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«Ein Kino der Metaphern»

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Die Parallelsektion «Hommage à …» des Internationalen Filmfestivals Freiburg (Fiff) präsentiert dieses Jahr das Filmschaffen des Irans. Das Programm ist in dieser Form einzigartig und zeigt Filme, die man sonst kaum zu sehen bekommt. Thierry Jobin, der künstlerische Leiter des Festivals, sagt im Interview, warum ihm diese Filme am Herzen liegen, was das iranische Kino ausmacht und warum er das diesjährige Fiff dem iranischen Regisseur Mohammad Rasoulof widmet.

 

 Thierry Jobin, wie ist es zu der Sektion über das iranische Kino gekommen?

Die Anfänge liegen beim letztjährigen Fiff, als wir den Film «Downpour» von Bahram Beizai zeigten. Der Film handelt von einem Lehrer, der ins Gerede gerät, weil er sich mit der Schwester eines Schülers getroffen hat. Er entstand 1972, also vor der islamischen Revolution von 1979. Dieser Film hat mir klar gemacht, dass die Revolution das iranische Kino nicht grundlegend verändert hat, und dass die allgegenwärtigen Themen der Überwachung und der kollektiven Kontrolle schon vorher eine Rolle spielten. Das hat mich neugierig gemacht: Ich wollte mehr erfahren über die Geschichte dieses Kinos, das zu den beeindruckendsten der Welt gehört.

 

 Wie sind Sie vorgegangen?

Ich habe in London einige iranische Freunde getroffen und sie nach interessanten Filmen aus der Zeit vor der Revolution gefragt. Danach bin ich mit einem Stapel DVDs nach Hause gekommen. Darunter waren der Film «The House Is Black» von Forough Farrokhzad, den ich bereits kannte und der sehr einflussreich war, und «The Brick and the Mirror» von Ebrahim Golestan, der mich sehr beeindruckt und meine Neugier weiter angestachelt hat.

 

 Damit begann eine aufwendige Recherche, um jene Filme zu finden, die das iranische Kino am besten repräsentieren.

Ich habe 16 iranische Filmschaffende gebeten, die Filme zu nennen, die sie als die Schlüsselwerke ihres Landes betrachten. Am Ende haben 14 mitgemacht, darunter Mohammad Rasoulof, Asghar Farhadi und Jafar Panahi. So ist eine Liste von 27 Filmen entstanden. 16 davon konnten wir auftreiben und ins Festivalprogramm aufnehmen.

 

 Wieso war es so schwierig, die Filme zu finden?

Viele Filme sind schlicht verschwunden oder im Westen nie zur Aufführung gelangt. Sie wurden kaum ausgewertet, geschweige denn restauriert. Unter den 16 Filmen, die wir am Festival zeigen, sind ganz unterschiedliche Formate vertreten, vom 35-mm-Film bis zur DVD. Dabei hat sich auch die Grundsatzfrage gestellt, ob man an einem Filmfestival überhaupt DVDs zeigen darf. Ich bin kein Freund davon, wenn man das tut, weil man die Kosten und Mühen scheut, um bessere Kopien zu suchen. Hier liegt der Fall aber anders: Einige dieser Filme existieren nur noch auf DVD; es ist die einzige Möglichkeit, sie überhaupt noch zu sehen.

 

 Also lieber Konzessionen bei der Qualität machen, als die Filme ganz in Vergessenheit geraten zu lassen …

Ich erhoffe mir sogar, dass auf diesem Weg der eine oder andere Film wieder zum Leben erwacht, weil die Aufführung an einem Festival dazu beitragen kann, dass doch noch irgendwo eine bessere Version auftaucht, die dann vielleicht sogar restauriert werden könnte. Ich sehe hier generell ein grosses Problem: Der 35-mm-Film ist am Verschwinden; es gibt immer weniger Kinos, die dafür überhaupt noch ausgerüstet sind. Alte 35-mm-Filme, die nicht digitalisiert werden, sterben. Da entsteht eine grosse Lücke: Wir verlieren einen Teil der kollektiven Erinnerung; das, was die Menschen zum Lachen und zum Weinen gebracht hat. Die Filmemacher können dazu beitragen, diese Erinnerung zu bewahren. Das gilt gerade auch für das iranische Kino.

 

 Was macht denn dieses iranische Kino aus, das es jetzt am Fiff zu entdecken gibt?

