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Kneifen gilt nicht

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Keiner hat je so schön über Hemmungen gesungen wie Mani Matter: «S git Lüt, die würden alletwäge nie es Lied vorsinge, so win ig itz hie, eis singe, um ke Prys, nei bhüetis nei – wil si Hemmige hei.» Doch der kluge Berner Liedermacher wusste auch: «We me gseht, was hütt dr Mönschheit droht, so gseht me würklech schwarz, nid nume rot, und was me no cha hoffen, isch alei, dass si Hemmige hei.»

Das Lied aus dem Jahr 1970 bringt die zwei Seiten der Hemmungen treffend auf den Punkt: Sie schränken uns ein, bremsen uns aus und hindern uns daran, unsere Träume zu verwirklichen. Doch sie schützen uns auch, vor uns selbst und vor anderen, und ermöglichen überhaupt erst das Zusammenleben. «In einer Gesellschaft ohne Hemmungen möchte ich nicht leben», sagt Ulrich Schenk vom Museum für Kommunikation in Bern. Schenk hat dort die neue Ausstellung «Schweinehunde und Spielverderber» kuratiert, in der sich alles um Hemmungen dreht. «Hemmungen sind unsere Freundinnen», so Schenk weiter, «sie sind manchmal unangenehm, aber sehr zuverlässig.»

«Wir müssen darüber sprechen»

Dass sich ausgerechnet das Museum für Kommunikation des Themas annimmt, kommt nicht von ungefähr: Hemmungen haben viel mit Kommunikation und Austausch zu tun. Wären wir ganz allein auf der Welt, hätten wir keine Hemmungen. Gehemmt fühlen wir uns erst in Gesellschaft. Wir sind nervös, unsicher oder beschämt, weil wir uns davor fürchten, wie andere auf das, was wir tun oder sagen, reagieren könnten. Darum getrauen wir uns nicht, den attraktiven Mann an der Bar anzusprechen, der Freundin zu sagen, dass uns ihre neue Frisur nicht gefällt, oder eben wie Mani Matter vor Publikum zu singen. Und auch um Hemmungen loszuwerden, brauche es Kommunikation, sagt Ulrich Schenk. «Wir müssen darüber sprechen.»

Genau dazu will die Ausstellung die Besucherinnen und Besucher ermutigen. «Wir kurbeln das Gespräch an – und wir lassen die Leute ihre Hemmungen am eigenen Leib erfahren und spüren», so Schenk. Der Rundgang ist eine Art Erlebnisparcours, der das Publikum auffordert, sich seinen eigenen Hemmungen zu stellen, die Hemmungen anderer zu verstehen – und bestenfalls etwas entspannter im Umgang damit zu werden.

Im Rampenlicht

Dass es dabei nichts geschenkt gibt, wird einem schon bei der ersten Station klar: Unvermittelt findet man sich im Backstage-Bereich einer Bühne wieder und bekommt gesagt, dass man selber gleich auf dieser Bühne auftreten wird. Immerhin darf man selber bestimmen, was man dort gerne tun möchte: einen Tanz aufführen, ein Lied vorsingen, ein Gedicht vortragen, einen Kopfstand machen, ein Tier imitieren … Möglichkeiten gibt es viele, nur Kneifen gilt nicht. Wer jetzt zum ersten Mal Lampenfieber spürt, der bekommt Hilfe von keinem Geringeren als Kommunikationsexperte Patrick Rohr, der an einer Videostation Tipps für einen gelungenen Auftritt gibt. Derweil erklingen aus dem Zuschauerraum vor der Bühne in regelmässigen Abständen Applaus und Lachen. Die eigene Nervosität steigt, schon wird man aufgerufen, steht unversehens selbst im Rampenlicht – und stellt fest: alles halb so wild.

