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Im Kanton Freiburg sterben Menschen überdurchschnittlich häufig an Krebs

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Der Onkologe Daniel Betticher erklärt im FN-Interview, wieso im Kanton Freiburg mehr Menschen an Krebs erkranken als in der übrigen Schweiz, wieso Vorsorge wichtig ist und wie heute die Heilungschancen stehen.

Daniel Betticher, kürzlich schrieb die Zeitung «24 heures», dass in der Romandie mehr Menschen an Krebs erkranken als in der Deutschschweiz. Was sagen Sie dazu?

Das sind Zahlen, die den Unterschied zwischen Romand und Deutschschweizer widerspiegeln. Der Lebensstil verbunden mit Krebs-Risikofaktoren ist anders. Laut den Zahlen des Bundesamts für Statistik vom letzten Jahr ist es so, dass im Kanton Freiburg Krebs die Todesursache Nummer eins ist – noch vor den Herz- und Kreislauferkrankungen. In unserem Kanton sterben mehr Menschen an den Folgen einer Tumorerkrankung als im Schnitt in der übrigen Schweiz, nämlich 28,2 Prozent gegenüber 25,1 Prozent im Schweizer Schnitt.

Was sind die Gründe? Muss die medizinische Behandlung in Freiburg verbessert werden?

Nein. Die Krebsbehandlung ist im Kanton Freiburg wie überall in der Schweiz auf einem sehr hohen Niveau. Wir kennen die Gründe nicht, weshalb hier mehr Menschen an Krebs sterben als im Schweizer Schnitt. Es spielen sicherlich verschiedene Risikofaktoren eine Rolle. Die Umweltbelastung durch Herbizide und Pestizide, die genetische Prädisposition, der Lebensstil. Allerdings ist es sehr schwierig, diese Faktoren genau zu messen. Was wir anhand unseres Krebsregisters jedoch sehen konnten: Die Freiburger warten oftmals länger zu, bis sie zu ihrem Hausarzt gehen. Also länger als der Schweizer Schnitt. Und wird die Krankheit später erkannt, so sind die Chancen einer Heilung geringer.

Stichwort Risikofaktoren: Rauchen stellt immer noch das grösste Gesundheitsrisiko dar?

Ja, mit grossem Abstand. Wenn ab sofort jeder auf der Welt mit dem Rauchen aufhören würde, so gäbe es in Zukunft 20 bis 30 Prozent weniger Krebserkrankungen. Daneben sind Alkohol, Übergewicht und wenig Sport weitere Risikofaktoren. So ist langes Sitzen bezüglich Krebs ungesund. Studien weisen darauf hin: Je mehr Stunden jemand sitzt, desto mehr steigt dessen Risiko, an Krebs zu sterben. Dagegen ist Kaffeetrinken ein Schutzfaktor.

Kaffeetrinken schützt vor Krebs?

Eine 2022 publizierte Studie zeigt: Wer täglich eine Tasse Kaffee trinkt, der hat ein 20 Prozent tieferes Risiko, an Krebs zu sterben, als jemand, der keinen Kaffee trinkt. Wenn es täglich vier bis fünf Kaffeetassen sind, so sinkt das Risiko sogar um 35 Prozent.

Wieso schützt Kaffee?

Das Koffein scheint den Blutspiegel gewisser Zytokine zu beeinflussen. Also Substanzen, die eine Rolle bei der Entwicklung von Krebszellen spielen.

Erkranken heute mehr Menschen an Krebs als früher?

Das ist so. Wir haben einerseits zur Diagnosestellung bessere Geräte – etwa solche zum Schichtröntgen – als früher. Dann kommt es heute öfter vor, dass von Krebs geheilte Menschen wieder an einem anderen Krebs erkranken. Ich hatte Patienten, die nacheinander fünf verschiedene Krebserkrankungen entwickelten. Der Hauptgrund aber, dass es jetzt mehr Erkrankungen gibt als früher, ist der, dass Krebs eine Alterskrankheit ist. Je älter jemand wird, desto grösser die Wahrscheinlichkeit, dass er einen Krebs entwickelt. Und die Bevölkerung wird älter.

