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Alain Berset blickt zurück: «Politik ist nicht mein einziger Lebensinhalt»

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Zwölf Jahre lang war Alain Berset Bundesrat. Nun verlässt er die Landesregierung. Im Interview spricht der Freiburger über Veränderungen in der Politik, die Korrektur von Entscheidungen und über Musik. 

Am Mittwoch wird die Vereinigte Bundesversammlung die Nachfolgerin oder den Nachfolger des SP- Bundesrats Alain Berset wählen. Doch bevor es so weit ist, blickt der Freiburger auf seine Zeit in der Landesregierung zurück. Er hat sein Amt während zwölf Jahren ausgeübt. Das Ereignis, das den heute 51-Jährigen in dieser Zeit am stärksten geprägt hat, war die Corona-Pandemie. Gleich mehrmals erwähnt er diese Zeit im Gespräch mit den FN.

Alain Berset, nach zwölf Jahren verlassen Sie nun die Landesregierung. Was nehmen Sie persönlich aus Ihrer Zeit im Bundesrat mit?

Ich nehme eine reichhaltige Erfahrung mit. Ich blicke nicht nur auf die drei Amtsperioden als Bundesrat zurück, sondern auf 20 Jahre in der Bundespolitik, in denen viel passiert ist. Zuerst waren es eher ruhige Zeiten im Vergleich zur Covid-Krise: Das war sehr intensiv. Während dieser Zeit im Zentrum der Entscheidungsfindung zu stehen, war eine ganz spezielle Erfahrung. Das liegt nun hinter uns, und das ist gut.

Welche Veränderungen haben Sie in der Politik während Ihrer Amtszeit festgestellt?

Alles läuft schneller seit der Entwicklung der sozialen Medien und der neuen Kommunikationsmittel. Ich habe den Eindruck, dass weniger Zeit da ist, um nachzudenken oder um ein Thema zu vertiefen. Es ist, als ob sich die Zeit verkürzt hätte. Für die Arbeit im Bundesrat bringt das Nachteile. Denn wir müssen Diskussionen führen und Entscheidungen treffen, die nicht nur für heute gültig sind. Sie sollen auch noch in einem Jahr oder in zehn Jahren Gültigkeit haben. Die Schwierigkeit für eine Regierung ist es, die grossen Linien zu identifizieren und entlang dieser Linien zu arbeiten. Eine Regierung hat die Aufgabe, den Weg für das Land aufzuzeigen.

Es ist immer weniger Zeit da, um nachzudenken oder um ein Thema zu vertiefen, meint Bundesrat Alain Berset.
Aldo Ellena

Hat das Bundesratsamt Sie persönlich verändert?

Sicher, auch wenn die Politik nicht mein einziger Lebensinhalt ist. Ich habe auch einen Freundeskreis ausserhalb der Politik. Und auch Interessen wie die Musik und die Kultur sind nicht direkt mit dem Amt verbunden. Meine Wurzeln wurden von der Politik nicht beeinflusst.

Sie haben die Corona-Pandemie bereits erwähnt. War es dieses Thema oder gab es ein anderes Geschäft oder eine politische Debatte, die Ihnen schlaflose Nächte bereitete?

Schlaflose Nächte hatte ich nicht so viele. Es gab sehr grosse Projekte, die sehr viel Zeit erforderten: zum Beispiel die Reformen der Altersvorsorge. Dabei konnten wir im Bundesrat allerdings das Tempo bestimmen, und der Ablauf war planbar. Mit der Corona-Pandemie kam plötzlich ein brutaler Zeitdruck. Wir konnten die Geschwindigkeit nicht mehr steuern. Die Entwicklung der Pandemie bestimmte das Tempo. Das schaffte eine völlig andere Situation. Das erste Covid-Jahr war sicherlich die schwierigste Zeit.

Alain Berset gab regelmässig die Entscheidungen des Bundesrats zur Bewältigung der Corona-Pandemie bekannt.
Archivbild Keystone

Gibt es eine Entscheidung, die Sie heute anders treffen würden?

Wahrscheinlich sind es etliche Entscheidungen – mit dem Wissen von heute. Wir müssen aber Entscheidungen immer im Kontext der Situation beurteilen, in der wir sie fällen: Also auf der Basis der Informationen, die damals vorlagen und der Debatte, die damals geführt wurde. Die Debatte ist heute eine andere als vor zehn oder fünf Jahren. Sicher haben wir auch Fehler gemacht. Aber Fehler kann nur jemand machen, der Entscheidungen trifft. Es wäre unwürdig und falsch für eine Verwaltung oder für die politische Arbeit, nichts zu tun, um keine Fehler zu machen. Wichtig ist, dass man anschliessend erkennt, ob eine Korrektur notwendig ist. Wenn es etwas zu korrigieren gab, haben wir das im Bundesrat getan.

