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«Im Depot schlummert noch viel Wissen»

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Autor: Helene Soltermann

Anne de Pury-Gysel, Sie haben während 15 Jahren als Direktorin der Römerstadt und des Römermuseums gearbeitet. Würden Sie sich gerne in die Zeiten von Julius Cäsar zurückversetzen?

Höchstens einen Tag lang! Die schöne Architektur von damals würde die fehlende Medizin nicht kompensieren. Wenn ich zu dieser Zeit leben müsste, möchte ich keine Sklavin sein. Am liebsten wäre ich ein Mann und ich hätte gerne mit der Verschriftlichung, mit dem Recht oder mit der Literatur zu tun.

Nicht-Archäologen kennen die Römerzeit aus Filmen wie Gladiator oder Ben Hur. Übermitteln solche Historienfilme ein reales Bild dieser Zeit?

In Archäologiekreisen gibt es Leute, die solche Filme nie schauen würden. Ich schätze solche Filme, denn wir Fachleute sind manchmal in unserem wissenschaftlichen Bild gefangen, welches ja auch eine Interpretation der Zeit ist. Die filmische Interpretation bietet einen anderen Zugang. Im Film Gladiator werden die gewalttätige Ambiance und die Konstellation innerhalb der Kaiserfamilie gut rübergebracht. Andere Fakten sind weniger gut recherchiert. An den Kleidern beispielsweise sieht man mit der Maschine genähte Säume, was völlig unrealistisch ist.

80 Prozent des Materials, das während ihrer Zeit als Direktorin in Avenches gefunden worden ist, wurde noch nicht untersucht. Ist dies nicht ernüchternd?

Natürlich! Doch man muss bedenken, dass Archäologie nicht die Aktivität einer Generation ist, vielmehr erstreckt sie sich über mehrere Generationen. Jeder gefundene Gegenstand ist für uns wertvoll. Auch ich habe Publikationen über Funde, die bereits im 19. Jahrhundert ausgegraben wurden, geschrieben.

Welche wertvollen Gegenstände liegen noch unter Avenches begraben?

Das ist die grosse Überraschung. Wir wissen, dass das Forum – also der Hauptplatz -, grosse Häuser und Friedhöfe noch unter Avenches liegen. Finden könnte man sicher auch noch Inschriften, die wichtige Erkenntnisse über die Zeit liefern.

Was unter dem Boden liegt, sieht man nicht. Graben Archäologen einfach mal drauflos oder graben sie nach Plan?

Wir betreiben präventive Archäologie. Konkret heisst dies, wir graben nur, wenn gebaut wird. Die Waadtländische Gesetzgebung schützt uns. Wenn jemand in archäologisch sensiblem Gebiet bauen will, intervenieren wir. Aber wir dürfen nur so weit aufmachen, wie zerstört wird. Wenn also jemand ein Haus baut, graben wir nur dort, wo das Haus zu stehen kommt. Nur wenn wir auf einen absolut wichtigen Fund stossen, dürfen wir weitergraben. Beim Bau der Nespresso-Fabrik haben wir 40 Sondierungsgrabungen gemacht, in 38 ist nichts zum Vorschein gekommen. In einem Graben fanden wir eine Ecke einer Mauer. Das gab uns das Recht, weiter aufzumachen, und zum Vorschein kam ein Friedhof mit 250 Gräbern. Das hätte niemand gedacht.

Welches ist das wertvollste Stück im Römermuseum?

Die Goldbüste des Kaisers Marc Aurel. Ich werde mich auch in Zukunft mit ihr beschäftigen, weil noch nicht alle Fragen beantwortet sind. Früher behauptete man, dass die Büste aus einem einzigen Goldblech angefertigt worden ist. Mittels Tomografie haben wir rausgefunden, dass das Stück zusammengesetzt ist. Obschon umstritten ist, ob die Büste Marc Aurel darstellt, glaube ich, dass er es ist. Die grosse Frage für mich ist, warum die Büste nicht aus einem Stück ist. Wenn es nicht ein zusammenhängendes Stück ist, heisst dies, dass eine solche Anfertigung zu schwierig ist oder dass die Büste beschädigt oder auf eine andere Art als angenommen gemacht wurde. Die Büste hat eine Frisur am Hinterkopf, die nicht zu Marc Aurel gehört, dieser Teil der Frisur ist älter.

Wovon können Sie sich nur schwer trennen?

Den wunderbaren Blick zum Cigognier-Heiligtum und zum Theater von meinem Bürostuhl aus werde ich vermissen. Auch der Gang in unser grosses Depot mit den gesammelten Fundstücken wird mir fehlen. Dort ist mir immer bewusst geworden, wie viel Wissen noch im Depot schlummert.

Welches war für Sie der wertvollste Fund, mit dem Sie gearbeitet haben?

1847 wurde ein Stück einer Orgel in Avenches entdeckt. Dieser Fund ist einer von insgesamt drei nachgewiesenen Funden im römischen Reich. Die Orgel spielten die Römer im Amphitheater, damit wurde zum Beispiel ein Gladiatorenkampf musikalisch untermalt. Man verwendete sie auch bei Zeremonien und selbst in der Armee. Die Orgel ist das erste Tasteninstrument der Menschheit und es liegen wohl noch weitere Orgelstücke irgendwo in unserem Depot.

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