Deshalb starten die Präventionsprogramme auch mit 50 Jahren?

Mit 50 Jahren bekommt jede Freiburgerin und jeder Freiburger einen Brief der Krebsliga Freiburg mit einer Einladung zur Darmvorsorge und als Frau auch zur Mammografie. Die Vorsorgeuntersuchungen werden von der Krankenkasse bezahlt und fallen nicht unter die Franchise. Es bleibt der Selbstbehalt von 10 Prozent.

Gehen Sie selber auch zur Vorsorge?

Ich habe zwei Darmspiegelungen gemacht. Eine mit 50 und die nächste zehn Jahre später. Für diejenigen, die sich aber nicht einer Darmspiegelung unterziehen wollen, besteht die Möglichkeit einer Stuhluntersuchung auf Blut. Das kann man zu Hause machen. Auch diese Analyse wird von der Krebsliga Freiburg organisiert.

Was bringen diese Vorsorgeuntersuchungen?

Über 80 Prozent aller bösartigen Dickdarmtumore entwickeln sich aus anfangs harmlosen Polypen. Diese können bei einer Darmspiegelung gleich entfernt werden.

Durch eine flächendeckende Darmvorsorge könnte die Hälfte der Darmkrebstodesfälle verhindert werden.

Bei der Mammografie kann die Sterblichkeit um 20 Prozent gesenkt werden.

Gibt es bei der Mammografie aber nicht auch öfter Fehlalarme?

Vergleichen wir während zehn Jahren zwei Gruppen von je 1000 Frauen miteinander. Die eine Gruppe geht alle zwei Jahre zur Mammografie, die andere nicht. Von der Mammografie-Gruppe bekommen innerhalb dieser zehn Jahre 24 Frauen die Diagnose Brustkrebs. Weitere 200 Frauen müssen wegen eines verdächtigen Befundes weitere Abklärungen machen, in den allermeisten Fällen eine Ultraschalluntersuchung der Brust, was harmlos ist. Von den 24 erkrankten Frauen sterben vier an Brustkrebs. Bei der anderen Gruppe bekommen 20 Frauen die Diagnose Brustkrebs, wovon fünf daran sterben. Jeweils 32 Frauen der beiden Gruppen sterben an etwas anderem. Ganz genau genommen werden 1,6 von 1000 Frauen durch das Mammografie-Programm gerettet und sterben nicht an Brustkrebs. Wenn man das für den Kanton Freiburg ausrechnet, wären es acht Freiburgerinnen im Jahr, wenn alle Frauen im Alter von 50 bis 74 Jahren zur Mammografie gehen würden. Und auch wenn Brustkrebs diagnostiziert werden muss, sind die Folgebehandlungen weniger aufwendig.

Aktuell werden auch bei starken Rauchern Vorsorgeprogramme diskutiert…

Bei starken Rauchern würde es sich lohnen, eine Schichtröntgenuntersuchung durchzuführen. Studien in den USA und in Europa bei über 50’000 Rauchern haben gezeigt: Das Risiko, an Lungenkrebs zu sterben, würde um 20 Prozent abnehmen. Diese Vorsorgeprogramme sind in der Schweiz zurzeit in Entwicklung.

Sie haben 1984 Ihr Medizinstudium abgeschlossen. Wie hat sich seither die Onkologie entwickelt?

Damals war die gesamte Onkologie in so einem Büchlein dokumentiert (zeigt drei Finger dick). Heute wird es schwieriger, dass ein einzelner Arzt das gesamte Fachgebiet überblicken kann.

Wir verfügen heute über ein viel besseres Verständnis vom Krebs als früher. Jeder Krebs ist einzigartig.

Um dies zu berücksichtigen, haben sich in den letzten 15 Jahren die individualisierte Präzisionstherapie und die Immuntherapie entwickelt. Es entstehen ständig neue, wirkungsvolle Krebsmedikamente.

