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Tempo 30: Segen oder Ärgernis? Das sagt ein Verkehrsexperte

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Weniger Unfälle? Flüssigerer Verkehr? Weniger Abgase? Tempo 30 wird als Wundermittel für viele Verkehrsprobleme angepriesen. Seit die Stadt Freiburg Tempo-30-Zonen eingeführt hat, werden immer mehr Zweifel an der Wirkung laut. Ein Verkehrsexperte ordnet ein.

Auf über der Hälfte des Strassennetzes der Stadt Freiburg gilt seit dem 2. Oktober eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 Kilometern pro Stunde (die FN berichteten). Dabei handelt es sich um eine Massnahme der Stadt, um den Strassenlärm zu reduzieren. Die Stadt erhofft sich zudem eine höhere Sicherheit im Strassenverkehr sowie einen besseren Verkehrsfluss. Sie wirbt bei ihrer Kampagne dafür, dass sich allgemein die Lebensqualität erhöht.

Auf vielen Strassen der Stadt Freiburg gilt seit 2. Oktober eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h.
Bild Charly Rappo

Die neue Regelung ist erst seit gut sechs Wochen in Kraft, wird aber von vielen Autofahrerinnen und -fahrern als sehr unpraktisch empfunden. Sie kritisieren, dass es seither viel gefährlicher geworden ist auf Freiburgs Strassen und dass es zu mehr Staus kommt. Die Redaktion hat aus der Leserschaft viele Rückmeldungen erhalten, wonach grosse Zweifel an den Versprechungen und erhofften Zielen rund um Tempo 30 gehegt werden.

Deshalb haben die FN mit Marc-Antoine Fénart, Verkehrsexperte und Professor an der Hochschule für Technik und Architektur Freiburg (HEIA-FR), darüber gesprochen, wie das Projekt aus wissenschaftlicher Sicht zu werten ist. Reduziert Tempo 30 tatsächlich den Verkehrslärm? Wird der Verkehr dadurch sicherer? Und welche Auswirkungen hat das auf den Stau in der Stadt?

Behauptung 1: Tempo 30 führt zu mehr Sicherheit

Stimmt, was die Schwere der Unfälle betrifft. Diese hänge nämlich direkt von der Geschwindigkeit ab, wie die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) betont. Würde die Höchstgeschwindigkeit auf einer Strasse von 50 km/h auf 30 km/h reduziert, ginge die Zahl der schweren Unfälle um mindestens ein Drittel zurück, schreibt das BFU am Donnerstag in einer Medienmitteilung. Verkehrsexperte Fénart erklärt weiter:

Grundsätzlich gilt: Je niedriger die Geschwindigkeit, desto geringer sind die Schäden bei einem Unfall.

Marc-Antoine Fénart
Vekehrsexperte

Aber gibt es auch weniger Unfälle, wenn Tempo 30 gilt? Hier ist die Antwort weniger klar. Denn die Unfallwahrscheinlichkeit hängt nicht von der Geschwindigkeit an sich ab, sondern von den Geschwindigkeitsunterschieden zwischen den Verkehrsteilnehmenden. «Je grösser die Geschwindigkeitsunterschiede, desto grösser ist die Unfallwahrscheinlichkeit», sagt der Experte. In der Folge könne Tempo 30 einen positiven Einfluss auf die Anzahl der Unfälle haben, sagt Fénart: «Bei Tempo 30 sind die Geschwindigkeitsunterschiede zwischen den Velos und den Autos geringer. Das könnte dazu führen, dass es weniger Unfälle gibt.» Aber auch die Velofahrenden müssten sich an die Regeln halten.

Für die Stadt Freiburg gebe es aber noch keine abschliessenden Erkenntnisse über die Auswirkungen der Geschwindigkeitsbegrenzung auf das Unfallgeschehen. Erst in einigen Monaten würden erste Ergebnisse vorliegen. 