Welche persönliche Fähigkeit oder Eigenschaft hat Ihnen am meisten geholfen bei der Arbeit im Bundesrat?

Gute Frage. Eine gewisse Ruhe vielleicht. Man kann das nicht vorher wissen, sondern erst, wenn es so weit ist. Ich habe bei mir festgestellt – vor allem während Covid, aber auch schon vorher: Je ernster die Situation wird, desto ruhiger bin ich beim Treffen von Entscheidungen. Hätte sich meine Anspannung verstärkt, je ernster die Lage war, dann hätte ich die Covid-Zeit wahrscheinlich nicht so gut überstanden. Ein Beispiel ist der 12. März 2020, das war ein Donnerstag. Genau in dem Raum, in dem wir uns befinden, bereiteten wir die Entscheidungen vor für die Teilschliessung von Restaurants, Läden und Schulen. Ich kann mich noch sehr gut an diesen Moment erinnern. Vom Spätnachmittag bis in die Nacht sassen wir zusammen. Die Lage war ernst, und wir waren absolut ruhig und konzentriert.

Im Gespräch mit den FN blickt Alain Berset auf seine zwölf Jahre im Bundesrat zurück.
Aldo Ellena

Ihre Zeit im Bundesrat hat Sie auch ins Ausland geführt. Als Bundespräsident 2018 und 2023 unternahmen Sie etliche Auslandsbesuche.

Die Schweiz ist sehr präsent im Ausland, und das ist auch gut so. Wir sind ein Land mit einer offenen Wirtschaft, aber nicht Mitglied der EU und auch nicht von verschiedenen weiteren Organisationen. Daher ist es wichtig, dass wir unsere bilateralen Kontakte pflegen. Es geht hier um die Interessen unseres Landes.

Welches Land oder welcher Ort hat Sie auf Ihren Reisen am meisten beeindruckt?

Ich denke da an die Besuche, bei denen ich die Folgen von Konflikten für die Bevölkerung sehr direkt sehen und spüren konnte. Zum Beispiel in einem Lager von vertriebenen Personen im Ostkongo, im Bezirk Cox’s Bazar in Bangladesch, wohin viele Rohingya geflüchtet sind, oder im Flüchtlingslager Kakuma im Norden Kenias. Diese Reisen haben mich beeindruckt. Ich konnte dort Personen treffen, die sich nichts anderes wünschen, als in Frieden zu leben. Wegen Konflikten, Unruhen oder Gewalt mussten sie jedoch ihre Heimat verlassen. In diesen schwierigen Situationen beweisen diese Leute grossen Mut. Viele von ihnen sind mit Kindern unterwegs. Die Hälfte der Personen in Flüchtlingslagern waren Kinder und Jugendliche. Wenn man diese Lager sieht, weiss man, warum es wichtig ist, sich für eine gerechte Welt und eine Welt in Frieden zu engagieren.

In seiner Funktion als Bundespräsident unternahm Alain Berset etliche Reisen ins Ausland. In New York nahm er 2018 an der 73. Sitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen teil.
Archivbild Keystone

Wir haben jetzt vor allem über die Vergangenheit gesprochen. Sprechen wir auch über das Jetzt: Welche politischen Herausforderungen sind aus Ihrer Sicht derzeit die drängendsten?

Ich stelle fest, dass wir in unserer modernen Gesellschaft zunehmend die Tendenz haben, in Null und Eins zu denken, also in richtig oder falsch. Es gibt nichts dazwischen. Das funktioniert bei der Programmierung eines Computers, aber es passt nicht zur Komplexität unserer Welt. Es gibt so viele persönliche Situationen, wie es Menschen gibt. Die Kohäsion unserer Gesellschaft ist gefährdet, wenn sich nur noch in sich geschlossene Gruppen gegenüberstehen. Dann fehlt die kreative Debatte, die zentral ist für die direkte Demokratie. Dem kann man entgegentreten, indem man die direkten Kontakte pflegt und sich austauscht mit Leuten, die eine andere Meinung haben. Die zweite grosse Herausforderung ist der Kampf gegen die wachsende Ungleichheit in der Gesellschaft. Diese ist auch eine Folge der Krisen wie Covid, dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine oder der Klimakrise. Krisen vergrössern die Ungleichheiten zwischen den Menschen. Das wirkt sich wiederum negativ auf die Kohäsion der Gesellschaft aus.

Im Sommer dieses Jahres wählte Alain Berset Murten als eine Zwischenstation der Bundesratsreise.
Archivbild Jean-Baptiste Morel

Während zwölf Jahren waren Sie verantwortlich für das Innendepartement. Wenn Sie frei hätten wählen können, welches Departement hätten Sie gerne ebenfalls geführt?

Kein anderes als das Innendepartement.

Also das Departement, dem Sie bereits vorstehen.

