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Heute vor 25 Jahren hiess es: «Wenn Frau will, steht alles still»

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«Wenn Frau will, steht alles still»: Heute vor 25 Jahren zeigten die Schweizerinnen, was sie alles leisten, und was alles nicht gemacht wird, wenn sie streiken – am Arbeitsplatz, aber auch in der Familie. In Freiburg war der Georges-Python-Platz voller Frauen in violetten T-Shirts. Darunter war auch Blanca Jungo. Die Kindergärtnerin war damals 44-jährig. «Das war eine Power, das war unglaublich», sagt sie heute im Rückblick.

Blanca Jungo, langjährige Präsidentin des Kindergartenvereins Deutschfreiburg, setzte sich für Lohngleichheit ein. Lange waren Ordensgemeinschaften Träger der Kindergärten, dann Vereine und Gemeinden. Blanca Jungo war 1967 eine der ersten Kindergärtnerinnen des Kantons, die privat angestellt wurden. Erst 1982 wurden die Kindergärtnerinnen zu Kantonsangestellten, drei Jahre später wurde der Kindergarten im Schulgesetz verankert. «Wir arbeiteten zwar zu 100 Prozent, doch der Kanton stufte unsere Arbeit als 80-Prozent-Pensum ein», sagt Blanca Jungo. «Der Lohn war entsprechend tief.» Das Argument des Kantons: Die Kindergärtnerinnen hätten nicht die gleiche Ausbildung und nicht die gleiche Arbeitszeit wie die Primarlehrer, daher könne auch der Lohn nicht der gleiche sein. «Wir lagen im Dauerstreit mit der Erziehungsdirektion.»

Keine Entwicklung möglich

Die Kindergärtnerinnen forderten eine gleiche Ausbildung wie die Lehrerinnen und Lehrer. «Kindergärtnerin zu werden, war damals eine Einweg-Ausbildung: Es gab keine Entwicklungsmöglichkeiten und auch keine Möglichkeiten für einen Berufs- oder einen Stufenwechsel.»

«Wir Kindergärtnerinnen waren damals eine gute Clique», sagt Blanca Jungo. «Es waren viele Junge darunter, die ihre Arbeit nicht mehr so demütig erledigten wie andere zuvor. Wir wollten vorwärts machen.» Da kam der Frauenstreiktag gerade recht: «Wir waren vom Motto ‹gleicher Lohn für gleiche Arbeit› betroffen, also machten wir mit.» Der Aufruf zum Frauenstreik sei «der Anstoss gewesen, etwas Freches zu machen, an die Öffentlichkeit zu gehen, für einmal laut zu werden».

Rund 90 Prozent der deutschsprachigen Kindergärtnrinnen hätten sich am Streik beteiligt. «Am Morgen waren wir in den Dörfern und erklärten unsere Anliegen, am Nachmittag waren wir auf dem Python-Platz.» Auch der Erziehungsdirektion statteten die Kindergärtnerinnen einen Besuch ab: «Wir zogen mit Fahnen dort ein und überbrachten unsere Forderungen.»

Der Streik blieb nicht ohne Folgen: «Wir erhielten einen Rüffel.» Die Erziehungsdirektion verwarnte die Kindergärtnerinnen–es bestand ein Streikverbot. Weil Blanca Jungo und sieben andere Kindergärtnerinnen später im selben Jahr noch einmal während einer Stunde streikten–diesmal für ein Anliegen des OS-Verbands–wurde ihnen eine Stunde Lohn abgezogen.

Die Forderungen der Kindergärtnerinnen von 1991 sind erfüllt: Sie absolvieren ihre Ausbildung heute an der Pädagogischen Hochschule und verdienen gleich viel wie die anderen Lehrpersonen. Der Frauenstreik und das Beharren auf der Lohngleichheit haben sich also gelohnt. «Für die jungen Frauen heute ist die Gleichstellung eine Selbstverständlichkeit», sagt Blanca Jungo. «Das ist auch gut so–denn genau das wollten wir doch damals: dass die Gleichstellung eine Normalität ist.»

Ganz zufrieden mit dem Erreichten ist die 69-Jährige aber nicht: «Wenn man genau hinschaut, gibt es noch einiges zu verbessern. Aber es ist alles subtiler geworden, ist auf den ersten Blick nicht mehr fassbar.» Vielleicht sei der Kampf um die Gleichstellung darum etwas eingeschlafen.

