Für Pfadis sind Sommerlager üblich. Aber ein so grosses wie das Bundeslager im Oberwallis haben kaum je welche erlebt. Die FN haben eine Gruppe von Eltern aus Murten ans Bula begleitet.
«Es ist einfach gigantisch», sagt Flurina Bühler, Leiterin der Pfadi Andromeda Murten, als sie die kleine Abordnung von Eltern am Eingang des Bundeslagers (Bula) im Empfang nimmt. Die Gruppe hat die beschwerliche Reise nach Ulrichen im Oberwallis auf sich genommen, um zu sehen, wie es den jungen Pfadfinderinnen und Pfadfindern dort geht und wie es sich so leben lässt, auf dem grössten Campingplatz, den die Schweiz je gesehen hat.
Das Ziel ist das Lager der Pfadistufe, also der mittleren Altersklasse. 18 Kinder und fünf Leitende «leben» dort. Das Festgelände ist in unterschiedlich gestaltete «Kontinente» eingeteilt, auf denen es sich die insgesamt 800 Gruppen gemütlich eingerichtet haben. Die Murtner leben in Valvor. Der Kontinent liegt im westlichen Drittel des Geländes.
Leiterin Flurina Bühler (mit dem Velo) führte die Besuchergruppe aus Murten zu ihrem Camp. – Fahrettin Calislar Jede Abteilung hat am Bula einen zugewiesenen Besuchstag für ihre Gäste, Gönner und Eltern. – Fahrettin Calislar Massen bewegen sich während zwei Wochen über das Festgelände im Obergoms. – Fahrettin Calislar Auf dem XXL-Campingplatz leben aktuell drei Mal so viele Menschen wie im ganzen Obergoms sonst. – Fahrettin Calislar
Die Gruppe aus Murten setzt sich in Bewegung, passiert die Bühne, welche die Eltern schon von der im Fernsehen gezeigten Eröffnungsfeier kennen, kommt an vielen Sponsorenständen und an einem grossen Zelt vorbei, aus dem ständiges kindliches Kreischen zu hören ist. «Das sind die Duschen», erläutert Bühler ungefragt. Sie hätten nur einmal pro Woche drei Minuten «pro Kopf» Zeit.
Aber so lange duscht kaum jemand, weil das Wasser eiskalt ist.
Deshalb auch das Kreischen. Auf die Frage, wie gross man sich das Festgelände vorstellen soll, sagt Bühler:
Wir haben von unserem Lager aus rund zwei Stunden gebraucht, bis wir auf dem Spielplatz am anderen Ende waren.
Nur schon zum Zentrum der 30’000-Seelen-Zeltstadt müssen die Pfadis aus Murten je nach Gegenverkehr bis zu einer halben Stunde einrechnen.
Begeisterter Empfang
Die Gruppe kommt beim Lager an. Es herrscht ein grosses Hallo, auch für Pfadis ist es nicht nur einfach, die Familie so lange zu entbehren.

Fahrettin Calislar
Die Leitenden haben das Murtner Lager vor der Ankunft der Kinder innert kurzer Zeit hochgezogen, mit eigenem Material, und solchem, das ihnen angeliefert worden ist. Die Holzstämme für den Hauptmast haben sie zum Beispiel umständlich mit einem Veloanhänger von einem Sammelplatz herangeschafft. Eine Spezialistin hat die Infrastruktur am Ende abgenommen. Auf einem Quadrat von etwa 15 Metern Seitenlänge stehen nun Schlafzelte, ein Küchen- und ein Gemeinschaftszelt, ein Sarasani.
Dort steht das Küchenteam um Malte Watzek gerade in den letzten Vorbereitungen. Serviert wird für alle Polenta mit Peperoni und dazu Salat. Gegessen wird aus Gamellen – auch die Eltern kriegen welche ausgehändigt.

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Grossartige Logistik
Nach der Speisung erklärt Watzek den Anwesenden, wie die ganze Verpflegungslogistik funktioniert. Sie ist eine der grössten Herausforderungen an einem Anlass mit bis zu 35’000 hungrigen Mäulern am Tag, Helfende und Besuchende eingerechnet. Im Gegensatz zu anderen Lagern kochen die Pfadis selbst. Sie hätten für jeden Tag aus einer Liste mit drei Menüs auswählen müssen, so Watzek. Die dafür notwendigen Zutaten holen die Pfadis zwei Mal am Tag im grossen Zelt eines Grossverteilers. Die regelmässige, oft über 100 Meter lange Warteschlange unter sengender Sonne gehört zum Alltagsbild des Lagers. Watzek sagt:
Wir haben das, was wir bestellt haben, bisher immer erhalten.
Dazwischen schaut er kurz zur Seite und ruft einem Teilnehmer zu: «Zieh dir einen Hut an, wenn du draussen spielst.»
Der Nachschub ist gesichert, aber ausgesprochen aufwendig. – Fahrettin Calislar Die Gruppen müssen im Voraus ihre Lebensmittel bestellen. – Fahrettin Calislar Je nach Grösse der Gruppe ist die Beschaffung der Lebensmittel eine grosse Herausforderung. – Fahrettin Calislar
Nicht nur lustiges Lagerleben
Während die Murtner Pfadis aufräumen und abwaschen, zeigen jene Kinder, deren Eltern zu Besuch sind, diesen das Lager. Es ist eine Mischung aus Aufregung, ständiger Ablenkung – eigentlich würden sie jetzt lieber mit den anderen spielen und quatschen – und Stolz. Die Teilnahme am Bula ist für jeden und jede Pfadi eine einzigartige Erfahrung. Aufgrund der Durchführung alle 14 Jahre kommen die meisten nur einmal in ihrer Pfadfinderkarriere in den Genuss des Grossanlasses.