Der innere Schweinehund ist zum ersten Mal überwunden, und guten Mutes nimmt man den Rest des Rundgangs in Angriff. Dort trifft man auf weitere «archetypische Hemmungsräume», wie es Matthias Rohrbach vom für die Szenografie verantwortlichen Büro Rob & Rose diese Woche vor den Medien formulierte. Auf die Bühne folgt eine Wiese. «Rasen bitte nicht betreten», heisst es da – doch natürlich sind die Besucher genau dazu aufgefordert. Nach Lust und Laune können sie sich auf Picknickdecken breit machen, Magazine lesen, Kartenspiele spielen oder Radio hören (ja, Mani Matters «Hemmige» steht auch zur Wahl). Wie eng darf ich dem Decken-Nachbarn auf die Pelle rücken, wie laut mein Radio einstellen? Hemmungen überall. Abhilfe schafft, darüber zu sprechen, zum Beispiel bei dem eigens für die Ausstellung konzipierten Spiel «Wahrheit oder Tat», das die Spieler dazu aufruft, dieses oder jenes zu erzählen oder zu tun – oder zu erklären, warum sie das lieber nicht möchten.

Grenzen und Tabus

Auf den Rasen folgt ein Gang, von dem verschlossene Türen abgehen. Wer seine Hemmungen überwindet und die Türen öffnet, wird mit verschiedenen Grenzüberschreitungen und Tabuzonen konfrontiert. Da geht es etwa um die sinkende Hemmschwelle im Internet oder um das hemmungslose Sprechen über Sex. Objekte in einer Vitrine illustrieren moderne Tabus, vom Körpergeruch über Potenzprobleme bis zur Fettabsaugung. Danach ist man gewappnet, um sich mit anderen Besuchern zusammenzusetzen und hemmungslos über Hemmungen zu sprechen. Ein Spiel fordert dazu auf, sich zu fragen, wie gross die Hemmungen sind, die etwas auslöst – und welche Rolle das Gegenüber dabei spielt. Ist es mir unangenehm, über Geld zu sprechen oder zuzugeben, dass mir ein Geschenk nicht gefällt? Und macht es einen Unterschied, ob ich dies gegenüber einem Fremden, einer Freundin oder meinem Partner tue?

Schafft man es dann am Ende noch, hemmungslos seinen Kaugummi an eine Wand zu kleben, hat der Museumsbesuch seinen Zweck erfüllt. Und sonst hilft vielleicht der Tipp von Kommunikationsprofi Patrick Rohr: «Seien Sie grosszügig mit sich selbst!»

Museum für Kommunikation, Helvetiastrasse 16, Bern. Bis zum 19. Juli. Di. bis So. 10 bis 17 Uhr. Weitere Informationen: www.mfk.ch

Innovation

Das Museum für Kommunikation geht erfolgreich neue Wege

«Schweinehunde und Spielverderber» ist die zweite Sonderausstellung des Museums für Kommunikation nach dessen Rundum­erneuerung 2017. Schon mit dem Vorgänger «Sounds of Silence» ging das Museum neue Wege, indem es die Besucherinnen und Besucher auf einen individuellen und intuitiven Rundgang schickte, geleitet einzig von funkgesteuerten Kopfhörern. «Mit der neuen Ausstellung betreten wir noch einmal Neuland», sagte Direktorin Jacqueline Strauss vor den Medien. Das Publikum werde noch mehr Teil der Ausstellung, und es finde ein ständiger Austausch statt. «Wir treiben unseren Anspruch, ein innovatives Museum zu sein, voran.» Dazu gehört auch das Bemühen um Inklusion: Besonders einfache Texte sollen die Ausstellung möglichst vielen Menschen zugänglich machen. Neu ist auch, dass die sogenannten Kommunikatorinnen und Kommunikatoren des Museums, die mit dem Publikum in Kontakt treten und die Ausstellungsinhalte vermitteln, auch in der Sonderausstellung zum Einsatz kommen.

Die neuartigen, interaktiven und partizipatorischen Ansätze kommen nicht nur beim Publikum an: Im vergangenen April wurde das Museum für Kommunikation mit dem renommierten Museumspreis des Europarats ausgezeichnet. Die Ausstellung «Sounds of Silence», die von November 2018 bis Juli 2019 über 37 000 Besucherinnen und Besucher anzog, gewann den International Sound Award 2019. Zudem wurde das Ausstellungsplakat unter die «100 besten Plakate 2018» im deutschsprachigen Raum gewählt.

cs

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