Die Migros-Filiale in Murten steht ihren Kunden ab diesem Wochenende jeden Sonntag offen. Von Montag bis Donnerstag und am Samstag können die Kunden zudem bis um 20 Uhr einkaufen. Am Freitag bleibt das Geschäft bis um 21 Uhr geöffnet. Die neuen Öffnungszeiten gelten für die Tourismussaison von April bis Oktober. Dies schreibt die Migros-Genossenschaft Neuenburg-Freiburg in einer Medienmitteilung. «Wir unterstützen damit den Fremdenverkehr und schaffen neue Arbeitsplätze», so die Migros. Damit könnten zehn neue Arbeitsplätze im Verkauf geschaffen werden. Sonntags würden in erster Linie Studierende eingesetzt, schreibt die Migros.
Bis vor das Bundesgericht
Dem Entscheid ging ein Rechtsstreit voraus: Bereits 2011 hatte sich die Migros um die Öffnung der Filiale in Murten an Sonntagen bemüht, namentlich am Ostermontag. Der Fall beschäftigte in den darauf folgenden Jahren sowohl das Amt für den Arbeitsmarkt (AMA), das Kantonsgericht als auch das Bundesgericht. Das AMA wie auch die Verwaltungsabteilung des Freiburger Kantonsgerichts entschieden, dass Murten für eine Sonderbehandlung zu wenig touristisch sei. Das Bundesgericht war jedoch anderer Meinung; die höchste Instanz hiess die Beschwerde der Migros gegen das Urteil des Kantonsgerichts gut. Der Kanton sei zu restriktiv gewesen, so das Bundesgericht. Damit musste der Kanton nochmals über die Bücher. Mit dem Entscheid des Bundesgerichts im Rücken gab der Kanton nun grünes Licht: Weil Murten eine touristische Region ist, darf die Migros ihren Kunden auch abends und sonntags Einlass gewähren.
«Ökonomische Interessen»
«Murten ist ein Tourismusgebiet, deshalb hat die Migros Anspruch auf diese Sonderregelung», sagt der Stadtpräsident von Murten, Christian Brechbühl, auf Anfrage. «Ich begrüsse die Bewilligung dieser Öffnungszeiten im Sinne einer Gleichbehandlung der touristischen Regionen im Kanton.» Auch die Detaillistengruppe Murten sieht die Änderung positiv: «Es ist toll, wenn die Migros etwas für Touristen macht, und für die Murtner Detaillisten ist es keine direkte Konkurrenz», sagt Simone Wüthrich vom Vorstand der Murtner Detaillisten.
Unia-Gewerkschaftssekretär Armand Jaquier ist hingegen nicht begeistert von den neuen Öffnungszeiten des orangen Riesen in Murten: «Es gibt keinen Grund, die Migros abends länger und sonntags geöffnet zu haben, ausser ökonomischen Interessen seitens der Migros.» Für die Bevölkerung der Region spiele es kaum eine Rolle: «Sie kann sich arrangieren.» Für die Touristen sei die Migros nicht von Bedeutung: «Die Migros hat keine touristische Funktion», sagt Jaquier, «ich kann mir nicht vorstellen, dass die Touristen die Murtner Ringmauer besichtigen und danach noch in die Migros einkaufen gehen.» Für die Angestellten seien die neuen Öffnungszeiten hingegen schwierig: «Für die Mitarbeitenden bedeutet es, dass ihre Arbeitszeiten noch mehr zersplittet sein werden.» Sonntags oder am Abend bis um 20 Uhr arbeiten zu müssen, sei nicht ideal für eine Frau mit Kindern. «Die Migros ändert die Regeln ausschliesslich zugunsten ihrer Umsatzzahlen.»
Der zweite Grossverteiler in Murten, Coop, ist sonntags nicht geöffnet. Coop will eine allfällige Sonntagsöffnung während der Sommersaison jedoch prüfen, wie die Mediensprecherin der Verkaufsregion Bern, Désirée Schmid, auf Anfrage sagt. «Wir passen die Öffnungszeiten den Kundenbedürfnissen an.»
Grossprojekt: Drei Häuser und mehr Ladenfläche
D ie Genossenschaft Migros Neuenburg-Freiburg hat neben den neuen Öffnungszeiten eine weitere Veränderung in Bezug auf die Filiale in Murten geplant: Die Ladenfläche soll grösser werden, und auf dem jetzigen Parkplatz sind drei Mehrfamilienhäuser geplant. Über das Projekt hatte der orange Riese bereits im Mai 2014 informiert und anschliessend ein Baugesuch eingereicht. Es gingen insgesamt fünf Einsprachen gegen das Bauvorhaben mit drei Wohnblöcken ein. Die Einsprachen kamen hauptsächlich von Anwohnern wegen des Lärms und wegen des möglichen erhöhten Verkehrsaufkommens. Die Pläne der Überbauung sind noch beim Kanton zur Prüfung.
Ein Teil des Bauvorhabens ist aber bereits vollzogen: Die Migros hat eine Migrol-Tankstelle auf dem Parkplatzgelände neben dem Ladengeschäft wegen der geplanten Überbauung vor einem Jahr abgerissen. Weil der Rückbau der Tankstelle einem separaten Bewilligungsverfahren unterlag, konnten die Abbrucharbeiten bereits ausgeführt werden.
Das Überbauungsprojekt sieht auf drei Stockwerken 45 Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten vor. Davon sind die meisten mit 3,5 Zimmern, einige wenige mit 2,5 Zimmern geplant. Zwischen den Mehrfamilienhäusern sind zwei Spielflächen vorgesehen. Zudem ist eine Einstellhalle für 295 Fahrzeuge geplant. Insgesamt werden laut Migros gegenüber dem Stand heute aber nur neun Parkplätze mehr gebaut. emu
