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Jugendamt streikt mindestens bis Mittwochabend

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Ein Grossteil der Kinderschutzfachkräfte des Jugendamts trat am Montagmorgen in den Streik. Die Streikenden verlangen vom Staatsrat mehr als die acht zusätzlichen Stellen, die für nächstes Jahr vorgesehen sind.

Psychische Misshandlungen im familiären Umfeld, häusliche Gewalt, Vernachlässigung oder Eltern, die mit eigenen Problemen zu kämpfen haben: Die Gründe, warum das Jugendamt aktiv wird, sind sehr unterschiedlich. Am Montagmorgen kümmerten sich 36 von 57 Kinderschutzfachkräften des Kantons Freiburg jedoch nicht um das Wohlergehen der Kinder und Jugendlichen, sondern versammelten sich zum Streik. Sie kämen wegen Zeitmangels regelmässig an ihre Grenzen und könnten so den Bedürfnissen der Schutzbedürftigen nicht gerecht werden, klang es aus der Runde.

Vier Jahre gekämpft

Dass das Freiburger Jugendamt sich über mangelnde Ressourcen beschwert, ist nicht neu. Schon 2019 gründete sich eine Gewerkschaftsgruppe und wies Politik und Medien auf die «untragbare Situation» hin (die FN berichteten). Letzte Woche gab die Gruppe bekannt, dass das Jugendamt als «letztes Mittel» in den Streik tritt (die FN berichteten). Eine Premiere für den Kanton, wie der verantwortliche Staatsrat Philippe Demierre (SVP), der eine Einladung zu einem Gespräch am Montag ausschlug, feststellt.

Die Dauer des Streiks setzten die Anwesenden an der morgendlichen Versammlung in den Büroräumlichkeiten des Jugendamts auf mindestens drei Tage fest. Bis zum Mittwochabend sind die Staatsangestellten also anwesend, arbeiten aber nicht und verzichten auf ihren Lohn.

Franziska Bächler und Michael Aeberhard sind zwei der Streikenden. Beide betonten, ihren Job als Fachperson im Kinderschutz aus Überzeugung zu machen. Bächler erklärt:

Irgendwann ist es allerdings nicht mehr vertretbar, so zu arbeiten.

Sie sei vor allem frustriert darüber, dass sie nur notfallmässig reagieren könne und für Prävention keine Ressourcen verfügbar seien. «Die ersten Lebensjahre sind zentral für die Entwicklung eines Kindes», betonte sie. Wer zum Beispiel als Kind misshandelt werde, zeige später oft ähnliche Verhaltensweisen. Betroffene absolvieren oft keine Ausbildung, es komme zu Suchtverhalten und Abhängigkeit von Sozialdiensten. «Das Geld, das man heute für Prävention in die Hand nimmt, kann man später sparen», versichert sie.

Nicht nur Jugendamt überlastet

Die Leidtragenden seien aktuell vor allem schutzbedürftige Kinder im Vorschulalter, die sich nicht selbst verteidigen und auf sich aufmerksam machen können. Das Problem liege allerdings nicht nur beim Jugendamt, sagt Bächler:

Wir sehen, dass das ganze System komplett überlastet ist.

Wenn sie nach einer ersten Bedarfsabklärung mit einer Familie weiterführende Massnahmen wie eine ambulante Familienbegleitung, eine psychologische Unterstützung, eine Platzierung in einer Pflegefamilie, einem Heim oder einer Wohngruppe einleiten möchte, landen die Betroffenen meistens auf monatelangen Wartelisten. «Solange die Massnahmen nicht greifen, sind wir die einzige Ansprechperson.» Das führe zu zusätzlicher Belastung.

Dabei sei die Arbeit im Jugendamt so schon schwierig genug, wie Michael Aeberhard ergänzt: «Wir sehen manchmal schwierige Lebensumstände, die emotional auch für uns belastend sein können.» Man wolle nicht einen einfachen Job, sondern schlicht bewältigbare Fallzahlen.

Um die Fachpersonen im Kinderschutz zu entlasten, hat der Staatsrat für das nächste Jahr acht neue Vollzeitstellen für den Kinder- und Jugendschutz vorgesehen. Den von der Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz festgelegten Normen von 50 bis 60 Dossiers pro Kinderschutzfachkraft werde er damit aber nicht gerecht, kritisiert Aeberhard, der beistandschaftliche Mandate betreut. Er selbst sei ständig am triagieren. «Damit kann ich beispielsweise Entscheide vom Friedensgericht manchmal nur teilweise umsetzen.» Der Staatsrat nehme seine gesetzlich verankerte Verantwortung im Jugendschutz nicht genügend wahr.

Staatsrat widerspricht

Damit ist der verantwortliche Staatsrat Philippe Demierre nicht einverstanden. Der Streik sei zwar nicht rechtswidrig, der Staatsrat bedaure ihn jedoch sehr, liess er in einer Mitteilung verlauten. «Die Freiburger Bevölkerung wächst stark», präzisierte Demierre auf Anfrage. Deshalb müssten regelmässig neue Stellen geschaffen werden. Die Mittel verteile der Staatsrat gerecht zwischen den verschiedenen Bereichen. «Dabei muss er ein Budget und eine Schuldengrenze berücksichtigen.» Beim Jugendamt habe der Staatsrat die maximal mögliche Zahl an Stellen gesprochen.

Eine Obergrenze bei der Anzahl Dossiers pro Kinderschutzfachkraft festzulegen, schliesst er aus: «Die Komplexität der Dossiers ist unterschiedlich und verändert sich.» Der Staatsrat sieht den Ball jetzt beim Grossen Rat, der diese Woche über das Budget diskutiert. Begrüsst werden die Mitglieder des Kantonsparlaments am Dienstagnachmittag voraussichtlich vom streikenden Personal des Jugendamts: Es plant dann eine Kundgebung vor dem Rathaus.

Reaktion

Der Grosse Rat bespricht diese Woche das Budget 2024. Die SP werde sich dort für die Anliegen der Streikenden einsetzen, gab die Partei in einer Mitteilung bekannt. «Die im Budget 2024 vorgesehenen Mittel erlauben es dem Personal absolut nicht, ihre Arbeit angemessen auszuführen», heisst es in der Mitteilung. Deshalb schliesse sich die SP den Forderungen nach mehr Vollzeitstellen an.

Das Jugendamt habe mit dem Staatsrat eine zufriedenstellende Vereinbarung getroffen, die eine Höchstzahl der Dossiers pro Betreuerin oder Betreuer vorsah. Diese habe die Regierung «auf unverständliche und inakzeptable Weise» gebrochen, kritisiert die SP. Der Staatsrat müsse nun seine Verantwortung wahrnehmen und genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, damit schutzbedürftige Kinder angemessen betreut werden können. mes

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