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Im Notfall eingreifen: So ist es möglich

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Belästigung im öffentlichen Raum ist keine Seltenheit. Der Verein Mille Sept Sans sensibilisiert die Bevölkerung darauf und bietet Workshops zum Thema Zivilcourage an. Die FN haben nachgefragt, wie Zivilcourage geht. 

Hinterherpfeifen, unangenehme Bemerkungen, sexistische Kommentare, rassistische Beleidigungen, auf der Strasse verfolgt werden und ungewollte Berührungen – zu viele Menschen haben so etwas schon erlebt. Ungefragt und ungewollt. Auch in Freiburg.

«Belästigungen sind verbale und nonverbale Handlungen, die unerwünscht und nicht einvernehmlich sind», sagt Nadine Aebischer vom Freiburger Verein Mille Sept Sans gegen sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum. Gesten, Worte, Blicke, Geräusche und Berührungen – das alles gehört dazu. «Es muss nicht zwingend mehrmals geschehen, um als Belästigung zu gelten. Einmal zählt bereits», erklärt sie. Wenn die betroffene Person das nicht möchte, dann ist es Belästigung, und es gebe keinen Grund, anders zu argumentieren. «Solche Handlungen setzen die Betroffenen auch herab. Sie werden als Objekte behandelt und betrachtet.» Belästigungen jeglicher Art wirken sich zudem auf die Psyche der Betroffenen aus. «Posttraumatischer Stress und Angstzustände können daraus entstehen», sagt Aebischer. Es könne aber auch soziale und finanzielle Folgen haben. «Es kann sein, dass man sich nach einem Erlebnis nicht mehr traut, zu Fuss nach Hause zu gehen, und nur noch das Taxi nimmt», erklärt Aebischer. Vielen sei dies nicht bewusst. 

«Belästigungen sind verbale und nonverbale Handlungen, die unerwünscht und nicht einvernehmlich sind», sagt Nadine Aebischer vom Freiburger Verein Mille Sept Sans.
Symbildbild Charly Rappo 

Präventionsarbeit durch Workshops

Der Freiburger Verein Mille Sept Sans macht seit seiner Gründung im Jahr 2015 auf solche Verhältnisse in der Stadt Freiburg aufmerksam und sensibilisiert die Bevölkerung. Seit einigen Jahren bietet er unter anderem Workshops zum Thema Zivilcourage an. «Die Workshops sind ein Instrument der Präventionsarbeit», sagt Aebischer. Mille Sept Sans arbeitet dabei mit verschiedenen Vereinen und Organisationen in Freiburg zusammen. Diesen Herbst führt Mille Sept Sans die Workshops im Rahmen der Sensibilisierungskampagne der Stadt Freiburg für die Bekämpfung von Belästigung im öffentlichen Raum durch (siehe Kasten). «Für uns ist das eine grosse Chance, denn so erreichen wir ein ganz anderes Publikum.» Die Nachfrage ist gross, denn alle drei Workshops seien fast ausgebucht, so Aebischer. Ein zusätzliches Datum stehe bereits fest. 

Kein richtig oder falsch

Für den Verein sei es wichtig, mit den Workshops die Menschen für das Thema Belästigung zu sensibilisieren und ihnen Werkzeuge und Möglichkeiten zu geben, wie sie als Zeugen reagieren können. «Es gibt keinen richtigen Weg, wenn es um Zivilcourage geht», sagt Aebischer.

Wenn man Zeuge von Belästigung im öffentlichen Raum wird, dann reagiert jede Person anders, und das ist situationsabhängig.

Gründe für Nichthandeln

Der Workshop stützt sich zum Teil auf die Forschungen der US-amerikanischen Psychologen John M. Darley und Bibb Latané. Sie haben untersucht, weshalb Menschen nicht eingreifen, wenn sie Zeuge von Belästigung werden, und bestimmte Ursachen identifiziert.

Je mehr Personen bei einem Vorfall von Belästigung anwesend sind, desto eher denken Menschen, dass jemand anders eingreifen wird. «Und dann reagieren sie selbst nicht.» Die Angst, falsch zu reagieren oder sich zu blamieren sowie die Notfallsituation falsch einzuschätzen, seien auch Gründe, weshalb Menschen nicht eingreifen würden. 