Es ist vor allem ein Kino der Metaphern. Ich glaube, das ist tief in der persischen Kultur verwurzelt, in der Bilder eine wichtige Rolle spielen. Darum hat das iranische Kino auch schon sehr früh eine hohe Qualität erreicht: Der Film war eine natürliche Weiterentwicklung dieser Tradition, in Bildern zu denken.

 

 Gibt es Themen, die für das iranische Kino typisch sind?

Ja, das zeigen auch die Filme am Festival deutlich: Es geht fast immer um die Geschichte eines Individuums gegenüber einem Kollektiv. Ein Mensch–egal, ob Erwachsener oder Kind–gerät in eine Situation, die ihn in Konflikt mit der Gesellschaft bringt, und muss einen Weg finden, sich aus dieser Lage zu befreien. Typisch ist auch die häufige Reflexion über das Medium Film. Das war schon beim ersten iranischen Film aus dem Jahr 1933 der Fall, «Haji Agha, the Movie Actor» von Ovanes Ohanian. Den konnten wir leider nicht auftreiben. In unserer Auswahl ist etwa «Close-Up» von Abbas Kiarostami ein Beispiel für diese Auseinandersetzung des Kinos mit dem Kino.

 

 Die Initiative des Fiff für das iranische Kino ist auch international nicht unbemerkt geblieben, so dass die Sektion danach weiterleben wird.

Ich hätte es schade gefunden, wenn nach dem Fiff alles vorbei gewesen wäre, weil ich glaube, dass diese Retrospektive es verdient, weitergeführt zu werden. Darum habe ich Partner gesucht, die das Projekt weiterentwickeln. Wenn sie mehr Zeit haben, können sie vielleicht noch weitere Filme ausfindig machen oder Regisseure empfangen, die in Freiburg nicht anwesend sein können. Ich freue mich sehr, dass ich dafür das Edinburgh International Film Festival und die Cinematheque des Toronto International Film Festival gewinnen konnte. Mit einem weiteren Partner stehen wir in Diskussion.

 

 Wie sehen Sie die Zukunft des iranischen Kinos?

Das islamische Regime hat ab 1979 viel dafür getan, um mit Filmen an internationalen Festivals präsent zu sein. Das ist auch gelungen, und zwar, weil dieses Land einfach gute Filmemacher hat. Das Kino entspricht ihrer Art zu leben und zu denken. Diese Leute haben eine ganz starke Überzeugung, etwas Wichtiges zu machen, und sie nehmen dafür viel in Kauf. Ich hoffe, dass Präsident Hassan Rohani den Künstlern Freiheiten lassen wird. Schliesslich hat noch nie ein Film eine Revolution ausgelöst.

 

 Das Beispiel von Mohammad Rasoulof, der seit dem letzten Herbst nicht mehr aus dem Iran ausreisen darf, ist aber nicht gerade ermutigend.

Rasoulof konnte seinen Film «Manuscripts Don’t Burn» bei der Weltpremiere in Cannes und danach in Deutschland persönlich präsentieren. Nachdem er eine Zeit lang in Deutschland gelebt hatte, ist er im vergangenen Herbst nach Teheran zurückgekehrt, wo ihm umgehend sein Pass abgenommen wurde. Seither sitzt er im Iran fest. In meiner Eröffnungsrede heute Abend werde ich ihm diese Ausgabe des Fiff widmen.

Das 28. Internationale Filmfestival Freiburg dauert bis zum 5. April. Details und Programm: www.fiff.ch.

Thierry Jobin. Bild ca/a

Wettbewerb: Der Film, der Mohammad Rasoulof den Pass kostete

I ranische Filme sind am Fiff nicht nur in der Sektion «Hommage à …» zu sehen. Zwei Filme aus dem Iran haben es in die Selektion des internationalen Wettbewerbs geschafft: «Manuscripts Don’t Burn» von Mohammad Rasoulof und «Fish and Cat» von Shahram Mokri. Shahram Mokri wird seinen Film in Freiburg persönlich vorstellen, während Mohammad Rasoulof den Iran nicht verlassen darf (siehe auch Interview).

Mokris Film arbeite, wie es für das iranische Kino typisch sei, mit einer Metapher, jener des Kannibalismus, sagt Thierry Jobin. «Rasoulof war hingegen sehr explizit – mit dem Resultat, dass ihm sein Pass entzogen wurde.»

