Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Respekt vor einer Schnapsidee

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Respekt vor einer Schnapsidee

Zehntausende reisen für eine Treberwurst an den Bielersee – Warum nicht an den Vully?

Seit Jahren schon ist das linke Bielerseeufer von Januar bis März zu einem eigentlichen Pilgerort für Feinschmecker geworden – die Treberwurst lockt. Trotz ähnlichen Voraussetzungen lädt am linken Murtenseeufer, dem Wistenlacherberg, nur ein Betrieb zum Treberwurstessen ein. Die FN haben nach Erklärungen gesucht.

Von URS HAENNI

Die Sonne streift von Westen her durch die gespenstisch leeren Weinberge und beleuchtet einen vom Westwind gekräuselten See. Die Zugvögel aus dem Norden haben sich auf dem klaren Wasser niedergelassen; einzelne Spaziergänger beleben die Idylle. Der See und seine steil ansteigenden Ufer erholen sich.

Diese Beschreibung passt in diesen Wintermonaten sowohl auf den Bieler- als auch auf den Murtensee, an deren linken Ufern nach dem Sommer jeweils ein köstlicher Weisswein heranreift. Doch die Ähnlichkeiten bestehen nur auf den ersten Blick. Während nämlich an den Hängen des Wistenlachs tatsächlich Winterstille eingekehrt ist, fahren nach Sonnenuntergang scharenweise Gäste in Privatfahrzeugen oder Cars in die idyllischen Bielerseedörfer Twann oder Ligerz. Es ist Treberwurstzeit.

Schnaps aus Traubenresten

30 000 bis 40 000 Gäste aus der ganzen Schweiz sind es mittlerweile, die in die Keller der Bielerseewinzer hinabsteigen und sich Treberwurst mit Gratin und anschliessend einen kräftigen Marc auftischen lassen.

Es muss eine Weinbauregion sein, um das echte Treberwurstfeeling zu geniessen. Schliesslich wird ja der Schnaps aus den Rückständen der Traubenbeeren gebrannt und die Wurst anschliessend im Destilleriedampf gekocht. Und doch findet sich in der Weinbauregion des Vully kein einziger Winzer, der es den Kollegen vom Bielersee gleichmacht. «Es ist nicht unsere Tradition, und es wäre nicht sehr loyal gegenüber unseren Freunden vom Bielersee, deren Idee zu übernehmen», sagt Bernard Derron, Präsident der Winzervereinigung des Freiburger Wistenlachs. «Mit unseren Berufskollegen aus der Dreiseenregion betreiben wir gemeinsam Promotion zur Förderung unseres Berufsstandes, und da kopieren wir nicht. Wir würden im Wistenlach auch keinen Oeil de Perdrix nachmachen.»

Derron spricht aber auch von den Regeln der Natur, die den Winzern im Winter eine Ruhepause gönnt. «Solange es mit dem Wein gut läuft, ist das so in Ordnung. Aber wer weiss, was die modernen Zeiten noch bringen?»

Winzer erhalten keine
Destillerie-Lizenzen mehr

Jean-François Biolley, auch er Winzer aus Môtier, argumentiert ähnlich wie sein Kollege Derron: «Es wäre zu simpel, einfach die Idee vom Bielersee zu stehlen.» Er spricht aber auch praktische Gründe an. Die Eidgenössische Alkoholverordnung verbietet es mittlerweile den Winzern, neben dem Weinbau gleich noch eine Destillerie zu betreiben. Der wohl traditionellste Treberwurst-Betrieb, jener von Werner Ruff in Twann, kann aufgrund der Tradition von einer Sonderregelung profitieren und aus den eigenen Traubenresten Marc brennen.

Auch Jean-François Biolley stellt pro Jahr wie andere Wistenlacher Winzer einige Liter Marc her, aber dafür fährt er zu einer Schnapsbrennerei nach Cheyres. So kann man am Vully immerhin in den Cafés Marc von den Wistenlacher Trauben geniessen.

Wistenlacher Wurst aus Twann

Dass man den Marc von Biolley dennoch zu einer Treberwurst geniessen kann, ist Willy und Nadja Gaillet vom Eulenhof in Mur zu verdanken. Der für seinen Agrotourismus bekannte Hof lädt seit sieben Jahren alljährlich zum Treberwurstessen ein. Waren es anfänglich bloss zwei Mal, so servieren sie dieses Jahr 22 Mal an Freitag- und Samstagabenden sowie an Sonntagmittagen die Wurstspezialität.

