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Schweizer Tierschutz trennt sich von Präsidentin Nicole Ruch

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Am Samstagabend wurde Nicole Ruch als Präsidentin des Schweizer Tierschutz (STS) abgewählt. Sie hatte den Entscheid hinaus gezögert und bis zuletzt gekämpft. Verbands-Vize Piero Mazzoleni wird neuer Präsident.

Hotel Arte, 14 Uhr, drei kurzfristig mandatierte Anwälte der Zürcher Kanzlei Barandun eilen emsig durch die Gänge, Stundenhonorar von 300 bis 500 Franken. Mitarbeiterinnen des Zentralverbands kontrollieren die Identität der Delegierten, flankiert von mehreren Sicherheitsleuten. Medienschaffende dürfen nicht in die Nähe des Saales, durch einen Hintereingang stösst schliesslich Nicole Ruch zu den Delegierten.

Trotz verschlossener Tür dringen in den folgenden Stunden zahlreiche übereinstimmende Schilderungen über den Sitzungskrimi nach draussen. Schon eine Stunde nach Beginn spielen sich im Saal Disteli tumultartige Szenen ab. «Nein, nein, nein!» – «So geht es nicht!» – «Gehen Sie raus!» – «Das ist illegal», rufen Dutzende empörte Delegierte.

Die Präsidentin hatte sich soeben geweigert, die Versammlung über zwei Ordnungsanträge abstimmen zu lassen. Mehrere Sektionen hatten verlangt, sie dürfe die Versammlung nicht selber leiten; sie forderten zudem, dass der Antrag auf Abwahl der Präsidentin nicht erst gegen Schluss, sondern gleich zu Beginn traktandiert werde: «Wir stehen jetzt am Scheideweg – wir müssen entscheiden, wer uns in die Zukunft führt!», sagt ein Mitglied: «Es geht jetzt nicht um persönliche Interessen, es geht um unsere Glaubwürdigkeit!»

Doch die STS-Präsidentin will zur Überraschung der anwesenden Juristen nicht abstimmen lassen, ob die Ordnungsanträge zugelassen werden – trotz klarer gesetzlicher Bestimmungen. «Ich habe mich mehrere Tage lang vorbereitet», erklärt sie, «und ich mache jetzt weiter und verweise sie ansonsten auf den Rechtsweg.» Nach Buh-Rufen verlässt sie im Beisein der Anwälte den Saal. Pause. Empörte Delegierte geben Fernseh-Interviews.

Damit erreichte die Krise im Schweizer Tierschutz einen weiteren Tiefpunkt. Seit Frühling 2022 hatten Vorstandsmitglieder zunächst intern versucht, Transparenz beim Umgang mit Spendengeldern und geerbten Häusern einzufordern.

Zewo setzte den Verein auf die schwarze Liste

Seit Mai letzten Jahres häuften sich die Schlagzeilen: Horrende Spesenbezüge, dubiose Immobiliengeschäfte, Kündigungswellen beim Personal, Streit im Vorstand und eine Strafanzeige gegen Vorstandsmitglieder führten dazu, dass die Zewo den Verein auf die schwarze Liste setzte. Trotz heftiger Kritik – selbst ihr Vizepräsident und ihr Ziehvater forderten sie öffentlich zum Rücktritt auf – hielt die für vier Jahre gewählte Bielerin an ihrem Amt fest.

Sie verschob die Delegiertenversammlung und liess die Anträge auf Abwahl unbeantwortet, bis vor zehn Tagen das Basler Zivilgericht eine superprovisorische Verfügung erliess: Alle Anträge müssen unter Strafandrohung traktandiert werden.

Was treibt Nicole Ruch an? Warum klammert sie sich seit Monaten an ihr Amt? Ist es Herzblut für Tiere, wie sie, die Besitzerin von Windhunden und Möpsen, sagt? Will sie nach über zehn Jahren im Vorstand eigene Fehler vertuschen oder aufräumen? Steckt ihre berufliche Karriere in einer Sackgasse als Anlageberaterin bei der Credit Suisse, die keine Teamleitung mehr hat?