Auch in Freiburg streikten die Frauen–Impressionen des FN-Fotografen, der heute vor 25 Jahren mit seiner Kamera im Kanton Freiburg unterwegs war.Der Frauenstreiktag bot auch die Möglichkeit für einen Austausch.Expertin Geneviève Beaud Spang. Bild Jacques Berset/kath.chVivien Rüffieux: «Ich habe mich noch nie benachteiligt gefühlt.»

«Der Frauenstreik war der Anstoss, etwas Freches zu machen, für einmal laut zu werden.»

Blanca Jungo

Langjährige Präsidentin des Kindergartenvereins Deutschfreiburg

Vivien Rüffieux: Die Sicht der 25-Jährigen

B is vor kurzem wusste Vivien Rüffieux nichts vom Frauenstreiktag, der heute vor 25 Jahren stattgefunden hat. Das ist auch nicht verwunderlich: Die 25-Jährige ist erst einen Monat nach dem Frauenstreiktag zur Welt gekommen. Doch sie hat sich informiert: «Es war einer der grössten Streiks, der in der Schweiz jemals durchgeführt wurde.» Damals hätten sich die Frauen für das eingesetzt, was für sie selber heute eine Selbstverständlichkeit sei: die Gleichberechtigung.

«Ich mache mir vielleicht zu wenig Gedanken darüber, dass es einmal anders war, dass die Frauen einmal nicht so weit waren wie wir heute», sagt die Studentin der Germanistik und der Komparatistik. Gleichstellung sei für sie bisher kein Thema gewesen. «Ich habe mich als Frau bis jetzt nie benachteiligt gefühlt.»

Seit dem Frauenstreiktag vor 25 Jahren habe sich vieles verbessert, sagt Vivien Rüffieux. «Auch viele Männer engagieren sich heute im Haushalt und treten beruflich kürzer, um sich um die Kinder zu kümmern.» Die Rollenbilder hätten sich verändert. So seien auch viele Frauen in traditionellen Männerberufen und Männer in klassischen Frauenberufen tätig. «Heute gibt es in dieser Beziehung keine Grenzen mehr.»

Für die Studentin ist klar: Für gleiche Arbeit muss es gleichen Lohn geben. «In diesen Dingen habe ich aber noch keine Erfahrung, mein Eintritt ins Erwerbsleben steht erst noch bevor.» Ihr ist aber bewusst, dass trotz aller Fortschritte in den letzten 25 Jahren noch nicht alles optimal ist. Das zeige sich auch daran, dass der Kanton Freiburg letzte Woche einen Aktionsplan vorgestellt habe, mit dem mehr Frauen in Kaderpositionen kommen sollen (FN vom Donnerstag).

Der Plasselberin, die seit 2014 Gemeinderätin ist, ist es wichtig, dass Frauen Beruf und Familie vereinbaren können. «Frauen sollten sich nicht zwischen Familie und Beruf entscheiden müssen. Da gibt es noch Verbesserungspotenzial.» Viele Frauen seien heute sehr gut ausgebildet. «Ich habe viel Zeit und Energie in meine Ausbildung gesteckt und möchte nun auch in meinem Fachgebiet arbeiten können.» Zudem sei es oft auch aus finanziellen Gründen nötig, dass beide Elternteile arbeiteten.

Der Generationenwechsel

Auch wenn es Lohnungleichheit gibt und die Karriere für Mütter schwieriger ist: Vivien Rüffieux geht davon aus, dass ein Generationenwechsel bevorsteht und dass die Gleichstellung, die für die jungen Frauen von heute so selbstverständlich ist, weiter umgesetzt wird. «Wir haben noch nicht das Optimum, aber wir haben schon viel erreicht und sind auf einem guten Weg.» njb

Gleichstellungsbeauftragte: «Eine Illusion»

G eneviève Beaud Spang erinnert sich gut an den 14. Juni 1991: Sie war damals auf dem Georges-Python-Platz in Freiburg, mit ihrer einjährigen Tochter und natürlich in einem T-Shirt in Fuchsia. «Der Platz war voll, es war sehr fröhlich – aber es war eben auch eine Demonstration mit konkreten Forderungen. Wir wollten die Gesellschaft verändern.»

