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Rechtsexperte warnt vor angedrohter Anti-Zuwanderungs-Initiative

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Er argumentiere nicht mit Nächstenliebe, sagt der ehemalige Schüler der katholischen Stiftschule Engelberg. Sein Engagement für Flüchtlinge empfinde er viel mehr als Win-win-Situation. Das sagt Erwin Murer, Präsident a. i. von «Wagen wir Gastfreundschaft».

«Entschuldigen Sie die Verspätung. Ich hatte noch ein bisschen Trubel mit der Organisation eines Projekts», sagt Erwin Murer, als wir ihn um kurz nach 10 Uhr am Bahnhof Freiburg treffen. Eine Ukrainerin aus Murten wolle mit Wachsresten Kerzen ziehen, die den Soldaten und den Menschen in den Schutzräumen Licht spenden sollen. «Sie möchte auch noch Tarnnetze knüpfen, aber mal schauen. Manchmal müssen wir sie ein bisschen bremsen», sagt Murer lachend.

«Wagen wir Gastfreundschaft»

Bereits sind wir mitten im Thema. Seit acht Jahren setzt sich der 78-Jährige für Flüchtlinge ein. 2015 habe er an einem Anlass von «Osons l’accueil – Wagen wir Gastfreundschaft» teilgenommen, erzählt er. Ursprünglich eine welsche Organisation, ist sie mit Murer nun auch im deutschsprachigen Teil des Kantons im Einsatz. Es war die Zeit, als viele Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan in die Schweiz kamen. «Wagen wir Gastfreundschaft» suchte Familien, in denen sie untergebracht werden konnten. Die Idee gefiel Murer, und er begann, sich zu engagieren. Die Mission von «Wagen wir Gastfreundschaft» ist bis heute dieselbe geblieben. Allerdings sind es inzwischen vorab Menschen aus der Ukraine, die auf hiesige Hilfe angewiesen sind. Kurz nach Kriegsausbruch vor einem Jahr lancierten Murer und seine Mitstreiter einen Aufruf an die Freiburger Bevölkerung. Dieser hat eine beispiellose Reaktion ausgelöst: «Innerhalb von nur zwei Tagen haben wir allein in Deutschfreiburg 140 Plätze gefunden; im ganzen Kanton waren es schliesslich 235 Gastfamilien mit über 600 Plätzen.»

Ethische Pflicht

Der Wille, Gutes zu tun, war so gross, dass sich der Verein fast ein bisschen übernahm, sagt Murer. «Ursprünglich wollten wir die Flüchtlinge persönlich betreuen, aber dann mussten wir einsehen, dass wir das nicht leisten können.» Nun kümmert sich die vom Kanton mandatierte professionelle Flüchtlingsorganisation ORS darum. Wo Hilfe gebraucht wird, springt der Verein aber nach wie vor ein: Beim Erledigen von Hausaufgaben, im Umgang mit den Behörden; er besorgt Laptops und auch mal ein Fahrrad. «Einmal haben wir auch einen Hilfstransport organisiert. In verschiedenen Armeeshops haben wir Schlafsäcke und Generatoren zusammengekauft, die ein Flüchtling dann in die Ukraine gefahren hat», erzählt Murer.

Für den ehemaligen Jusprofessor der Uni Freiburg ist es selbstverständlich, sich zu engagieren:

Wir haben eine ethische Pflicht zu helfen. Mit Nächstenliebe zu argumentieren, ist nicht mein Ding.

In seinen Augen ist es eine Win-win-Situation. «Der Verein wird von vier alten, weissen Männern angeführt, aber wir haben zusammen Spass», sagt Murer mit einem Schmunzeln. Mit dem ehemaligen Arzt Bernard Huwiler, dem emeritierten Dompropst Claude Ducarroz und Alt-Staatsrat Pascal Corminboeuf sei es immer spannend.

