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Die Zaubertaste

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Sind Sie auch schon aufgewacht, und alles war klar? Mit einem Text im Kopf, in schlafloser Nacht gedanklich bis ins Detail formuliert. Sie müssen ihn nur noch aufschreiben und dann ausdrucken. Also nichts wie weg und ab ins Büro. Endlich kommen Sie an: Eingang, Treppe, Tür, Tisch, Computer. Sie drücken auf «Power on» – der Computer blinkt, piepst und knistert. Sie werden unruhig und möchten loslegen. Der Computer lässt sich Zeit. Sie wünschen sich erstmals wieder Ihre Hermes Baby zurück, die hellgrüne Schreibmaschine von einst. Oder die klobigere Remington. Da konnte man einfach hinsitzen und loshämmern.

Aber hier wird nicht gehämmert. Hier wird zuerst hochgefahren. Das braucht seine Zeit. Dann wird es schwarz auf dem Bildschirm, dann weiss, dann farbig – und schon erzählt Ihnen der Computer, was alles er gerade so tut. Was hochgefahren wird und was ausgeführt. Wenn Sie irgendetwas zuletzt wissen wollen, dann das. Sie wollen nur eines: hinsitzen und schreiben. Mit dem Sitzen ist der Computer einverstanden; mit dem Schreiben nicht. Er motzt Sie vielmehr an, Sie hätten gestern das Programm nicht richtig beendet. Sie gestehen alles. Der Computer ist unerbittlich und lässt Sie wählen zwischen «Weiterfahren» und «Beenden». Nicht wissend, was beendigendenfalls alles verschwindet, sind Sie für «Weiterfahren». Der Computer nicht. Mittlerweile stehen Sie. Dafür haben sich Ihre nächtens gedeichselten Formulierungen gesetzt. Der Computer fragt, ob Sie das Passwort ändern wollen. «Nein!», schreien Sie, «schreiben will ich.» Der Kasten tut keinen Wank. Dann piepst er erneut. Kann der Kerl nicht wenigstens schweigen? Weder die Hermes noch die Remington haben jemals mit Ihnen gesprochen, Fragen gestellt. Und überhaupt, Sie mögen keine Möbel, die reden. Dann, nach einem kurzzeitigen Einfrieren des Schreibprogramms, ist es so weit: Der Bildschirm ist frei, Sie dürfen an die Arbeit! Aber noch bevor Sie das erste Wort schreiben, ist der Text weg. Vergessen und verschwunden. Sie können denken, bis Sie kochen: Der Kopf ist leer, der Plan ausgelöscht. In Ihrem Kopf hat sich ein irreparabler Datenverlust zugetragen.

Dabei läge am Bildschirm das leere Dokument endlich offen vor Ihnen, wie ein unberührter Schneehang. Sie aber sind sprachlos. Der Computer fragt, ob Sie speichern wollen. Nein, natürlich nicht! Was denn auch? Sie können sich an nichts mehr erinnern. Seit morgens um sieben haben Sie Ihr Bestes gegeben, und trotzdem alles verloren. Der Text aller Texte ist nicht mehr da. Sie können sich an rein gar nichts mehr erinnern. Nicht an den glasklaren Aufbau, nicht an die eleganten Formulierungen und nicht einmal mehr an den brillanten Geistesblitz, der Ihre Karriere nach Monaten des Misserfolgs doch noch gerettet hätte. Denn Sie haben Ihren Chefs versprochen, spätestens heute einen wahren Geniestreich abzuliefern. Und jetzt diese Blamage!

Es bleibt nur eines: den Job freiwillig aufgeben und auswandern – am besten ins Silicon Valley. Denn soeben ist Ihnen eine noch genialere Erfindung in den Sinn gekommen. Eine rote Taste, ganz zuvorderst auf der Tastatur jedes Computers. Eine Taste für Millionen von Menschen mit einem Text im Kopf, den sie noch rasch aufschreiben wollen, bevor der Computer sie so lange anödet, bis die Idee sublimiert. Sie haben auch schon einen Namen dafür: «Shut-up-Taste». Ein Druck auf diese Zaubertaste, und schon schweigt der Computer. Sie dürfen einfach hinsitzen und schreiben. Wie früher mit der Hermes Baby. Und sobald alles aufgeschrieben ist, drücken Sie ein zweites Mal auf den menschenfreundlichen roten Knopf und gehen nach Hause. Erst jetzt darf der Computer all seine Sorgen loswerden. Er darf Passwörter checken und Mortem-Protokolle erstellen, Gigabytes zählen, Clipart-Funktionen einfügen, Papierstaus mit Klebeetiketten arrangieren und fragen, ob Sie wirklich alle Programme schliessen wollen. Er darf fortfahren, linksbündig zentrierte Blocksätze durch das Suaheli-Rechtschreibeprogramm rauschen zu lassen und Ihnen ins Ohr quaken, wenn er damit fertig ist.

Vergessen wir nicht: Computer sind auch nur Menschen. Die Verwandlung in eine simple Schreibmaschine verletzt ihre Gefühle. Es gehört zu den Computerrechten, dass jedes Gerät mit seinen Anwendern spielen darf. Das soll auch so bleiben. Aber dank der Shut-up-Taste (der kleinen, roten, ganz zuvorderst) dürfen Sie vorher Ihr Tagwerk tun. Jeden Morgen drücken Sie hurtig auf den Zauberknopf, schreiben nieder, wofür Sie eigentlich angestellt sind, und lassen die Technologie erst nachher tun, was sie nicht lassen kann. So behalten die Computer ihre Meinungsäusserungsfreiheit, und für Millionen Menschen ist morgens um sieben die Welt wieder in Ordnung. Auf diese Idee hat die Welt gewartet. Den Ausführungsplan haben Sie schon fixfertig im Kopf. Sie müssen ihn nur noch aufschreiben.

Daniel Eckmann ist Jurist, Partner im Beratungsunternehmen Klaus-Metzler-Eckmann-Spillmann und Lehrbeauftragter an der Universität Bern. Zuvor war er Stellvertretender Generaldirektor der SRG SSR und zwölf Jahre Delegierter für Kommunikation von Bundesrat und Bundespräsident Kaspar Villiger. Daniel Eckmann war als Torhüter 95-facher Handball-Internationaler und ist Mitglied der Swiss Olympic Academy. Er wohnt und arbeitet in Murten.

Gastkolumne

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