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Manipulation: Das sind die ersten Urteile im Postauto-Skandal 

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Im grössten Schweizer Subventionsbetrug hat das Bundesamt für Polizei nun fünf Postauto-Manager für schuldig gesprochen. Ebenfalls verurteilt wurde der frühere Finanzchef der Post sowie ein Verwaltungsrat. 

Es ist ein kalter Dienstagmorgen im Februar 2018, als der Postauto-Skandal publik wird. «In einer Ecke der Postauto AG ist etwas Unrechtes geschehen», sagte die damalige Post-Chefin Susanne Ruoff vor den Medien in Bern. Es war der unglückliche Versuch, den bisher grössten Schweizer Subventionsbetrug kleinzureden. Die Post wurde in der Folge durchgerüttelt. Sie musste über 200 Millionen Franken an Bund, Kantone und Gemeinden zurückzahlen, die gesamte Postauto-Geschäftsleitung wurde vor die Türe gestellt, ebenso wie die Chefin der internen Revision. Und auch Ruoff musste gehen.

Der Postauto-Skandal hat sich schnell zu einem Fall Post ausgeweitet, plötzlich standen alle unter Verdacht. Sechs Jahre später zeigt sich: Die «Ecke» bei Postauto war ziemlich gross und ganz oben angesiedelt im Unternehmen – im Post-Konzern dominierte hingegen das grosse Nichtwissen. Das geht aus den sieben Strafverfügungen hervor, die das Bundesamt für Polizei (Fedpol) erstellt hat und welche die «Schweiz am Wochenende» einsehen konnte.

Minutiös wird in den je rund hundertseitigen Dokumenten nachgezeichnet, wie der Offertenprozess für die öffentliche Hand ausgestaltet wurde, sodass die ausgewiesenen Kosten für die gewünschten Buslinien im regionalen Personenverkehr (RPV) möglichst hoch und die potenziellen Einnahmen möglichst tief ausfielen. Die so illegal erzielten Einnahmen wurden dann in jene nicht subventionierten Sparten transferiert, in denen Postauto Gewinne machen darf. Postauto habe die Spartenrechnung «nachweislich manipuliert», heisst es in den Strafverfügungen.

Die Konzernchefs wussten bis und mit 2012 von nichts

Jahrelang lief das so, trotz wiederholten Rügen vom Bundesamt für Verkehr (BAV), etwa wegen zu hoch eingerechneter «Management Fees» und unangenehmen Fragen des Preisüberwachers. Das Ausmass und die Systematik hat allerdings niemand erkannt, auch im Post-Konzern nicht. «Die Tatsache, dass ein wesentlicher Bestandteil der Gewinne von Postauto aus dem abgeltungsberechtigten RPV stammte» und mit Buchhaltungstricks «verschleiert wurde, war im Jahr 2012 nur innerhalb der Führung von Postauto bekannt», heisst es in den Strafverfügungen.

Und weiter: «Weder die Konzernleitung noch das Bundesamt für Verkehr wussten zu diesem Zeitpunkt, dass ein Grossteil der Gewinne von Postauto aus dem abgeltungsberechtigten Geschäft stammte.» Das ist ein indirekter Freispruch für die früheren Post-Chefs Ulrich Gygi, Michel Kunz und Jürg Bucher.

Gesteuert wurde das System von fünf Postauto-Geschäftsleitungsmitgliedern, die nun alle vom Fedpol verurteilt wurden wegen «vollendeten Leistungsbetrugs», und zwar «in Mittäterschaft». Die grösste Strafe erhält der ehemalige Postauto-Chef: Er wird zu einer bedingten Geldstrafe von 420’000 Franken und unbedingten Busse von 54’000 Franken verurteilt. «Die Fakten zeigen, dass der Beschuldigte von den Manipulationen nicht nur wusste, sondern sie auch willentlich anordnete.»

Bei der Suche nach der Motivation tut sich das Fedpol schwer, auch weil er nicht von einer «direkten Bereicherung» profitieren konnte. Letztlich bleibt der Befund, dass sich der Postauto-Chef gerne als «Manager im freien Markt» präsentierte.

Der langjährige Postauto-Finanzchef bekommt eine bedingte Geldstrafe von 210’000 Franken und eine unbedingte Busse von 32’000 Franken, der Strategiechef kommt auf 259’000 und 42’600 Franken. Leicht tiefer liegen die Beträge für den Marktleiter Schweiz und den Marktleiter West, der Postauto bereits Ende 2014 verlassen hatte. Sie erhalten bedingte Geldstrafen von 138’000 respektive 56’000 Franken und unbedingte Bussen von 23’400 und 12’000 Franken.

