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«Mangelndes Wissen über Religion kann zu Radikalisierung führen»

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Die «Kommission für den Dialog mit den Muslimen» der Schweizer Bischofskonferenz traf im Iran die staatliche iranische «Organisation für islamische Kultur und Beziehungen». Hauptthema des Dialogs waren «Extremismus und Radikalisierung». Weihbischof Alain de Raemy erläutert, welche Bedeutung der Religion bei diesem Thema zukommt.

Sie kommen gerade aus dem Iran zurück. Was hat Sie in diesem Land am meisten beeindruckt?

Die Gastfreundschaft und die Neugier der Menschen. Ich konnte auf der Strasse mit dem Kreuz um den Hals und im Talar, also in der Bischofskleidung, herumlaufen. Die Leute sind auf uns zugekommen, haben Interesse gezeigt und wollten Fotos machen. Leider hat die Sprachbarriere kaum Gespräche ermöglicht.

Hat Sie das überrascht?

Ja, vom Iran haben wir das Bild einer geschlossenen Gesellschaft, in der alles vom Staat kontrolliert wird. Dieses Gefühl hatte ich als Gast nicht. Wenn die Menschen jemanden sehen, der anders aussieht als sie, zieht sie das an.

Das Hauptthema der Reise war «Extremismus». Warum?

Es ging um Gründe für Ex­tre­mis­mus und Radikalismus bei Christen und Muslimen sowie um Herausforderungen und Lösungen. Über dieses Thema referierten Mitglieder unserer Kommission sowie iranische Professoren für muslimische Theologie und muslimische Soziologie, ausserdem ein Sozialhistoriker, der den Blick vor allem auf die Bevölkerung und weniger auf die Machthaber richtet.

Welches Fazit ziehen Sie aus dem Austausch?

Wenn Gläubige das Gefühl haben, dass sie in ihrem Glauben nicht respektiert werden, führt das zu Enttäuschung und Ressentiments. Sie fühlen sich schlecht behandelt, das kann zu Radikalisierung führen. Auch der Mangel an Kenntnissen über den eigenen Glauben kann zu Radikalisierung führen, ebenso wie der Mangel an Wissen über die Religion oder die Lebensauffassung der An­ders­den­ken­den.

Wenn ich zu wenig über den Islam weiss, kann es sein, dass ich mich in Abgrenzung zum Islam als Christin radikalisiere?

Sozusagen. Wenn ein Christ wenig über den Islam weiss, beispielsweise nur von islamistischen Terroristen hört, die sich auf den Koran beziehen, grenzt er sich vielleicht umso stärker als Christ vom Islam ab. Problematisch wird es, wenn es bei diesem wenigen Wissen bleibt. Es geht darum, die eigene und die fremde Religion zu reflektieren: Was sagt meine Religion? Ist das wirklich christlich? Was ist wirklich muslimisch?

Wie können Sie dieses Wissen nun in der Schweiz fruchtbar machen?

Im Iran leben vorwiegend schiitische Muslime, die innerhalb des Islams eine Minderheit bilden. Wenn man um die konfessionellen Unterschiede weiss, kann man Muslimen hier anders begegnen. Ich kann beispielsweise einem sunnitischen Muslim sagen: «Dein Mitbruder aus derselben Religion, aber mit anderer Konfession, sieht das anders. Also ist es auch bei Muslimen möglich, anders zu denken.» Umgekehrt fühle ich mich als Christ ebenfalls wohler, wenn mein Gegenüber zwischen Katholiken, Protestanten, Orthodoxen und freikirchlichen Christen unterscheiden kann und diese verschiedenen Christen auch nicht einfach mit der politischen Rolle der christlichen Länder identifiziert.

Haben Sie im Iran auch Christen getroffen?

Wir waren bei der armenischen Gemeinschaft, das sind orthodoxe Christen. Die Armenier kümmern sich um ihre eigenen Gläubigen, sie missionieren nicht, sie sind anerkannt und werden nicht verfolgt. Sobald man jedoch als Christ versucht, den eigenen Glauben zu kommunizieren, anderen zu zeigen, was der christliche Glaube ist, dann haben die offiziellen Stellen im Iran immer Angst, das würde die öffentliche Ordnung stören. Dafür haben sie an der Universität zwei Lehrstühle für Christentum, von Christen besetzt, wie man uns mitteilte.

Dann können Begegnungen zwischen den Schiiten und den armenischen Christen nicht stattfinden?

Alltägliche Kontakte finden vermutlich schon statt. Der armenische Bischof hat uns aber erklärt, dass sie andere Christen nicht betreuen dürfen ohne Erlaubnis der Regierung. Wenn also ein nicht-armenischer Christ aus einem anderen Land im Iran wohnt und in einer armenischen Kirche seinen Glauben praktizieren möchte, braucht der Priester für eine Taufe oder eine Trauung die Erlaubnis. Gewissensfreiheit, im Sinne des Rechts, aus Überzeugung auch zum christlichen Glauben konvertieren zu dürfen, ist praktisch nicht gegeben.

Zahlen und Fakten

Breit abgestützte Kommission

Zur «Kommission für den Dialog mit den Muslimen» der Schweizerischen Bischofskonferenz (SBK) gehören nebst Präsident Alain de Raemy Erwin Tanner (Generalsekretär SBK), Fahrad Afshar (Präsident der Koordination islamischer Organisationen), Stephan Leimgruber (emeritierter Professor für Religionspädagogik), Francis Piccand (Departement für auswärtige Angelegenheiten), Roberto Simona («Kirche in Not», Research Manager für Islam und christliche Minderheiten), Roman Stäger, («Weisse Väter»).

kath.ch

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