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Grüne Pferde und nackte Hintern

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Grüne Pferde und nackte Hintern

Autor: Carole Schneuwly

Plakate vermitteln Botschaften, sie wollen Aufmerksamkeit erregen, Kaufentscheide fördern oder Meinungen beeinflussen. Um das zu erreichen, müssen sie vor allem eins: auffallen. Ein Mittel, das dabei immer funktioniert, ist die Provokation. Da werden Tabus gebrochen, Autoritäten angegriffen oder schlicht und einfach nackte Haut gezeigt, ganz nach dem bewährten Motto «Sex sells».

Im Idealfall erregt ein Plakat derart viel Aufsehen, dass sich seine Botschaft via Medien und Stammtische wie von selbst verbreitet. In der Schweiz ist dies zuletzt der SVP mit ihrem Plakat zur Anti-Minarett-Initiative gelungen, das 2009 weit über die Schweizer Grenzen hinaus für Schlagzeilen sorgte.

Moral und Kultur

Debatten über zulässige und unzulässige Plakatmotive, über Sinn und Unsinn von Verboten und über Grenzen und Notwendigkeit der Zensur sind so alt wie die Plakatwerbung selbst. Welche Themen und Motive seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in der Schweiz für Aufregung sorgten, zeigt das Gutenberg-Museum Freiburg in der Ausstellung «So nicht!». Sie basiert auf dem gleichnamigen Buch von Rolf Thalmann, das Ende 2009 erschienen ist. Darin präsentiert der ehemalige Leiter der Basler Plakatsammlung Plakate aus den Jahren 1883 bis 2009, die aus den unterschiedlichsten Gründen umstritten waren.

Dominique Chappuis Waeber, die Direktorin des Gutenberg-Museums, ist über das Buch auf das Thema gestossen. «Ich fand, man müsse daraus unbedingt eine Ausstellung machen», sagte sie gegenüber den FN. Nach Rücksprache mit Rolf Thalmann wählte sie über 60 Plakate aus, die von 1883 bis in die Gegenwart reichen und eine ganz eigene Schweizer Moral- und Kulturgeschichte erzählen.

Ästhetik und Geschmack

Das älteste Plakat in der Ausstellung ist jenes, mit dem Albert Lüthi 1883 für die Landesausstellung in Zürich warb. Es fiel in Ungnade, weil seine Gestaltung zu antiquiert wirkte. Auch andere Kampagnen für Landesausstellungen fielen aus ästhetischen Gründen durch: Jene für die Landesausstellung 1914 in Bern warb mit einem grünen Pferd, das nicht allen gefiel; jene für die Landesausstellung 1964 in Lausanne galt als zu abstrakt.

Jüngere Beispiele aus der Kategorie «geschmacklose Werbung» lieferte in den 1990er-Jahren der Zürcher Fotograf Oliviero Toscani mit seinen Plakatmotiven für die Kleiderfirma Benetton: Sie reichten vom blutverschmierten Neugeborenen über den sterbenden Aidskranken bis zur blutigen Uniform eines getöteten Soldaten. Dabei gehe es nicht um Provokation, betonten Toscani und Benetton bis zu ihrer Trennung im Jahr 2000 immer wieder, sondern darum, auf Zeitfragen aufmerksam zu machen.

Geschmacklos fanden viele auch die Kampagne der Swisscom mit dem Hasen Bugsy, über dessen Schicksal («Metzgen oder Freilassen?») das Publikum 2002 per SMS abstimmen konnte. Hase Bugsy wurde zwar gerettet, die Swisscom musste sich aber trotzdem öffentlich entschuldigen.

Unzucht und Sexismus

In vielen Fällen umstrittener Werbung geht es um Sitte und Anstand, um Nackedeis und um Sexismus. Da sollte die Sloggi-Werbung von 2003 mit den knackigen Damenhintern die Frauen zum Sexobjekt degradieren oder das Muba-Plakat aus dem Jahr 2000 («Besuchen Sie die Mutter aller Messen») die dargestellte nackte Schwangere als käuflich darstellen. Legendär sind die Plakate von Peter Marti, mit denen der Jeans-Hersteller Rifle in den 1980er-Jahren warb. Die Reaktionen reichten von Begeisterung bis zum Verbot der Plakate – und Werber Marti musste fortan mit dem Übernamen «Füdli-Marti» leben.

Auch solche Diskussionen gab es schon viel früher, wie die Ausstellung zeigt: 1932 wurde eine Aktzeichnung von Karl Bickel auf einem Plakat für einen Kunstsalon in den Städten Basel und St. Gallen wegen «Gefährdung der Schuljugend» verboten. 1935 galt eine Frau im gelben Bikini, die für das «herrliche Arosa» warb, als «unzüchtig» und wurde ebenfalls verboten. Als exakt das gleiche Sujet 2006 in Deutschland noch einmal erschien, löste es wieder Diskussionen aus, diesmal, weil es einigen als «sexistisch» erschien.

Politik und Kirche

Seltener wurden in der Schweiz Plakate aus politischen Gründen verboten, und bis 1990 stammten die wenigen Fälle, in denen das doch vorkam, von linker Seite. Das änderte sich mit den drastischen Motiven, mit denen die SVP in den vergangenen Jahren provozierte, vom schwarzen Schaf (Ausschaffungsinitiative 2007) bis zu raketenähnlichen Minaretten (Anti-Minarett-Initiative 2009).

Heikel wird es auch dann, wenn es um Kirche und Religion geht. Mit dem Slogan «Hakle…luja» für Toilettenpapier zu werben (1988) kam in kirchlichen Kreisen ebenso wenig an wie der «Missbrauch» von Leonardos «Abendmahl» für Reklame für Küchengeräte (1989). Auch die Stop-Aids-Kampagnen stiessen nicht bei allen Katholiken auf Zustimmung, obwohl sie mit einer Ausnahme nie religiöse Elemente enthielten.

Dass andererseits die Kirche selbst vor Pannen bei der Werbung nicht gefeit ist, zeigt ein aktuelles Beispiel: Wegen der Vorwürfe um sexuelle Übergriffe durch Priester hat die katholische Kirche im April entschieden, ihre Image-Kampagne «Mehr Good News» zu verschieben und zu überarbeiten.

Gutenberg-Museum, Liebfrauenplatz 16, Freiburg. Bis zum 27. Juni. Mi., Fr. und Sa. 11 bis 18 Uhr, Do. 11 bis 20 Uhr, So. 10 bis 17 Uhr. www.gutenbergmuseum.ch

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