Gewinn für die Gesellschaft

Flüchtlinge aufzunehmen, sei aber auch zum Vorteil der hiesigen Gesellschaft. Murer berichtet von Beispielen gelungener Integration. Etwa jener eines jungen Afghanen, der am Fernseher des Nachts bei seiner Gastfamilie Deutsch lernte und als Zweitbester seiner Klasse eine Lehre zum Hochbauzeichner abschloss. «Wenn jemand einigermassen Deutsch oder Französisch spricht, findet er eine Stelle», ist Murer überzeugt. «Überhaupt: Wirtschaftsflüchtling ist kein Schimpfwort», merkt er an. Aber was die Schweiz brauche, sei eine Revision der Einwanderungsgesetzgebung und damit eine Weiterentwicklung der Einwanderungspolitik. Die aktuelle Asylpolitik der Schweiz führe nämlich zu einem doppelten Zwang: «Flüchtlinge, die nicht im Sinn des Gesetzes verfolgt sind, müssen lügen. Und wegen der internationalen Verträge muss jeder Fall abgeklärt werden.»

Sorge um Stimmung im Land

Murer denkt nicht, dass die Ukraine-Flüchtlinge grundsätzlich etwas an der Haltung der Schweizer Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen geändert hat.

Die aktuelle Solidarität ist eine Mittelstandsangelegenheit. Viele sind privilegiert, haben ein Haus und wollen dies teilen.

Doch die Stimmung könnte jederzeit umschlagen. Denn die Anzahl der Asylbewerber insgesamt sei am Steigen. Öl ins Feuer giessen könnte dabei die jüngst angedrohte Anti-Zuwanderungs-Initiative der SVP. «Sie macht mir Angst.» Während sich die erste Masseneinwanderungsinitiative der SVP gegen die EU gerichtet habe, gehe es jetzt um etwas anderes, sagt Murer. «Sie kommt unter dem Etikett der Nachhaltigkeit daher.» Die SVP argumentiere mit Strom- und Baulandknappheit und zunehmenden Fleischkonsum, wenn die Schweiz noch weiter wachse.

Solche Argumente könnten nach seiner Auffassung angesichts des Bevölkerungsdrucks beispielsweise in Zug, Zürich, Aargau und Nidwalden sehr wohl verfangen. «Was ist, wenn wir wieder eine Initiative haben, die nicht umsetzbar ist, wie schon bei der ersten?», fragt sich Murer. Diese habe nämlich dazu geführt, dass stattdessen das Asylgesetz verschärft worden sei. Er warnt darum:

Diesmal darf man die Initiative nicht billig bekämpfen.

Es brauche differenzierte Antworten für das Problem der zunehmenden Flüchtlingsströme.

Zur Person

Ehemaliger Professor mit humanitärem Interesse

Erwin Murer wurde am 31. Mai 1945 in Beckenried (NW) geboren. 1965 machte er die Matura an der Klosterschule Engelberg. Danach studierte er in Freiburg und Zürich Recht. 1972 erwarb er das Doktorat. Es folgte ein Zusatzstudium zur Entwicklungsökonomie in Paris. Von 1973 bis 1978 war Murer in der Entwicklungshilfe tätig – in der Schweiz, auf den Philippinen und in verschiedenen Ländern Südasiens und Afrikas. 1980 arbeitete er als Auslandredaktor der LNN («Luzerner Neueste Nachrichten») in Luzern. 1983 habilitierte er. Von 1986 bis 2012 war Murer Lehrbeauftragter für Arbeitsrecht, dann ordentlicher Professor für Arbeits- und Sozialversicherungsrecht an der Universität Freiburg. Während vier Jahren amtete er als Vizerektor. Seit 2016 ist er im Vorstand von «Osons l’Accueil-Wagen wir Gastfreundschaft», seit Herbst 2022 Präsident ad interim. rsa

Serie

Ein Jahr Krieg in der Ukraine

Am 24. Februar ist es ein Jahr her, dass russische Truppen in die Ukraine einmarschiert sind. Damit hat ein Krieg angefangen, der Tausende von Opfern forderte – und es immer noch tut – und ein Viertel der Gesamtbevölkerung zur Flucht trieb. In einer Serie fragen die FN unter anderem nach, wie es den Menschen geht, die zu uns in den Kanton Freiburg geflüchtet sind und sich mittlerweile an eine ganz neue Normalität gewöhnen mussten.  im

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