Sicherheit

Jede Tat melden

«Die Kantonspolizei Freiburg nimmt die Problematik der Belästigung auf der Strasse sehr Ernst und geht den gemeldeten Vorfällen nach», schreibt Martial Pugin, Kommunikationschef der Kantonspolizei, auf Anfrage der FN. «Wenn eine Person diskriminiert oder belästigt wird, kann sie sich bei einer Polizeidienststelle melden oder je nach Situation über die Nummer 117 unsere Dienste in Anspruch nehmen.» Jedes Verhalten, das als Belästigung im öffentlichen Raum gelte, kann gemeldet werden. Jede Meldung ermögliche es der Polizei, festzustellen, ob sich in einem Stadtviertel ein Verhaltensmuster herausbildet, das zu einem erhöhten Unsicherheitsgefühl bei der Bevölkerung führen würde.

Nicht alle Situationen stellen jedoch eine Straftat dar. So können Opfer Anzeige im Sinne des Strafgesetzbuches gegen Beleidigung oder Diskriminierung, Drohungen, Nötigung, Tätlichkeiten oder Körperverletzung und Verletzung von Sitte erstatten. «Je nach den Umständen oder dem Nachweis einer Straftat kann eine Strafanzeige erstattet werden, was in den meisten Fällen möglich ist. Im Zweifelsfall kann die Justizbehörde entscheiden, ob eine Straftat vorliegt oder nicht.» Bei rund drei Viertel aller Fälle der Belästigung im öffentlichen Raum, die der Polizei gemeldet werden, handle es sich um Sittenwidrigkeiten. Die Kantonspolizei erfasst Fälle bezüglich Belästigung im öffentlichen Raum seit 2020. «Seit Beginn der Erfassung der Fälle stellen wir eine Stabilisierung des Phänomens fest.» Die von der Polizei identifizierten mutmasslichen Täter seien überwiegend Männer im Alter zwischen 35 und 40 Jahren. 

«Unsere Polizistinnen und Polizisten achten bei ihren Patrouillen auf Belästigungen auf der Strasse. Die Polizeipräsenz hat auch eine präventive und abschreckende Wirkung», so Pugin. «Wir möchten noch einmal alle Opfer oder Zeugen einer solchen Situation ermutigen, sich an unsere Dienste zu wenden.» km

Belästigung im öffentlichen Raum.
Webseite Kantonspolizei Freiburg

Fünf Möglichkeiten

«Anhand dieser Gründe haben wir versucht, einen Leitfaden zu definieren», so Aebischer. Dieser stützt sich auf fünf Möglichkeiten, um eingreifen zu können, die je nach Situation angewendet werden können. «Es gibt Instrumente und Möglichkeiten, die zeigen, wie man als Zeuge reagieren kann, aber man muss immer aufpassen, nicht selbst in eine Gefahrensituation zu geraten», sagt Aebischer. 

Man muss ausserdem nicht jeden Tag ein Superhero sein und seine eigenen Grenzen respektieren.

Die erste Möglichkeit ist Ablenken – indirektes Handeln. «Beobachterinnen und Beobachter können beispielsweise versuchen, das Gespräch zu unterbrechen, indem sie nach der Uhrzeit oder dem Weg fragen oder mit ihrem Rucksack irgendwie dazwischengehen und so einen natürlichen Abstand kreieren», erklärt Aebischer; die Situation also auf eine Art unterbrechen und so die Aufmerksamkeit ablenken. 

Zweitens können Personen, die etwas beobachten, externe Hilfe holen. Sei es bei anderen Zeugen oder bei Polizistinnen und Securityangestellten. Die dritte Möglichkeit: «Wir empfehlen, die Situation zu dokumentieren. Sich irgendwo Notizen machen und alles festzuhalten, was helfen kann, die Person später zu identifizieren», sagt Aebischer.

Helfen können Zeugen auch, wenn sie anschliessend das Gespräch mit der belästigten Person suchen. Das ist die vierte Option.

Manchmal geht alles sehr schnell, oder man hat nicht den Mut gehabt, einzugreifen.