Definition

Tempo 30 und 30er-Zonen

In einigen Quartieren hat die Stadt Freiburg eine Reihe von Tempo-30-Zonen eingerichtet und wird diese auch weiterhin ausbauen. In diesen Zonen gelten spezielle Regeln: Rechtsvortritt an Kreuzungen, Wegfall von Fussgängerstreifen. Das ist nicht zu verwechseln mit der Geschwindigkeitsreduktion auf 30 km/h: Auf einigen Hauptverkehrsadern wird die Geschwindigkeit zwar auf 30 km/h begrenzt, dort gelten jedoch auch weiterhin die normalen Verkehrsregeln. im

Behauptung 2: Tempo 30 reduziert den CO2-Ausstoss

Antwort: Es ist kompliziert. «Die Studien zu dieser Frage sind widersprüchlich», hält Fénart fest. Klar ist: «Je konstanter die Geschwindigkeit, desto niedriger die Emissionen. Die Emissionsunterschiede entstehen durch das Beschleunigen und Bremsen.» Würden alle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mit einer konstanten Geschwindigkeit fahren, würden sie aufgrund der Getriebeübersetzung bei einer niedrigeren Geschwindigkeit sogar mehr Emissionen ausstossen als bei einer höheren Geschwindigkeit. «In diesem Szenario ist Tempo 30 also umweltschädlicher als Tempo 50», sagt der Verkehrsexperte.

Jedoch: Tempo 30 würde nur dann schlechter abschneiden, wenn die Fahrzeuge mit konstanter Geschwindigkeit unterwegs wären, also ohne zu bremsen und zu beschleunigen. Jede und jeder, der regelmässig auf der Strasse unterwegs ist, weiss: In der Realität ist dies kaum der Fall. Berücksichtigt man die Tatsache, dass Fahrzeuge bremsen und beschleunigen, schneidet Tempo 30 wieder besser ab als Tempo 50. Denn: «Ein Auto muss weniger beschleunigen, um auf 30 Kilometer pro Stunde zu kommen als auf 50.»

Es ist also schwierig zu beurteilen, ob Tempo 30 tatsächlich die Emissionen reduziert. Das Fazit des Experten:

Es hängt stark vom individuellen Verhalten ab, ob bei Tempo 30 weniger Emissionen ausgestossen werden.

Marc-Antoine Fénart
Verkehrsexperte
Seit dem 2. Oktober gilt auf 60 Prozent des Strassennetzes der Gemeinde Freiburg sowohl am Tag als auch in der Nacht eine Tempolimite von 30 km/h.
Quelle Stadt Freiburg

Behauptung 3: Tempo 30 führt zu mehr Staus

Falsch. Grundsätzlich habe die Geschwindigkeit auf die Anzahl der Staus keinen Einfluss, erklärt Verkehrsexperte Marc-Antoine Fénart. «In städtischen Gebieten entstehen Staus in erster Linie an Kreuzungen und überall dort, wo es zu einem Vorfahrtsverlust kommt, beispielsweise bei Ampeln oder einem Kreisverkehr.» Auf den Punkt gebracht bedeutet das, dass die Kreuzung, die heute bei Tempo 50 Stau verursacht, auch bei Tempo 30 Stau verursachen wird.

Das niedrigere Tempolimit führe nur dann zu mehr Staus, wenn die Koordination zwischen den Ampeln nicht an die Geschwindigkeit angepasst werde, erklärt der Experte. Also, wenn durch die geringere Geschwindigkeit eine grüne Welle nicht mehr durchfahren werden kann. Dabei handelt es sich gemäss Fénart um eine verkehrstechnische Anpassung. Allgemein gelte: «Wenn man die Geschwindigkeit auf einer Strecke ändert, muss man die Verkehrstechnik grundlegend neu regeln.»