Dass man mir dieses Departement anvertraut hat, war eine grosse Verantwortung und grosse Ehre. Die Themen des Innendepartements betreffen die Bevölkerung ganz direkt: sei es beim Zugang zur Gesundheit oder bei der Qualität der Gesundheitsversorgung, sei es bei den Renten oder beim Zugang zur Kultur. Auch Services wie die Pollenvorhersagen und die Unwetterwarnungen von Meteo Schweiz sind gute Beispiele. Ich könnte noch weitere Beispiele aufzählen. Für mich war das Innendepartement der beste Ort.

Als Bundesrat führte Alain Berset das Innendepartement. Dies sei eine Ehre gewesen, weil die Themen dieses Departements die Bevölkerung ganz direkt betreffen.
Archivbild Keystone

Mit 51 Jahren sind Sie das jüngste Mitglied des Bundesrats. Es ist klar zu früh, die Frage nach einer Rente zu stellen, deshalb die Frage: Welche neuen Aufgaben oder Projekte haben Sie im Blick?

Was nach meiner Zeit im Bundesrat kommt, weiss ich noch nicht. Für mich ist klar, dass ich mich bis zum Schluss mit voller Kraft für dieses Amt einsetze. Danach sehen wir weiter. Mein Leben vor dem Bundesrat war ziemlich stark von der Kultur geprägt, und das wird es sicher bleiben.

Sie haben die Kultur angesprochen. Es ist bekannt, dass Sie gerne Klavier spielen. Bringt Musik Ihnen Entspannung?

Musik ist seit langem ein Teil meines Lebens. Als ich ganz jung war, sang ich im Freiburger Kinderchor Les Marmousets. Im Konservatorium habe ich Klavier gelernt. Die Musik hat mir sehr geholfen in meiner Zeit als Bundesrat. Denn sie ermöglicht mir Entspannung und Kreativität. Über Musik kann ich mich ausdrücken, und in der Musik kann ich improvisieren. Während der Pandemie habe ich oft mitten in der Nacht gespielt, um auf andere Gedanken zu kommen.

Alain Berset am Klavier im Nouveau Monde in Freiburg.
Archivbild Charly Rappo

Sie haben ein weiteres Hobby: das Fliegen. Sie verfügen über eine Pilotenlizenz. Was fasziniert Sie daran?

Es hat mich immer fasziniert, Neues zu lernen und neue Welten zu entdecken, in denen ich keine Vorkenntnisse hatte. Das habe ich mein ganzes Leben lang gemacht, und das ist auch beim Fliegen der Fall.

Zur Person

Erst Verfassungsrat, dann Ständerat und schliesslich Bundesrat

Seit 2012 ist Alain Berset Bundesrat und Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern. Die Vereinigte Bundesversammlung hatte ihn im Dezember 2011 im zweiten Wahlgang mit 126 Stimmen in die Regierung gewählt.

Nach seiner Wahl in den Bundesrat wurde Alain Berset 2011 feierlich in Freiburg empfangen.
Archivbild Charles Ellena

Der 1972 in Freiburg geborene Berset studierte an der Universität Neuenburg Politik- und Wirtschaftswissenschaften. 2005 doktorierte er in diesem Bereich. Er arbeitete als strategischer Berater im Volkswirtschaftsdepartement des Kantons Neuenburg, ehe er sich selbstständig machte als unabhängiger Strategie- und Kommunikationsberater.

FDP-Ständerat verdrängt

Politisch engagierte er sich in Freiburg im Verfassungsrat. 2003 wurde er mit rund 28’000 Stimmen in die kleine Kammer gewählt. Der bisherige FDP-Ständerat Jean-Claude Cornu unterlag ihm mit einem Abstand von rund 5000 Stimmen. Während seiner Zeit im Ständerat war Berset Mitglied der Finanzkommission, der Kommission für Wirtschaft und Abgaben, der Rechtskommission und der Finanzdelegation. Die staatspolitische Kommission hat er präsidiert. 2008/2009 war er für ein Jahr Präsident des Ständerats.

Neben seinem politischen Engagement im Verfassungsrat und im Ständerat präsidierte Berset den Westschweizer Mieterinnen- und Mieterverband, die Schweizerische Vereinigung zur Förderung der AOC-IGP und die Freiburgische Stiftung Les Buissonnets für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit besonderem Bildungsbedarf und mit Behinderungen.

Alain Berset ist verheiratet, Vater von drei Kindern und lebt in Belfaux. jmw

Kommentar (1)

  • 09.12.2023-Stefan Rey

    In der Tat, wenig bewirkt in Relation zum fürstlichen Gehalt. Jede Kritik ist an ihm abgeprallt wie ein Gummiball. Selbstherrlich und selbstverliebt. Nicht unbedingt was man von einem Volksvertreter erwartet.

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