Durch ein Gespräch mit der betroffenen Person würden die Zeugen ein Zeichen setzen und zeigen, dass das, was gerade geschehen ist, nicht in Ordnung ist. Als fünfte Möglichkeit können Zeugen direkt eingreifen. Die Belästigung beim Namen nennt, die Person zur Rede stellt und auffordern, damit aufzuhören. «Dabei sollte man vermeiden, dieser Person Fragen zu stellen, um nicht in ein Gespräch verwickelt zu werden, und vor allem versuchen, ruhig zu bleiben», sagt Aebischer. Auch sollte die Person gesiezt werden, um einen respektvollen Abstand herzustellen. Hier sei Vorsicht geboten.

«Es braucht Mut»

«Ein wichtiger Aspekt ist, dass die Menschen zuallererst wissen, was sie für Möglichkeiten haben, um in solchen Momenten zu reagieren», sagt sie. In den Workshops, die der Verein anbietet, werden deshalb verschiedene fiktive Szenen nachgespielt: «Wir schaffen einen sicheren Raum, wo die Teilnehmenden die gelernten Interventionswerkzeuge anwenden können.» Die Teilnehmenden sollen sich damit vertraut machen und die Angst verlieren. «In realen Situationen einzugreifen, braucht nämlich Mut. Das ist nicht einfach», sagt Aebischer. 

Je mehr Sensibilisierung es diesbezüglich gibt, desto mehr Verbündete haben wir auf den Strassen.

Politik

Studie zu Belästigung im öffentlichen Raum

Ein parteiübergreifendes Postulat des Freiburger Generalrats im Jahr 2017 verlangte, dass der Gemeinderat der Stadt Freiburg Belästigung im öffentlichen Raum in Freiburg untersucht und Massnahmen zur Bekämpfung vorschlägt. Eine der sieben Massnahmen, die der Staatsrat ergriffen hat (nebst der Sensibilisierungskampagne), war eine im Jahr 2019 durchgeführte Studie der Hochschule für Soziale Arbeit. 4200 Personen, haben bei der Umfrage teilgenommen (die FN berichteten). Die Ergebnisse: Vier von fünf Personen haben dabei angegeben, schon mal eine Form von Belästigung im öffentlichen Raum erlebt zu haben. Vor allem Frauen und LGBTIQ+-Menschen waren davon betroffen. Am häufigsten traten solche Handlungen am Abend auf. 75 Prozent aller Umfrageteilnehmenden haben damals angegeben, dass es Zeugen gegeben hat, als sie belästigt worden seien, die jedoch nicht eingegriffen haben. Die Mehrheit der Befragten, die schon mal Zeuge von Belästigung im öffentlichen Raum wurden, haben angegeben, nicht richtig gewusst zu haben, wie zu reagieren. 

Nur die Spitze des Eisbergs

«Diese Studie hat gezeigt, dass Belästigung im öffentlichen Raum durchaus ein Thema ist und viele nicht wissen, wie sie darauf reagieren sollen», sagt Nadine Aebischer vom Verein Mille Sept Sans. Der Workshop des Vereins zum Thema Zivilcourage gebe Antworten darauf. «Wir geben solche Workshops auch, weil Belästigung im öffentlichen Raum nur die Spitze des Eisbergs ist.» Dort nehme Sexismus seine materielle Form an. «Darunter befindet sich ein System von Diskriminierung, Hierarchisierung und Konditionierung in unserer Gesellschaft.» Für den Verein sei es wichtig, gegen dieses System zu intervenieren und es ändern. Zivilcourage sei eine Möglichkeit, dies zu tun. «In der Stadt Freiburg wurden diesbezüglich viele Fortschritte gemacht. Die Problematik wird Ernst genommen, und ich hoffe, dass die Massnahmen wirken», sagt Aebischer. Auf der ganzen Welt gebe es jedoch in vielen Bereichen Rückschritte in Bezug auf Frauenrechte. «Sie werden vielerorts angegriffen, mit verschiedenen Gesetzen.» In solchen Situationen sei die Arbeit von Vereinen wie Mille Sept Sans sehr wichtig. «Wir dürfen uns auf den Erfolgen der Frauenrechtsbewegung nicht ausruhen. Wir müssen stets weiterkämpfen, damit es keine Rückschritte gibt.» km 

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