Ruch kämpft wie eine Löwin um ihr Ehrenamt

In Olten jedenfalls setzt sich Nicole Ruch in der Pause dank einem Entgegenkommen ihrer Gegner weitgehend durch: Sie darf vorerst noch Präsidentin bleiben, die Sitzung selber leiten, über die Ordnungsanträge wird später abgestimmt.

Sie kann wie von ihr erhofft beim Tätigkeitsberichts zehn Minuten lang erklären, was sie in den letzten 27 Monaten erreicht hat, hebt ihre Anstrengungen zugunsten der Digitalisierung der Spenden und den Relaunch der Website hervor und sagt: «Ich wollte nichts überstürzen, ich wollte Schritt für Schritt vorgehen.»

Sie wirkt jetzt wieder gefasst, bezeichnet Vorwürfe gegen sie als «falsch und ungeheuerlich». Keine Frage: Sie kämpft wie eine Löwin um ihr Ehrenamt. Die Abstimmung über ihre Abwahl erfolgt nun unter dem drittletzten Traktandum.

Die Versammlung nimmt ihren Lauf, grössere Diskussionen gibt es zur Jahresrechnung, die trotz einem Vermögen von 40 Millionen Franken nur eingeschränkt revidiert und mit minimalen Angaben publiziert wird. Die Delegierten genehmigen die Rechnung knapp, dann folgt eine erste Niederlage für Nicole Ruch und den Restvorstand: Die Versammlung verweigert die Erteilung der Décharge deutlich mit 131 Nein zu 49 Ja bei 9 Enthaltungen.

Der Vorstand wird demnach nicht entlastet und kann für allfällige finanzielle Verfehlungen weiterhin haftbar gemacht werden. Ruch ist es trotz viel Redezeit nicht gelungen, Vertrauen zu schaffen bei den 202 Delegierten.

Stärkste Kritiker müssen den Vorstand verlassen

Trotz überdurchschnittlicher Präsenz der Sektionsvertreterinnen und -vertreter gibt es im Saal Disteli prominente Abwesende. Zum Beispiel Ehrenpräsident Heinz Lienhard, der den Verband bis 2021 zusammen mit seiner Frau während 20 Jahren als Alleinherrscher geführt und Nicole Ruch als Nachfolgerin portiert hatte.

Dann Rechtsprofessor Peter V. Kunz, der sich zunächst als Kandidat für den Vorstand gemeldet hatte, dann aber krankheitshalber abwesend war. Und PR-Berater Jürg Wildberger, den Ruch im September für ein Kostendach von 60’000 Franken verpflichtet hatte.

Kurz nach 19 Uhr, gut fünf Stunden nach Start der DV, kommt es doch noch zur Abstimmung, welche die angegriffene Präsidentin so sehr gescheut hatte. 108 Personen stimmen für ihre Abwahl, 82 dagegen und 5 enthalten sich. Nicole Ruch gibt später ein schriftliches Statement ab: Sie bedaure den Entscheid, unterstütze den STS aber weiter.

Danach geht es Schlag auf Schlag: Vizepräsident Piero Mazzoleni wird zum neuen Präsidenten gewählt, die beiden stärksten Kritiker von Nicole Ruch, können nicht im Vorstand bleiben: Die Schaffhauser SP-Nationalrätin Martina Munz wird nicht wiedergewählt, und der Agronom Michel Roux wird abgewählt.

Trotzdem geben sich die beiden gelassen, als sie die Versammlung nach sieben Stunden verlassen. Für sie sei es wichtig gewesen, einen Neuanfang ohne Nicole Ruch zu ermöglichen, sagt Munz: «Der STS muss wieder Vertrauen herstellen und sich für die Kernanliegen, den Tierschutz, engagieren.»

Ob dies dem neuen Vorstandsteam gelingt, wird sich weisen. Bei Redaktionsschluss waren die Wahlen noch immer im Gange. Der monatelange Konflikt hinterlässt jedenfalls neben einem Spendeneinbruch bei den Sektionen tiefe Narben und viele Enttäuschte. So verlässt die Mehrheit der Delegierten das Kongresshotel vorzeitig und verzichtet auf das Abendessen, das im Saal Corbusier seit über drei Stunden vorgewärmt worden war.

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