Tempo 30 habe keinen Einfluss auf die Bildung von Staus, sagt der Verkehrsexperte. 
Bild Charly Rappo

Behauptung 4: Tempo 30 reduziert den Verkehrslärm

Antwort: Ja. Was den Verkehrslärm betrifft, müsse man zwei Phänomene unterscheiden, so der Experte: Das Motorengeräusch und das Rollgeräusch, das durch den Kontakt des Reifens mit der Strasse entsteht. «Bei den lautesten Fahrzeugen, wie Motorrädern und Lastwagen, bringt eine geringere Geschwindigkeit theoretisch keine oder nur eine geringe Lärmminderung», sagt Fénart.

Bei Autos und Lieferwagen hingegen, die den Grossteil des Strassenverkehrs ausmachen, sei das Rollgeräusch bereits bei 30 km/h lauter als das Motorengeräusch, so der Verkehrsexperte. Bei diesen Fahrzeugen bedeute eine geringere Geschwindigkeit also auch eine geringere Geräuschkulisse. Zudem beschleunigen Fahrzeuglenkende bei Tempo 30 weniger stark als bei Tempo 50. «Das spricht dafür, dass der Verkehrslärm reduziert wird», sagt Fénart. Dies wirke sich positiv auf die Lebensqualität der Anwohnenden aus. 

Verkehr auf der Südallee (Avenue du Midi): Tempo 30 soll die Lärmbelastung für Anwohnerinnen und Anwohner verringern. 
Bild Aldo Ellena

Nachteile für ÖV und Taxis

Für den Verkehrsexperten Marc-Antoine Fénart überwiegen die Vorteile der Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 Kilometern pro Stunde. Vor allem die Reduzierung der Lärmbelastung sowie die Erhöhung der Sicherheit im Strassenverkehr seien positiv zu werten. Allerdings dürfe nicht ausser Acht gelassen werden, dass Tempo 30 in der Stadt zu Problemen führen kann: Für die öffentlichen Verkehrsmittel ist mit der Geschwindigkeitsbeschränkung eine leichte Verzögerung zu erwarten. «Diese beträgt etwa 1,5 Sekunden pro hundert Meter», erklärt Fénart. Auf einer Busfahrt durch die Agglomeration Freiburg würde man auf einer zwei Kilometer langen Strecke bei optimalem Verkehrsfluss also knapp eine halbe Minute verlieren.

Eine Busfahrt durch die Stadt dürfte künftig etwas länger dauern. 
Archivbild Charles Ellena

Probleme ergeben sich auch für Taxifahrerinnen und Taxifahrer, die oftmals nachts bei wenig Verkehr unterwegs sind: Wenn diese nämlich nur noch mit Tempo 30 durch die Stadt fahren dürfen, sind sie länger unterwegs und die Fahrt wird entsprechend teurer. «Für Taxifahrerinnen und -fahrer könnte das zum Problem werden, weil sich so vielleicht weniger Leute dazu entscheiden, ein Taxi zu nehmen», so Fénart.

Problematisch ist Tempo 30 möglicherweise auch für die Rettungsdienste. Diese haben zwar eine Ausnahmegenehmigung, sie dürfen also schneller als die vorgeschriebene Geschwindigkeit fahren. Es gebe aber Fälle, wo auch die Ambulanz, die Feuerwehr oder die Polizei nicht deutlich über der angegebenen Geschwindigkeit fahren dürfen. Fénart gibt zu bedenken: «Wird akzeptiert, wenn ein Rettungswagen auf einer Strasse 90 km/h fährt, wo sonst nur Tempo 30 erlaubt ist?»