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«Nachmittag zur freien Verfügung», so der Programmpunkt. Viele zieht es in den Souvenir-Shop. Die wichtigsten Andenken haben die Kinder aber schon: Pfadikrawatten. Sie mit Pfadis anderer Gruppen oder gar aus anderen Abteilungen zu tauschen, gehört traditionell zu den Grossanlässen.

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Minutiös durchorganisiert
Derweil vertreiben sich die anderen Pfadis die Freizeit. Sie ist rar, denn das Programm, das die Leitenden schon Monate im Voraus eingereicht haben, ist dicht und muss genau umgesetzt werden. Für die erwähnte Spielwiese haben die Gruppen einstündige Slots erhalten. Da ist allgemein wenig Platz für spontane Ideen. Der Höhepunkt sei bisher die Eröffnungsfeier gewesen, erinnert sich Leiterin Bühler, aber die Murtner hätten von ihrem zugewiesenen Standort aus nicht viel gesehen. «Das war mühsam.»
Die Pfadi Andromeda Murten ist die kleinste der drei Deutschfreiburger Abteilungen. – Fahrettin Calislar Zwei aneinandergehängte Schlafzelte und ein Gemeinschaftszelt – die Pfadistufe der Andromeda braucht nicht viel Platz. – Fahrettin Calislar Das Küchenzelt – gekocht wird aus Sicherheitsgründen mit Gas. – Fahrettin Calislar
Kurz vor dem Aufbruch der Besuchenden kommen zwei Pfadis mit sehnlichst erwarteten Paketen zurück. Die Feldpost hat dem Nachwuchs bitter benötigten Nachschub gebracht, Unterhosen etwa, aber auch Süssigkeiten. Gleichzeitig haben einige die Gelegenheit, ihren Eltern Dreckwäsche mitzugeben, die sie nicht im Zelt haben oder nach Abschluss des Lagers nicht nach Hause transportieren wollen.
Alle paar Tage gibt es Versorgung aus der Heimat: Der Volksmund spricht von «Fresspäckli». – Fahrettin Calislar Das angelieferte Paket sichert für die nächsten paar Tage die Versorgung mit Süsswaren. – Fahrettin Calislar
Dieser Teil schliesst die dreiteilige FN-Serie zum Bula ab. Die FN berichteten über die Vorbereitungen bei der Pfadi Maggenberg und über die Abreise der Pfadi Düdingen ans Bula.
So einen Campingplatz hat die Schweiz noch nie gesehen: das Bundeslager 2022 der Pfadibewegung. – Alain Wicht Weitere Eindrücke vom Mova 2022. – Alain Wicht Spiel und Spass stehen im Vordergrund. – Alain Wicht Auch gerauft wird einmal – aber sehr friedlich. – Alain Wicht Wie im Privatleben ist auch am Mova der Tratsch wichtig für eine Teenagerin. – Alain Wicht Aber auch zu lernen und zu üben gibt es viel. – Alain Wicht In der Affenhitze ist eine Abkühlung sehr willkommen. – Alain Wicht Einer der Höhepunkte des Tages: Essen fassen. – Alain Wicht Es ist wie zu Hause: Gegessen wird, was auf den Tisch kommt. Oder..? – Alain Wicht
Bundeslager 2022
Die grösste Zeltstadt der Schweiz
Das zweiwöchige Pfadi-Bundeslager (Bula) im Obergoms VS ist mit durchschnittlich 30’000 Teilnehmenden und 5000 Hilfskräften das grösste Pfadfinderlager der Schweiz. Es dauert bis am 6. August. Aus Freiburg werden bis am Ende des Bulas rund 1000 Pfadis verschiedener Altersstufen und unterschiedlicher Funktionen angereist sein. Davon stammen rund 200 aus Deutschfreiburg. Sie kommen aus der Stadt Freiburg (Maggenberg), Murten und Düdingen. Die Abteilungen sind selbst in altersgetrennten Untergruppen über das ganze Gelände verteilt. Auf 120 Hektaren, einer Fläche von fast 170 Fussballfeldern, wurde mit dem früheren Militärflugplatz Ulrichen als Rückgrat ein gigantisches Zeltdorf sowie die nötige Infrastruktur aufgebaut. Die Pfadibewegung Schweiz organisiert die Bulas, sie finden etwa alle 15 Jahre statt. Die letzten Bulas waren im Napf und an der Linth, 1980 waren die Pfadis in Bulle zu Gast. fca
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