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Recht und Gerechtigkeit im Bistum Lausanne, Genf und Freiburg

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In der Waadt steht ein Pfarrer vor der Ausschaffung – obwohl der Fall von der Staatsanwaltschaft eingestellt werden dürfte. Gleichzeitig geniesst ein nachweislicher Missbrauchstäter seine priesterliche Rente. Rechtmässig ist beides, aber nicht gerecht.

Im Jahr 2020 steht das Bistum Lausanne, Genf und Freiburg (LGF) im Auge des Sturms. Ein geleaktes Protokoll zeigt: Ein Priester hat einen Jugendlichen sexuell missbraucht. Es ist einer von vielen Skandalen um Diözesanpriester. Wie Recherchen von Kath.ch zeigen: Sie stehen unter besonderem Schutz des Bischofs. Im Gegensatz zu auswärtigen Priestern; dieser entledigt sich Morerod schon bei geringem Anlass.

Der Junge war 17 und Firmpatenkind des Priesters. Der Täter war Paul Frochaux, ein einflussreicher Priester der Diözese. Heute ist Frochaux Pensionär. In seinem Heimatort bietet er Kirchenführungen an.

Anders sieht es für einen afrikanischen Priester aus der Waadt aus. Er soll eine Frau flüchtig am Knie berührt haben. Ohne den Fall zu prüfen, wird ihm gekündigt. Jetzt droht ihm die Ausschaffung.

Die so unterschiedlichen Reaktionen – Milde bei dem einen, Härte bei dem anderen – haben einen Grund: Paul Frochaux ist im Bistum LGF inkardiniert. Der Priester der Waadt nicht.

Der Fall Frochaux

Ende 2019: Nicodème Mekongo, damals Pfarrer einer Neuenburger Gemeinde, beschuldigt Paul Frochaux öffentlich, ihn zwischen 2008 und 2011 sexuell belästigt zu haben. Frochaux bestreitet die Vorwürfe. Die Sache droht zunächst zu versanden.

Dann taucht Anfang 2020 ein Protokoll aus dem Jahr 2001 auf. Es belegt: Frochaux hat 1998 einen damals 17-jährigen Jungen missbraucht. Es handelt sich um sein Firmpatenkind, das in einem klaren Abhängigkeitsverhältnis zu Frochaux stand. Der damalige Bischof Bernard Genoud (gest. 2010) blieb inaktiv. Das Protokoll verschwand im Bistumsarchiv.

Zwei Jahrzehnte später hat sich die Welt um die Kirche herum verändert. Auf immer neue Missbrauchsskandale und Sexeskapaden von Priestern folgen Kirchenaustritte in unbekannter Höhe. Die katholische Kirche in Europa und in der Schweiz ist in ihren Grundfesten bedroht.

Als der Skandal um Frochaux losbricht, ist Charles Morerod seit acht Jahren Bischof von LGF. Ob er will oder nicht: Der mediale Druck zwingt ihn zum Handeln. Morerod beauftragt die Genfer Kanzlei Harari mit einer Untersuchung der Vorwürfe.

Es geht nicht um den Missbrauch von 1998. Der ist bereits verjährt. Die Kanzlei erhält den Auftrag, sich mit den aktuelleren Vorwürfen des Priesters Mekongo zu beschäftigen.

Mekongo beklagt ein «homoerotisches Klima» in Frochaux’ Pfarrhaus in Vevey VD. Dort lebt auch Mekongo über mehrere Jahre. Er nennt Namen anderer Geistlicher, die im Pfarrhaus ein und aus gehen. Mekongo beschreibt nächtliche Sexgeräusche im Nebenzimmer. Berichtet von Anzüglichkeiten ihm gegenüber und einem jugendlichen Drogenabhängigen, der zeitweise ebenfalls im Pfarrhaus wohnt. Angeblich im Austausch für sexuelle Gefälligkeiten.

Die Medien, allen voran der «Tages-Anzeiger», berichten. Schliesslich gibt das Bistum dem öffentlichen Druck nach. Zumindest ein bisschen. Im Februar 2020 suspendiert Bischof Charles Morerod den Priester seiner Kathedrale, Paul Frochaux, und verspricht die Eröffnung eines kanonischen Verfahrens.

Ergebnis: Uneindeutig

Erster Schritt im kanonischen Verfahren: das juristische Gutachten der Kanzlei Harari. Es fällt ausgesprochen harmlos aus. Aussage stehe gegen Aussage. Ein homoerotisches Klima könne nicht sicher nachgewiesen werden, heisst es.

Das Ergebnis ist nicht überraschend. Denn die Befragten haben ein Interesse daran, zu schweigen. In den von Mekongo beschriebenen Fällen geht es, mit Ausnahme des vermeintlich Drogenabhängigen, schliesslich nicht um Missbrauch. Sondern um Sex unter Erwachsenen.