Was passiert, wenn ein neues, erfolgversprechendes Medikament in der Schweiz noch nicht zugelassen ist?

Die rasante Entwicklung der personalisierten Medizin erhöht die Anzahl der Behandlungsmöglichkeiten für Menschen mit Krebs. Einige dieser neuen Behandlungen wurden jedoch (noch) nicht von den Schweizer Behörden zugelassen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Arzneimittel für eine andere als die von den schweizerischen Behörden offiziell zugelassene Diagnose verschrieben wird. Diese Anwendungen im sogenannten «Off-Label-Use» fallen nicht unter die amtlichen Indikationen, und ihre Vergütung durch die Grundversicherung ist deshalb nicht gesichert. Die gleiche Situation ergibt sich, wenn ein Arzneimittel im Ausland, etwa den USA, auf dem Markt ist, aber in der Schweiz (noch) nicht zugelassen ist. Ein Arzt, der einen Patienten behandeln will, muss deshalb bei der Krankenkasse ein Gesuch für die Kostenübernahmen stellen. 2019 gab es in der Schweiz 40’000 solcher Anfragen. Dann beurteilt jede Krankenkasse individuell durch ihren Vertrauensarzt, ob der erwartete Nutzen in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten und den Risiken der Behandlung steht. Für die Krebsliga ist die Zugangsgerechtigkeit zu diesen Behandlungen für alle Patientinnen und Patienten ein sehr wichtiger Punkt. Unabhängig vom Wohnort oder der Krankenkasse. Dafür kämpfen wir, die Krebsliga.

Wie beurteilen Sie eigentlich alternative Behandlungsmethoden von Krebs?

Als Alternativmedizin gelten therapeutische Massnahmen, die mittels schulmedizinischer Instrumente wie klinischer Studien und Statistik nicht bewiesen sind, aktiv zu sein. Das bedeutet, wir haben keine Beweise, dass diese «neue» Therapie besser als der bis anhin verabreichte Standard ist. Das heisst aber noch lange nicht, dass sie unwirksam ist, nur, dass eine mögliche Superiorität bis anhin nicht gezeigt wurde. Das gilt beispielsweise für die meisten homöopathischen Therapien. Wenn mich Patienten fragen, ob sie noch zusätzlich eine alternativ-medizinische Therapie versuchen könnten, bin ich nicht dagegen, falls das Medikament zu keinen/wenigen Nebenwirkungen führt und die schulmedizinische Therapie dabei nicht gestört wird. Wenn ein Patient überzeugt ist, dass alternative Massnahmen ihm helfen werden, führen diese sicher zu einer psychischen Unterstützung, sie geben Hoffnung. Ob dabei aber auch die Krebserkrankung in Schranken gehalten wird, bleibt unklar, da sie nicht als Therapie bewiesen sind.

Zahlen und Fakten

Vier Krebsarten dominieren

Jedes Jahr erkranken in der Schweiz rund 45’000 Menschen an Krebs; etwa 17’000 sterben daran. Hinter den Herz- und Kreislauferkrankungen bleibt Krebs damit die zweithäufigste Todesursache in der Schweiz. In der Westschweiz und im Tessin sind Krebserkrankungen häufiger als in der Deutschschweiz. Mit jährlich rund 6500 Neuerkrankungen ist Brustkrebs die häufigste Krebsart bei Frauen, gefolgt von Dickdarm- und Lungenkrebs. Bei den Männern ist es mit jährlich 7100 Neudiagnosen der Prostatakrebs. Dann folgen Lungen- und Dickdarmkrebs. Im Vergleich mit anderen westeuropäischen Ländern hat die Schweiz bei Männern die zweitniedrigste, bei Frauen die niedrigste Sterberate. Die Krebsliga geht davon aus, dass schweizweit aktuell rund 400‘000 sogenannte «Cancer Survivors» leben. Also Menschen, die eine Tumorerkrankung überwunden haben.

Wie sieht es mit den Heilungschancen aus? Werden die meisten Krebsarten einmal geheilt?