Für die Ambulanz könnte Tempo 30 Probleme mit sich bringen. 
Archivbild Aldo Ellena

Verkehr

Tempo 30: Das sagt die Stadt Freiburg 

Auf über 60 Prozent des Freiburger Strassennetzes ist die Geschwindigkeit seit dem 2. Oktober auf 30 Kilometer pro Stunde beschränkt (die FN berichteten). Konkret ist die Geschwindigkeit auf 26 Strassenachsen von 50 auf 30 Kilometer pro Stunde reduziert worden, während zehn weitere zu Tempo-30-Zonen geändert wurden. Sieben Achsen mit Tempo-30-Zone folgen 2024. Dabei handelt es sich um die Umsetzung des Projekts zur Bekämpfung des Strassenlärms in der Stadt. Nebst der Geschwindigkeitsbeschränkung wurden seit 2011 zudem rund zwölf Kilometer schallisolierender Belag verlegt. 

Die Geschwindigkeitsbeschränkung soll in erster Linie den Verkehrslärm reduzieren und so zu einer verbesserten Lebensqualität für die Anwohnerinnen und Anwohner führen. Aus der Sicht der Stadt hat die Massnahme weitere positive Effekte. In einer Mitteilung schreibt diese: «Bei 30 km/h verringert sich die Anzahl Unfälle und deren Schwere. Der Verkehrsfluss ist besser, da aufgrund der verringerten Geschwindigkeit seltener gebremst und beschleunigt werden muss. Darüber hinaus ist das Miteinander der verschiedenen Verkehrsteilnehmenden deutlich besser.» 

Neue Kampagne

Um auf diese positiven Effekte von Tempo 30 aufmerksam zu machen, lancierte die Stadt eine Kampagne mit dem Namen #love30. Begleitet wird die Kampagne von verschiedenen Kommunikationsmassnahmen, die die Verkehrsteilnehmenden auf die Geschwindigkeitsbeschränkungen aufmerksam machen sollen. 180 Schilder und Bodenmarkierungen sollen an die erlaubte Geschwindigkeit erinnern. Ausserdem werden didaktische Radargeräte an den grossen Strassenachsen aufgestellt. mbe

Mit der Kampagne #love30 klärt die Stadt Freiburg mit Mobilitätsdirektor Pierre-Olivier Nobs über die positiven Effekte von Tempo 30 auf. 
Bild Jean-Baptiste Morel

Stadt Freiburg

Diese Strassenabschnitte sind betroffen

Neue Tempo-30-Zonen

  • Walriss
  • Industriegasse
  • Botzetgasse
  • Petermann-­Aymon-de-Faucigny-Gasse
  • Antoine-de-­St-Exupéry-Gasse
  • Holzweg
  • Zeughausstrasse zwischen der Cardinal-Unterführung und der Industriegasse
  • Wilhelm-Kaiser-Strasse
  • Jacques-­Gachoud-Strasse
  • Route du Comptoir
  • Alpengasse
  • Neustrasse
  • Lindengasse
  • Place du Petit-Paradis
  • Apfelbaumweg
  • Weiherweg
  • Kalvarienweg

Neue Geschwindigkeitsbegrenzungen von Tempo 50 auf Tempo 30:

  • St.-Barthélemy-Strasse
  • Murtengasse
  • Alpenstrasse
  • Spitalgasse
  • Jurastrasse
  • Louis-Weck-Reynold-Allee
  • Europaallee
  • Beauregard-Allee
  • Villars-Strasse
  • Südallee
  • St.-Theresia-Strasse
  • Romstrasse
  • Steinbrückengasse
  • Barometerplatz ausserhalb der Begegnungszone
  • St.-Peters-Gasse
  • Tivoli-Allee
  • Pierre-Kaelin-Gasse
  • Pérolles-Strasse
  • General-Guisan-Allee
  • Jean-de-Montenach-Allee
  • Louis-d’Affry-Gasse
  • Bahnhofstrasse (nur der Abschnitt ausserhalb der im Zusammenhang mit dem Bahnhofsprojekt geplanten Begegnungszone)
  • Pilettesgasse
  • Cardinal-Unterführung
  • Glane-Strasse zwischen der Cardinal-Unterführung und der Giessereistrasse
  • Zeughausstrasse zwischen Bahnhofstrasse und der Cardinal-Unterführung

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