Das kanonische Recht betrachtet sexuelle Aktivitäten eines Priesters als Verstoss «contra sextum», gegen das 6. Gebot. Ganz gleich, ob es sich dabei um Vergewaltigung oder um einvernehmlichen Sex handelt.

Im zivilen Strafrecht ist das anders. Bei Paul Frochaux geht es letztlich um beides. Missbrauch 1998 und sexuelle Eskapaden in Vevey in den Nullerjahren.

Keine Konsequenzen

Beides bleibt für Frochaux ohne Konsequenzen. Vom Gutachten nominell entlastet, ist die kanonische Voruntersuchung beendet. Sicher, Frochaux verliert Anfang 2020 seine Stellung als Kathedralpriester von Freiburg. Aber zu diesem Zeitpunkt ist er 68 Jahre alt und somit im besten Rentenalter.

Und der Missbrauchsskandal von 1998? Der ist nach Schweizer Gesetz verjährt. Und nach kanonischem Recht war er keiner. Zumindest nicht 1998. Denn bis 2010 lag das kanonische Alter der Geschlechtsreife bei 16 Jahren. Damit war der Missbrauch kanonisch «nur» eine Versündigung «contra sextum».

Mittlerweile hat Rom die Gesetzte angepasst. Das Alter der Geschlechtsreife liegt bei 18 Jahren. Und der päpstliche Erlass «Vos estis lux mundi» stellt seit April 2023 auch den Missbrauch abhängiger Erwachsener unter Strafe.

Traumatisierend

Diese neuen Gesetze lassen sich aber nicht auf einen Fall von 1998 anwenden. Und weil die Verantwortlichen der Bistumsleitung es 2001 unterlassen haben, den Fall an die Polizei zu übergeben, ist er heute verjährt. Mit anderen Worten: Paul Frochaux kann nicht belangt werden.

Sowohl für das Opfer von 1998 als auch für Mekongo sind die Erfahrungen von 2020 traumatisierend. Der mediale Umgang, die nur zögerlichen Reaktionen Morerods, der Dreck, mit dem Frochaux wirft.

Mekongo haben die Monate des Skandals geprägt. Nach einem langen Leidensweg hat er seit 2022 zwei Teilzeitstellen als Priester im Kanton Freiburg. Am Telefon sagt er, dass er nur vergessen wolle.

Und Paul Frochaux? Laut Webseite der Gemeinde Le Landeron ist der pensionierte Priester vor Ort aktiv. Er bietet Führungen der örtlichen Chapelle de Combes an. Auf ein Gespräch möchte sich Frochaux nicht einlassen. Aber er sagt am Telefon: «Ich versichere Ihnen, es geht mir sehr gut.»

Frochaux und Mekongo sind beide im Bistum LGF inkardiniert. Sie stehen unter der Fürsorgepflicht des Bischofs. Anders der afrikanische Priester der Waadt. Sein Heimatbistum ist ein afrikanisches.

Wie mit Fussballspielern

Am besten lässt sich die Ausgangslage mit einem Fussballgleichnis erklären. Lokal inkardinierte Priester sind wie Kaderspieler eines Fussballvereins. Selbst wenn sie Ärger machen – weil sie zum Beispiel ihre Partnerinnen missbrauchen – schützt der Verein sie, so lange es geht. Anders sieht es mit den B-Spielern auf der Ersatzbank aus. Und nochmals anders mit Leihspielern.

In diesem Gleichnis wäre Frochaux Jérome Boateng, dessen Vergehen erst Aufsehen erregen, als eine seiner Partnerinnen sich umbringt. Mekongo wäre ein B-Spieler des Kaders. Er verärgert mit seinem Leak die Chefetage, die ihn zurechtstutzt. Aber gefeuert wird er nicht.

Und der Waadtländer Priester? Ein Leihfussballer, von Verein zu Verein geschoben, für den sich weder Vereinsverantwortliche noch Sportjournalisten interessieren.

Menschlich fragwürdig

Theoretisch ist sowohl ein Fussballverein als auch ein Bistum für alle von ihm angestellten Spieler-Priester verantwortlich. Egal welche Form und Dauer ihr Vertrag hat. Praktisch sieht es anders aus. Die «eigenen» Leute hält man auch bei Problemen. Bei den «fremden» Spielern ist das Abschieben der Verantwortung umso einfacher.

Obwohl das zivilrechtliche Verfahren gegen den Waadtländer Priester voraussichtlich eingestellt wird, dürfte seine Kündigung rechtlich kaum zu bekämpfen sein. Die Gründe: die vielen Besonderheiten des Schweizer dualen Systems und die breiten Auslegungsmöglichkeiten des kanonischen Rechts.

Worauf der Waadtländer Priester hoffen kann: dass seine Kündigung durch die Fedec missbräuchlich war. Dann stünde ihm immerhin eine Abfindung zu. Den Luxus, als pensionierter Priester in Le Landeron Fremdenführer zu spielen und seine Rente zu geniessen, den wird er wohl nicht haben. So ist das Recht. Aber ist es gerecht?

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