasse.

Das zweite Beispiel beruht dagegen nicht mehr auf Gegenseitigkeit. Am 24. Oktober 1356 – also nur wenige Tage nach dem ersten Beispiel – verpflichtet sich der Metzger Jaquet Testa gegenüber dem Kleriker Peter von Corbières, dass er während vier Jahren nicht mehr um Geld spielen würde, und zwar weder mit Würfeln noch mit Kugeln, mit Ausnahme des «Spiels» der Armbrust, das zugelassen war, weil es gleichzeitig der militärischen Ertüchtigung diente, die der Wehrfähigkeit der Stadt Freiburg zugutekam. Wenn Jaquet Testa sein Versprechen brechen würde und Peter von Corbières dies beweisen und mit einem Eid bekräftigen könnte, müsste Jaquet Peter eine Busse von 100 Schilling bezahlen, und zwar innerhalb der nächsten acht Tage, nachdem Peter den Eid geleistet hätte. In Peters Fall handelte es sich wahrscheinlich um eine Autorität, gegenüber welcher Jaquet sich verpflichtete – oder er wurde von jemandem gezwungen, sich zu verpflichten.

Spiel- und andere Schulden

Im dritten Fall, der im Lombardenregister dokumentiert ist, schuldete der Zimmermann Petermann li Ciry dem Metzger Jaquet Penel 100 Schilling, zu bezahlen innerhalb eines Monats nach der ersten Aufforderung. Ein zweiter Eintrag hielt fest, dass, wenn Petermann li Ciry in den nächsten zwei Jahren spielen würde und Jaquet es ihm mit zwei glaubwürdigen Zeugen beweisen könnte, diesem der Schuldbrief ausgehändigt werden sollte, das heisst, die 100 Schilling würden an Jaquet fallen. Wenn Petermann sein Versprechen halten und zwei Jahre nicht spielen würde, sollte er den Schuldbrief bekommen, das heisst, Jaquet nichts bezahlen müssen. Wir können vermuten, dass Petermann noch andere Schulden bei Jaquet hatte und dieser nicht wollte, dass er sein Geld verspielte, bevor er die Schuldenzurückbezahlt hatte, oder auch,dass Petermann bei Jaquet angestellt war und dieser nicht wollte, dass sein Angestellter spielte. Jedenfalls ist bezeichnend, dass man die Sache zunächst auf privater Ebene zu regeln versuchte, bevor, nach 1400, die Stadt beziehungsweise die Stadtbehörden einschritten und allgemeine Spielverbote erliessen.

Literatur: Paul Aebischer, La police de la rue, des jeux et des moeurs à Fribourg aux XIVe et XVe siècles, in: Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht 42 (1929), S. 178–205. Jeanne Niquille, Jeux et joueurs dans l’ancien Fribourg, in: Nouvelles Etrennes fribourgeoises 63 (1930), S. 83–96.

Sommerserie

Geschichten aus dem Lombardenregister

Das Registrum Lombardorum oder Lombardenregister ist das älteste Notariatsregister, das im Staatsarchiv Freiburg aufbewahrt wird. Der Notar Peter Nonans führte es von 1356 bis 1359. Seinen Namen trägt es, weil ein Teil des Registers den Geldgeschäften der damals in Freiburg ansässigen lombardischen Bankiers gewidmet ist. Kathrin Utz Tremp und Lionel Dorthe vom Staatsarchiv haben eine Edition des Lombardenregisters erarbeitet, die im Herbst erscheinen wird. Im Vorfeld erzählen die Mediävisten in den FN im Rahmen einer siebenteiligen Serie Geschichten aus dem Register, die Einblick in den damaligen Alltag geben.cs

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