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Ein einäugiges Pferd – ein wertloses Pferd?

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Wenn man das Mittelalter erwähnt, ist das Bild, das einem sofort in den Sinn kommt, dasjenige des Ritters, bewaffnet von Kopf bis Fuss und auf seinem Reitpferd. Dieses volkstümliche Mittelalter stammt aus der Literatur – zu der die Helden der Tafelrunde gehören –, die das Prestige des adligen Tieres verherrlicht. Dagegen wird hier nichts über seine Nutzung gesagt, und auch nichts über seine Stellung in der Wirtschaft. Das «Registrum Lombardorum» erlaubt es, sich dieser alltäglichen Realität zu nähern.

Sechs Pferdetypen

Im Mittelalter werden die Pferde nicht nach der Rasse, sondern nach ihrer Benutzung charakterisiert. Man unterscheidet sechs Typen: das Schlachtpferd, das Streitpferd (lat. corserius), das Paradepferd, den Zelter (Gangpferd), das Packpferd sowie das Last- und Zugpferd (lat. roncinus).

Im «Registrum Lombardorum» erscheint der Begriff roncinus zwölf Mal, corserius sieben Mal und der Oberbegriff equus (lat. für Pferd) ein Mal. Die Weise, diese Tiere zu definieren, umfasst immer zwei Informationen: den Typ und die Farbe, mit einer körperlichen Besonderheit, falls nötig. Am 23. Februar 1359 kauft Henri Mora ein schwärzliches Streitpferd mit einem weissen Stern an der Stirn für 75 Gulden. Am 22. April 1357 schulden die Brüder Johann und Hugo de Regnye, beide Junker, dem Ritter Johann Velga 50 Gulden für zwei Pferde – ein rotes und ein rehbraunes.

Der Sprachschatz ist reich, und die verschiedenen Farbtöne sind sehr differenziert: Ein Pferd kann «rot», «bai», «bronbay», «bay bouzan» oder «falwo» sein. Alle diese Begriffe bezeichnen eine genaue Farbe, während wir heute nur rotbraun sagen würden. Die Bewertung eines Pferdes hängt von seiner Funktion ab: Herr Otto von Everdes bezahlt 95 Gulden für ein graues Pferd; Herr Aymo von Montagny 80 Gulden für ein graues, und die Brüder Johann und Hugo de Regnye 90 Gulden für ein Streitpferd. Hans Suter kauft ein braunes Pferd für 12 Gulden und Amedeus von Cortanay ein rotes für 11 Gulden. Diese Zahlen zeigen, dass die Lasttiere ungefähr acht Mal weniger wertvoll sind als die Streitpferde, obwohl es auch vorkommen kann, dass man viel mehr bezahlt: Der Herr von Montagny kauft ein graues Lastpferd für 40 Gulden.

Pferde als Kapital

Preisvergleiche stellen eine gute Quelle für den Wert der Pferde dar: Ulrich von Cottens bezahlt 6 Pfund für zwei rote Pferde, von denen eines blind ist. Perrod Warnerot verkauft ein Haus, das an der Lausannegasse liegt, für 35 Pfund. Das bedeutet, dass zwei Pferde den sechsten Teil eines Hauses ausmachen.

Nicht nur die Pferde sind teuer, sondern auch ihre Ausrüstung und die tägliche Haltung. Mermet Lombar kauft ein vollständiges Gespann für 28 Pfund, das heisst einen mit Eisen beschlagenen Wagen sowie vier Pferde: zwei rote, eines «bay bouzan» und eines schwarz und einäugig. Der Ritter Johann von Maltwitz verpfändet dem Lombarden Jaquemin de Saliceto zwei Pferde für 30 Gulden (wahrscheinlich als Bürgschaft für eine Geldschuld). Für das Futter muss er 5 Schilling pro Tag zahlen.

Selbst ein behindertes Pferd stellt ein tätiges Kapital dar: Es hat einen Verkaufswert und kann als Bürgschaft dienen. Es ist aber auch ein passives Kapital: Ein Pferd frisst sehr viel Hafer!

Ein besonderer Status

Das Pferd wurde früh domestiziert und erhielt einen besonderen Status: Im Jahr 732 verbot Papst Gregor III. den Verzehr von Pferdefleisch. Im «Registrum Lombardorum» findet man denn auch kein solches. Nur das Leder des Pferdes darf gekauft oder verkauft werden: Der Gerber Johann Huser schuldet dem Metzger Perrod Papaux 41 Gulden für Rind- und Pferdeleder. Das Pferd ist das edle Tier per se, aber es kann auch für Wagen oder Pflüge verwendet werden. Kurz gesagt: Es ist überall, vielleicht weil die Mehrheit der Klassen, welche die Gesellschaft ausmachen, seiner bedürfen.

Sommerserie

Geschichten aus dem Lombardenregister

Das «Registrum Lombardorum» oder Lombardenregister ist das älteste Notariatsregister, das im Staatsarchiv Freiburg aufbewahrt wird. Der Notar Peter Nonans führte es von 1356 bis 1359. Seinen Namen trägt es, weil ein Teil des Registers den Geldgeschäften der damals in Freiburg ansässigen lombardischen Bankiers gewidmet ist. Kathrin Utz Tremp und Lionel Dorthe vom Staatsarchiv haben eine Edition des Lombardenregisters erarbeitet, die diesen Herbst erscheinen wird. Im Vorfeld erzählen die beiden Mediävisten in den FN im Rahmen einer siebenteiligen Serie ausgewählte Geschichten aus dem Register, die Einblick in den damaligen Alltag geben.cs

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