Das Wort «Heilung» habe ich nicht gern. Ich spreche lieber von Remission, dem Zurückschreiten der Krebserkrankung. Heilen heisst ja, den Krebs endgültig, vollständig zu vernichten, was in frühen Stadien durchaus möglich ist. Es gibt aber auch Situationen, da können wir nicht heilen und doch ermöglichen zu leben. Hat ein Krebs schon Fernableger, so ist eine Heilung selten möglich, es gibt Ausnahmen wie zum Beispiel Hodenkrebs oder Lebermetastasen beim Dickdarmkrebs. Heilung ist in 60 Prozent der Fälle möglich. Bei vielen Patienten wissen wir aber schon bei Diagnosestellung, dass eine solche Heilung nicht möglich ist. Unser Ziel ist dann, das Leben zu verlängern – bei guter Lebensqualität. Ich sage dem: gesund mit dem Krebs leben. Der Patient spürt nichts mehr von seinem Krebs, das Medikament wird gut vertragen, und das Tumorwachstum ist blockiert. Dieses Ziel können wir heute oft erreichen.

Und wie lange dauert dieses «Gesund mit dem Krebs leben»?

Die individuelle Prognose ist abhängig vom Verlauf. Jeder Krebs ist einzigartig. Bei den einen Patienten dauert es leider nur wenige Wochen, andere sind jahrelang stabil. Das Ansprechen auf die Therapie, der Verlauf der Krankheit unter den modernen Behandlungen geben wirklich Hoffnung, was für das Tragen der Krankheit unerlässlich ist. Menschen können heute mit einem Krebs jahrelang gut leben.

Daniel Betticher ist Onkologe und steht heute der Freiburger Krebsliga vor.
Aldo Ellena

Zur Person

Langjähriger Chefarzt am HFR

Der Onkologe Daniel Betticher ist Präsident der Freiburger Krebsliga. Der in Freiburg aufgewachsene gebürtige Sensler (Wünnewil-Flamatt) war von 2005 bis 2021 Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Freiburger Spital (HFR). Heute ist der 64-Jährige Präsident der Schweizerischen Akademie für multidisziplinäre Onkologie und Mitglied des Institutsrats von Swissmedic. 

Kommentar (1)

  • 24.02.2023-Roland Wyler

    Ich habe 2005 mein Trinkwasser an meinem Wohnort auf Pestizide analysieren lassen. Für verschiedene Substanzen wurde der Grenzwert überschritten. Seit 2005 verwende ich ausschliesslich Mineralwasser für Kaffee, Tee, Suppen usw. Ich trinke kein Trinkwasser in Greng. In meiner unmittelbaren Nachbarschaft starben zwei gleichaltrige an Krebs. Zudem erschoss sich ein Dritter gleichaltriger wegen unerträglicher Krebsschmerzen. Zwei Männer meiner Nachbarschaft litten ebenfalls an Krebs und wurden med. geheilt. Meine vor zehn Jahren gestellte Frage an die Gemeindebehörde wegen überhöhter Chlorothalonilwerten im Trinkwasser von Greng wird im jährlichen Trinkwasserbulletin jeweils mit in Ordnung beantwortet. Ein Chlorothalonilwert wird nicht gemessen bzw. kommentiert. Ich habe die Problematik verschiedentlich angesprochen. Der Behörde scheint das Thema keine Priorität zu haben. Aus Unwissen, Unkenntnis oder Inkompetenz, ich weiss es nicht. Deshalb konsumiere ich weiter kein Chlorothalonil Trinkwasser in Greng und empfehle den Einwohnern von Greng vorsichtig zu sein. Ich bin Lebensmittel Ing. ETH und deshalb vielleicht etwas vorsichtiger mit dem Konsum von pestizidhaltigem Trinkwasser. Würde man die krebstoten und krebskranken Menschen in Greng in statistische Relevanz mit Chlorothalonil im Trinkwasser setzen, ergäbe sich Signifikanz.

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