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Gefährliche Schönheit

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Diesmal ist meine Kolumne etwas ungewöhnlich. Ich schreibe sie während der Feldarbeiten auf Island. Meine Forschungsgruppe am Botanischen Garten der Universität Freiburg untersucht seit Jahren Pflanzen, die im Norden Europas und in der Arktis zu Hause sind, die aber auch in der Schweiz eine natürliche Verbreitung haben. Es sind die sogenannten Eiszeitrelikte, die, wie ihr Name verrät, nach der letzten Eiszeit ihre Verbindung zum Hauptverbreitungsgebiet verloren haben und sich in den Jura oder in die Alpen zurückgezogen haben. Dazu gehört beispielsweise unser Forschungsobjekt Zwergbirke, das hier auf Island recht häufig ist, jedoch bei uns viel kleinere und vor allem stark isolierte Populationen bildet. Viele solche kälteliebenden Reliktpflanzen sind heute in der Schweiz vom Aussterben bedroht, nicht zuletzt durch die vom Menschen beschleunigte Klimaerwärmung. Aber auch durch Lebensraumzerstörung: So überdauerte die Zwergbirke beispielsweise bei uns ausschliesslich in den kühlen und feuchten Hochmooren, die in der Schweiz grösstenteils zerstört oder zumindest stark denaturiert wurden.

​Ich habe Island erst vor Kurzem für mich entdeckt. Meine diesjährige Expedition ist zwar bereits die zweite, aber die erste im Sommer. Ich hatte grosse Erwartungen. Von der Landschaft wurde ich absolut nicht enttäuscht: schroffe Berge, mächtige Gletscher, spektakuläre Wasserfälle und wilde Strände. Natürlich fand ich hier auch meine Eiszeitrelikte, und zwar in Hülle und Fülle. In den letzten Tagen spazierte ich kilometerweit durch dichte Teppiche aus Zwergbirken – ein Schlaraffenland für Forscher. Und doch, geübte Augen eines Biologen sehen einiges, wodurch diese Idylle etwas gestört wird, wie beispielsweise die an einigen Stellen grossflächigen Nadelbaumwäldchen. Auf Island wachsen von Natur her keine Fichten oder Tannen. Sie wurden hier alle angepflanzt. Überraschenderweise sind es keine Baumarten aus Europa, sondern Nadelbäume aus Nordamerika oder Sibirien, wie zum Beispiel die Sitka-Fichte, die Küsten-Kiefer oder die Sibirische Lärche.

Bereits bei der Expeditionsvorbereitung habe ich erfahren, dass vor der Besiedlung der Insel durch Wikinger aus Norwegen sehr wahrscheinlich rund 40 Prozent der Fläche mit Moorbirkenwäldchen bewachsen waren (Moorbirke ist eine andere Birkenart, die hier auf Island mehrere Meter Höhe erreichen kann). Aber das ist lange her. Die Landnahme, wie die Isländer diese Zeit nennen, begann im Jahr 874. Sehr schnell – vermutlich in weniger als 100 Jahren – verschwand der Wald praktisch komplett. Man brauchte Holz und mehr Platz für die Weiden. Diese eher unrühmliche Tatsache versucht man jetzt rückgängig zu machen… Jedoch auf eine kontroverse Art, nämlich mit fremden Baumarten. Die Förster nennen mehrere Gründe dafür. Die wichtigsten: Die nordamerikanischen und sibirischen Gehölze kommen am besten mit dem harschen Klima zurecht. Sie wachsen schneller und höher und liefern besseres Holz.

Es gibt auf Island jedoch noch eine fremde Pflanzenart, die mich (und nicht nur mich) stark beeindruckt. Kein Wunder, besonders bei einem Massenauftreten ist sie einfach spektakulär. Es handelt sich um die Alaska-Lupine (Lupinus nootkatensis). An diesen Lupinen scheiden sich die Geister. Viele Isländer und auch die Touristen finden sie wunderschön und nützlich, andere sehen in ihnen eine Bedrohung der einheimischen Vegetation. Die Art wurde auf Island vor ca. 60 Jahren eingeführt, hauptsächlich um die Böden vor Erosion zu schützen und die Sandstürme einzudämmen. Man erhoffte sich auch, dass die Lupinen dank ihrer Fähigkeit, Stickstoff zu binden, die Bodenqualität für andere einheimische Pflanzen verbessern. Die Realität sieht jedoch anders aus. Heute bedeckt die Pflanze Hunderte Quadratkilometer und breitet sich weiter rasant aus. Ein Meer aus blauen Lupinen. In diesem Meer gibt es keinen Platz für einheimische Pflanzen, die eher klein sind. Meine Eiszeitrelikte sind momentan nicht betroffen, da die Lupinen sumpfige Stellen glücklicherweise meiden. Wer aber weiss, was für eine andere Schönheit man in der Zukunft auf Island einführen wird?

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