Das Projekt «Gewinnsicherung» startet bei Postauto schon 2012

Das bewährte Leistungsbetrugssystem der Postauto-Equipe kam 2012 ins Stocken – auch weil der Post-Konzern seinen Rechnungslegungsstandard geändert hatte, was Ungereimtheiten eher zutage förderte und die Behörden wachsamer machte. Zentral ist dabei das Spitzentreffen von Post, Postauto und Verwaltung vom 26. November 2012, an dem BAV-Chef Peter Füglistaler allen nochmals klarmachte, dass die branchenübliche Rendite beim subventionierten Regionalverkehr «null» beträgt.

Ende 2012 informiert der Postauto-Chef die Konzernleitung, dass «künftig» Gewinne im regionalen Personenverkehr nicht mehr erlaubt seien. Kein Wort darüber, dass das eigentlich immer schon so war.

Offizieller Startpunkt für das Projekt «Gewinnsicherung» auf Post-Konzernebene ist also Ende 2012. Bei Postauto hingegen wurden in der Geschäftsleitung schon im Verlauf des Jahres «erste Workshops durchgeführt, die zum Ziel hatten, eine Lösung» zur «Sicherung der Gewinne im RPV» zu finden, wie die Strafverfügungen festhalten. Die Übung endet in der Neuorganisation von Postauto: Die Firma wird zur Holding umgebaut mit sieben Tochtergesellschaften. Letztlich war es ebendiese neue Holdingstruktur, welche die Postauto-Gewinne hätte sichern und erhöhen sollen, welche die BAV-Revisoren auf den Plan rief, die den Subventionsbetrug aufdecken sollten.

Ab 2013 ist auch der Post-Konzern beim «Gewinnsicherung»-Projekt involviert. Aber letztlich, so geht es aus der Strafverfügung hervor, versteht nur ein Mann, um was es geht: Der ehemalige Post-Finanzchef, der im Frühjahr 2012 zu Post stiess und diese Ende 2015 wieder verliess, um den Chefposten bei einer Kantonalbank zu übernehmen. Diesen Job hat er nach Publikwerden des Postauto-Skandals dann wieder aufgeben müssen.

Er nahm in dieser Zeit an mehreren Sitzungen und Besprechungen teil zum Postauto-Umbau, war eine Art Scharnier zum Konzern. Notizen an seine nicht anwesende Chefin Ruoff «sind nicht aktenkundig», heisst es in der Strafverfügung immer wieder. Das Fedpol verurteilt ihn wegen «vorsätzlicher Verletzung der Rechtspflicht zur Abwendung von vollendetem Leistungsbetrug» zu einer bedingten Geldstrafe von 280’000 Franken und einer unbedingten Busse von 40’000 Franken.

«Er wusste, dass das Vorgehen regelwidrig war, er hatte direkten und häufigen Kontakt» mit dem Postauto-Finanzchef «sowie den faktischen Einfluss und die rechtliche Möglichkeit und Verpflichtung, um einzuschreiten», hält das Fedpol fest.

Aussergewöhnliches Urteil gegen einen Verwaltungsrat

«Vorsätzlicher Verletzung der Rechtspflicht», sprich: Unterlassung, ist es auch, was dem ehemaligen Post-Verwaltungsrat und Präsidenten des Prüfungsausschusses vorgeworfen wird. Denn die interne Post-Revision war 2013 bei einer Prüfung dem Betrugssystem auf die Schliche gekommen – und hatte am 21. August eine Aktennotiz zuhanden des Prüfungsausschusses erstellt: Sie hielt darin fest, dass «im Zusammenhang mit der Erstellung des regulatorischen Abschlusses Kostenumbuchungen zulasten öffentlich finanzierten Verkehrs vorgenommen» würden.

Der Prüfungsausschuss-Präsident will bis heute die Aktennotiz nie erhalten haben, obwohl er auf dem Verteiler stand, Protokolleinträge zum Thema fehlen gänzlich. Und letztlich kann sich niemand mehr an allfällige Diskussionen erinnern.

Hinzu kommt, dass der Prüfungsausschuss-Präsident dem BAV keine Einsicht in die Konzernrevision geben wollte – und so die Arbeit des Amtes bei der Überprüfung der neuen Postauto-Holdingstruktur massiv verzögerte. Das Fedpol brummt dem Verwaltungsrat nun eine bedingte Geldstrafe von 420’000 Franken auf, was derjenigen des Postauto-Chefs entspricht. Obendrauf gibt es eine unbedingte Geldbusse von 60’000 Franken. Dieses Urteil ist bemerkenswert, weil Verwaltungsräte in der Schweiz kaum je strafrechtliche Folgen für ihr Tun erleiden.

Die sieben Beschuldigten, für welche die Unschuldsvermutung gilt, widersprechen in der Strafverfügungen der Argumentation des Fedpols. Sie können die Urteile, die noch nicht rechtskräftig sind, innert zehn Tage anfechten. In diesem Fall wird das Fedpol die Akten an die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern weiterreichen. Nach einem Urteil des kantonalen Strafgerichts könnten die Parteien das Urteil bis zum Bundesstrafgericht weiterziehen.

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