Heimlich gedreht

Rasoulof thematisiert in «Manuscripts Don’t Burn» Zensur und staatliche Unterdrückung: Der Thriller handelt von der Suche zweier staatlicher Auftragsmörder nach einem Manuskript, das einen 1995 vom Regime angeordneten Mordversuch an 21 Schriftstellern und Journalisten enthüllt – eine Geschichte, die auf keinen Fall an die Öffentlichkeit gelangen darf. Der Film basiert auf wahren Ereignissen und wurde komplett heimlich gedreht.

«Manuscripts Don’t Burn» wurde im Mai 2013 an den Internationalen Filmfestspielen von Cannes uraufgeführt und mit einem Filmkritiker-Preis ausgezeichnet. Der Film lief erfolgreich an weiteren Festivals, unter anderem in Hamburg, London und Stockholm. Im April kommt er in die Schweizer Kinos. cs

Die iranischen Wettbewerbsfilme am Fiff: «Fish and Cat»: 29.3., 17.15 Uhr, Rex 1; 30.3., 15.30 Uhr, Rex 3; 1.4., 12.30 Uhr, Rex 1; 3.4., 20.30 Uhr, Cap’Ciné 1. «Manuscripts Don’t Burn»: 31.3., 21 Uhr, Rex 1; 1.4., 15.30 Uhr, Rex 2; 2.4., 12.30 Uhr, Cap’Ciné 1; 3.4., 17 Uhr, Cap’Ciné 1.

Programm

16 Schlüsselwerke des iranischen Kinos

Folgende 16 Filme aus dem Iran laufen am Fiff in der Parallelsektion «Hommage à … Iranische Filmschaffende präsentieren Schlüsselwerke ihres Landes»:

«A Few Kilos of Dates for a Funeral»(Saman Salur, 2006): 3.4., 18.45 Uhr, Cap’Ciné 6; 5.4., 12.30 Uhr, CapCiné 6.

«A Separation»(Asghar Farhadi, 2011): 31.3., 20 Uhr,Rex 2; 3.4., 20.15 Uhr, Rex 3.

«Close-Up»(Abbas Kiarostami, 1990): 2.4., 18.15 Uhr, Cap’Ciné 6; 4.4., 12.15 Uhr, Cap’Ciné 6.

«Death of Yazdgerd»(Bahram Beizai, 1982): 1.4., 18.30 Uhr, Cap’Ciné 6; 5.4., 17.45 Uhr, Cap’Ciné 7.

«Downpour»(Bahram Beizai, 1972): 30.3., 17.15 Uhr, Cap’Ciné 6; 3.4., 20 Uhr, Rex 2.

«Gabbeh»(Mohsen Makhmalbaf, 1996): 3.4., 12.15 Uhr, Rex 1; 4.4., 17.30 Uhr, Cap’Ciné 6.

«Hamoun»(Dariush Mehrjui, 1990): 2.4., 20.45 Uhr, Cap’Ciné 6; 5.4., 20.30 Uhr, Cap’Ciné 7.

«P Like Pelican»(Parviz Kimiavi, 1972): 29.3., 17.50 Uhr, Cap’Ciné 7; 3.4., 16 Uhr, Cap’Ciné 6.

«Still Life»(Sohrab Shahid Salees, 1974): 31.3., 12 Uhr, Cap’Ciné 6; 4.4., 14.30 Uhr, Cap’Ciné 6.

«The Brick and the Mirror»(Ebrahim Golestan, 1965): 29.3., 21.30 Uhr, Cap’Ciné 7; 3.4., 12.45 Uhr, Cap’Ciné 7.

«The Cow»(Dariush Mehrjui, 1969): 31.3., 20.45 Uhr, Cap’Ciné 6; 3.4., 16.30 Uhr, Cap’Ciné 7.

«The House Is Black»(Forough Farrokhzad, 1963): 29.3., 17 Uhr, Cap’Ciné 7; 3.4., 15.05 Uhr, Cap’Ciné 6.

«The Night it Rained»(Kamran Shirdel, 1967): 29.3., 17.20 Uhr, Cap’Ciné 7; 3.4., 15.30 Uhr, Cap’Ciné 6.

«The Runner»(Amir Naderi, 1990): 2.4., 15.45 Uhr, Cap’Ciné 6; 3.4., 21.15 Uhr, Cap’Ciné 6.

«The Traveler»(Abbas Kiarostami, 1974): 30.3., 20.45 Uhr, Cap’Ciné 6; 3.4., 17.45 Uhr, Rex 1.

«Where’s the Friend’s Home?»(Abbas Kiarostami, 1987): 1.4., 21.30 Uhr, Cap’Ciné 6; 3.4., 12.30 Uhr, Cap’Ciné 6.cs

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