Respekt vor der Tradition des Bielersees haben aber auch Willy und Nadja Gaillet. «Wir sind am Bielersee durch die Region gefahren und haben überall probiert, wir haben es mit eigenen Würsten versucht, und am Schluss sind wir zur Überzeugung gekommen: Was wir auch machen – es kommt nichts an die Wurst von Twann heran», sagt Nadja Gaillet.
So holt ihr Mann an jedem Treberwursttag die Wurst direkt aus der Brennerei bei Werner Ruff in Twann und lässt sie nicht mehr abkalten, bis sie auf dem Tisch im Eulenhof serviert ist.

Um die Wurst ranken Legenden

«Die Wurst ist ein altes Rezept vom Metzger in Twann», sagt Nadja Gaillet. «Er musste vor dem Gemeinderat schwören, dass er es geheim hält.»

«Nein, das stimmt nicht», verweist der Twanner Metzger Ueli Fuhrer diese Geschichte ins Reich der Legenden. Wo er aber beipflichtet, ist, dass seine Treberwurst die beste von allen sei. Und das «geheime» Rezept? «Die Wurst wurde speziell adaptiert an das Kochen im Marc-Dampf bei Ruff, dazu hat sie einen feinen Schnitt und eine besondere Gewürzmischung.»

Wird die Treberwurst bei Gaillets also direkt am Bielersee gekocht, so versuchen die Gastgeber doch bei den Beilagen eine Wistenlacher Note beizufügen. Neben dem Gratin tischt Nadja Gaillet verschiedene Salate, den Marc von Biolleys sowie Vully-Kuchen und Vully-Wein auf.

Nur eine Modeerscheinung?

Für Nadja Gaillet gehört ein gemütliches Ambiente zur Treberwurst. Einen Weinkeller dafür herzurichten sei gar nicht so einfach. So müsste man diesen auch heizen, damit die Gäste im Januar und Februar nicht frieren. Sie selber servieren die Wurst im Stübli, das maximal 30 Leuten Platz bietet. Dass man damit zur Konkurrenz für die Gaststätten der Region wird, glaubt sie nicht: «Es ist eher eine Art ».

Nadja Gaillet denkt sowieso, dass dem immer noch steigenden Erfolg zum Trotz die Treberwurst auch eine Art kulinarische Modewelle ist. Sie hätten das Glück gehabt, im richtigen Moment einzusteigen und in den Jahren darauf dazuzulernen. Für nächstes Jahr aber hätten sie neben der Treberwurst bereits wieder eine neue Idee. «Der Mensch braucht immer wieder etwas Neues.»
Renaissance der Treberwurst

Der Legende nach hätten im vorletzten Jahrhundert (andere Quellen sprechen auch von den 1950er Jahren) hungrige Bielersee-Winzer beim Schnapsbrennen Hunger verspürt und ihre Würste zum Kochen einfach in den Schnapsdampf gelegt. Der Geschmack und vielleicht auch ein paar Gläschen Marc liessen die Schnapsidee gedeihen und zu einer Tradition der Region werden.

Die Treberwurst geriet danach wieder in Vergessenheit, erlebte aber zu Beginn der 1980er Jahre eine Renaissance. Immer noch werden die Traubenreste (Trester oder Treber) gelagert, in der Dorfbrennerei zu Marc destilliert und dabei die Schweinswürste darüber im Treberdampf gegart. Geschnitten wird die gekochte Wurst in den Weinkellern den Gästen dann mit dem Grappa-ähnlichen Marc flambiert und mit Kartoffeln und einem Winzersorbet serviert.
Treberwurst kann man mittlerweile in der ganzen Schweiz essen; die Bielersee-Schifffahrtsgesellschaft organisiert gar Treberwurst-Kreuzfahrten. Auch in den Grossverteilern Migros und Coop kann man eine Treberwurst kaufen, doch sei diese in keiner Weise vergleichbar mit der «echten» Treberwurst, sagt Metzger Ueli Fuhrer. Er lässt neuerdings seine Wurst im Marcdampf von Werner Ruff garen, in Vakuum verpacken und verkauft sie dann in einem Säcklein mit der Aufschrift: «Original Twanner Treberwurst».

Meistgelesen

Mehr zum Thema