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Mittelalterliche Schätze für die digitale Ära

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Die Verantwortlichen des Projekts e-codices sind Schatzsucher in Handschriften des Mittelalters. In Texten, die sonst schwierig zugänglich und zu verstehen sind. Um Forschenden die Arbeit zu vereinfachen, haben sich vor zehn Jahren in Freiburg Wissenschaftler einer Aufgabe angenommen: der Digitalisierung des Handschriftenbestandes aus dem Mittelalter und der Neuzeit und die für Nutzer kostenlose Publikation auf dem Internet.

2005–als das Projekt in der Stiftsbibliothek St. Gallen gestartet wurde–war die Zahl der digitalen Bibliotheken weltweit an einer Hand abzuzählen. Laut dem Freiburger Professor und Projektleiter Christoph Flüeler ist das Projekt darum eine Revolution im Umgang von Handschriften. «Sie waren früher für Forscher schwer und für Private gar nicht zugänglich.» Man musste sich umständlich anmelden, um ein Dokument ansehen zu können. Viele Handschriften wurden deshalb kaum bearbeitet. «Nun, da sie im Internet abrufbar sind, können sie tausendfach angeschaut werden, aus der ganzen Welt.»

Wildschwein-Rezept online

Das Projekt wird im In- und Ausland stark beachtet. Christoph Flüeler ist stolz, wenn er an den Bestand an Handschriften aus der Zeit der Karolinger und Ottonen aus der Stiftsbibliothek St. Gallen auf e-codices denkt: Es sind rund 400 über 1000 Jahre alte Texte. «Besonders glücklich bin ich, dass wir bald den Luzerner Schilling online stellen können. Darum haben wir uns während mehr als fünf Jahren bemüht.» Das Buch ist eine der wichtigsten Schweizer Bilderchroniken mit mehr als 400 illuminierten Seiten. «Da freue ich mich darauf.»

Unter den Dokumenten gibt es jedoch auch alltägliche Texte, wie ein altfranzösisches Rezeptbuch aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in Form eines zwei Meter langen Pergaments. «Das erste Rezept ist übrigens ein Wildschwein-Siedfleisch. Es ist ein eindrückliches Dokument.»

Wie Projektmanagerin Ramona Fritschi betont, ist e-codices nicht nur für die Forschung, sondern auch für die Lehre eine Hilfe. In grosser Zahl können während des Unterrichts Dokumente präsentiert und erläutert werden. Auch private Interessierte, von denen es allein in der Schweiz Zehntausende gebe, profitierten von den Segnungen des Angebots. «Menschen, die sich für alte Schriften oder für die Illuminationen interessieren.» Diese können nun einfach virtuell darin herumblättern.

Nicht nur die Formalitäten, auch der finanzielle Aufwand für die Untersuchung von Handschriften war früher wegen der Reisetätigkeit und der Gebühren für Fotografien riesig. «Wenn man zum Beispiel zwei Handschriften aus zwei Bibliotheken vergleichen wollte, um herauszufinden, ob sie vom selben Schreiber sind, war es nicht möglich, sie gleichzeitig nebeneinanderzulegen», sagt Fritschi. «Mit virtuellen Bibliotheken können sie das mit Links.» Auch werden die Kommunikation unter den Forschern und die Auswertung der Handschriften per e-codices durch das Internet vereinfacht. «Heute kann man seine Überlegungen mit Forscherkollegen aus aller Welt diskutieren.»

 Die Zeit vor Smartphones

Flüeler erinnert daran, dass es vor zehn Jahren kaum soziale Netzwerke und noch keine Smartphones gab. Das Internet existierte zwar, doch seine Einsatzmöglichkeiten waren noch beschränkt. Zu Beginn war das Projekt so ungewöhnlich, dass es keinem der üblichen Quellen für Fördermittel entsprach. Gegen sieben Millionen Franken konnte das Projekt jedoch bisher für seine Tätigkeit sammeln.

Auch wurden für die Umsetzung der Arbeit zwei Firmen gegründet, die spezielle Dienstleistungen entwickeln. Denn das Projekt war in vielen Bereichen auch technisch ein Pionier. Fritschi erinnert sich an die mehrere Meter lange Zürcher Wappenrolle, die seit Ende 2014 online ist. Es war eine hohe technische Hürde zu bewältigen: «Wir mussten viele Fotos machen, diese zusammenstellen und dann eine Lösung finden, wie wir die riesige Datei trotz ihrer Grösse online stellen konnten.»

Fragment-Projekt lanciert

Viele Handschriften stammen aus versteckten Archiven sowie privaten Sammlungen und waren weitgehend unbekannt. Flüeler geht davon aus, dass die auf Handschriften spezialisierte Forschung sich in zehn Jahren weitgehend auf das Internet verlagern wird. Dieses führte in den Geisteswissenschaften lange ein Mauerblümchendasein. Heute werden zunehmend Originaldokumente primär elektronisch zugänglich gemacht. «Die Sichtbarkeit und die ansprechende Präsentation werden dazu beitragen, dass Handschriften zunehmend auch von einem grossen Publikum geschätzt werden.»

Ihr Ideenköcher sei noch nicht leer, so Flüeler. «Wir arbeiten an einem Projekt zu Fragmenten.» Es wird durch eine Million Franken aus Drittmitteln finanziert. Viele Institutionen arbeiten im Projekt zusammen. Vielerorts existieren Stücke von Dokumenten, doch niemand weiss, ob und wie sie zusammengehören. «Das Projekt soll ermöglichen, die einzelnen Stücke durch Vernetzung zusammenzusetzen», sagt Flüeler. Damit werden diese Dokumente zugänglich. Fragmente gebe es viele, doch ihre Zahl ist unbekannt, früher war es üblich, dass Handschriften zweckentfremdet wurden, zum Beispiel für Bucheinbände. «Erst ein kooperatives Projekt macht aus einem Fetzen Papier ein interessantes Dokument.»

Zahlen und Fakten

1233 Handschriften aus 51 Sammlungen

Zurzeit sind in der virtuellen Handschriftenbibliothek e-codices 1233 Handschriften aus 51 Bibliotheken abrufbar. Die Verantwortlichen gehen davon aus, dass in der Schweiz etwa 7500 mittelalterliche Handschriften in öffentlichen, kirchlichen und privaten Bibliotheken und ein Mehrfaches davon an neuzeitlichen Handschriften existieren. 2015 sollen weitere 200 Handschriften online gestellt werden. Darunter die weltweit grösste private Sammlung an jüdischen Handschriften der Sammlung René Braginsky in Zürich. Im März startet ein Teilprojekt, das es Wissenschaftlern aus der ganzen Welt ermöglicht, Handschriften vorzuschlagen, die dann gegen eine wissenschaftliche Gegenleistung digital veröffentlicht werden. Schliesslich wird das Kompetenzzentrum um e-codices an der Universität Freiburg ausgebaut.fca

www.e-codices.ch

 

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