Seither habe sich auch einiges verändert, sagt die Leiterin des freiburgischen Büros für die Gleichstellung von Mann und Frau, das 1994 gegründet wurde. Vor allem strukturell und in der Gesetzgebung habe sich einiges getan: So wurde das Gleichstellungsgesetz erarbeitet, das Frauen die Möglichkeit gibt, gleichen Lohn für gleiche Arbeit einzufordern und sich auch sonst gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz zu wehren. Zudem wurde das Angebot an Betreuungsplätzen für Kinder ausgebaut.

«Auch in der Arbeitswelt gab es eine Entwicklung», sagt die Gleichstellungsbeauftragte Geneviève Beaud Spang. «Viele Frauen arbeiten. Aber viele arbeiten Teilzeit, viele sogar in sehr kleinen Pensen.» In Kaderpositionen seien nach wie vor vor allem Männer zu finden. Zudem wählten die Frauen in der Schweiz ihre Berufe überwiegend aus klassischen Frauenberufen wie Pflegeberufen aus, während Männer sich vor allem für technische Berufe interessierten. «Die horizontale Segregation bezüglich der Berufswahl ist in der Schweiz sehr stark.» Das habe auch einen Einfluss auf den Lohn der Frauen.

Auch im Familienleben habe sich in den letzten 25 Jahren einiges verändert. «Gerade junge Paare versuchen, sich die nicht bezahlte Arbeit aufzuteilen.» Doch wer Kinder habe, merke schnell, dass dies schwierig umzusetzen sei: «Für Männer ist es schwierig, Teilzeit zu arbeiten.» Zudem verdiene der Mann oft mehr als die Frau, so dass es Sinn mache, dass sie ihr Pensum reduziere und er Vollzeit arbeite. «Das ist das typische Modell in der Schweiz.» Und viele Akademikerinnen entschieden sich für die Karriere und gegen die Familie.

Um dies zu ändern, sei mehr als ein Gesetz nötig: «Dazu braucht es ein Umdenken der Gesellschaft.» Doch müssten dafür Rollenbilder verändert werden, die von Generation zu Generation weitergegeben würden. «Das ist schwierig.»

Was sich laut Beaud Spang auch geändert hat: der Kampfgeist der Frauen. «Es gibt nicht mehr viele, die sich für die Gleichstellung einsetzen.» In der Gesellschaft herrsche die Illusion vor, die Gleichstellung sei erreicht – «man hat das Gefühl, das sei kein Thema mehr». Doch das stimme nicht. Vielmehr habe sich die Gesellschaft mit der heutigen Ungleichstellung arrangiert, die viel subtiler sei als noch zu Zeiten des Frauenstreiks. «Wir können damit leben und lehnen uns nicht mehr dagegen auf.» njb

Zahlen und Fakten

«Gleicher Lohn für gleiche Arbeit»

Die Schweiz liess sich Zeit mit der formellen Gleichstellung der Frauen.1971führten die Männer dasFrauenstimmrechtein. Die Schweiz war damit eines der letzten europäischen Länder, welches seiner weiblichen Bevölkerung die vollen Bürgerrechte zugestand.1981wurde derGleichstellungsartikelin der Bundesverfassung verankert. Seither steht in der Bundesverfassung: «Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.»1996trat dasBundesgesetzzur Gleichstellung in Kraft, das Diskriminierungen im Erwerbsleben verbietet.njb

Heute

Eine längere Mittagspause

Heute vor 25 Jahren streikten die Frauen: Die Schweizerinnen legten die Arbeit nieder, weil der Gleichstellungsartikel der Bundesverfassung immer noch nicht umgesetzt worden war. Noch heuteverdienen Frauen 15 Prozent wenigerals Männer. 40 Prozent der Differenz ist nicht durch objektive Faktoren wie Alter, Ausbildung und Erfahrung erklärbar. Die Gewerkschaften nehmen den 14. Juni deshalb zum Anlass für eine erneute Frauen-Demonstration. Dieses Mal unter dem Motto «Mittags woll’n wir länger ruhn, weil sie kaum was tun»: Weil die Frauen 15 Prozent weniger verdienen als Männer, machen sie heute länger Mittagspause–und arbeiten so 15 Prozent weniger.njb

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