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«Tinguely wollte, dass er fährt»

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Wenn es einen Himmel gibt, dann sitzt Jean Tinguely jetzt auf seiner Wolke und lacht über den Schwachsinn, den wir hier treiben.» Das sagt Albrecht Gumlich, Restaurator am Museum Tinguely in Basel, über das Projekt, mit dem er sich gerade beschäftigt: die Restaurierung von Jean Tinguelys Fahrskulptur «Le Safari de la Mort Moscovite» aus dem Jahr 1989. Grund für diese Restaurierung ist der Auftritt, den der «Safari» am 3. September in Freiburg vor sich hat. Dann soll er den «Grand Prix Tinguely» anführen, den Umzug, der den Höhepunkt des Tinguely-Jahres 2016 markiert, das Stadt und Kanton Freiburg zum 25. Todestag des Künstlers veranstalten (die FN berichteten).

 Was Tinguely auf seiner Wolke womöglich als «Schwachsinn» betrachten würde, ist in Tat und Wahrheit nach allen Regeln der Kunst durchgeführte Konservierungs- und Restaurierungsarbeit. Ziel ist es, den «Safari», der sich sonst in der Sammlung des Museums Tinguely befindet, soweit instand zu stellen, dass er am 3. September durch Freiburg fahren kann, ohne dass das Kunstwerk oder das Publikum in Gefahr geraten.

 Bewegen und bewahren

Für die Restauratoren ist dies eine grosse Herausforderung. Da ist zunächst das konservatorische Dilemma, das sich bei jedem kinetischen Kunstwerk stellt: Die Bewegung ist Bestandteil des Werks und der Intention des Künstlers, führt aber auch zur Abnützung des Originalmaterials. «Um das Objekt und seine Bewegungsfähigkeit möglichst lange zu erhalten, werden immer wieder minimale Eingriffe durchgeführt», erklärt Chantal Willi, die derzeit im Museum Tinguely ein Praktikum als Restauratorin absolviert und den «Safari» zusammen mit Albrecht Gumlich und dessen Kollegen Jean-Marc Gaillard unter ihre Fittiche genommen hat. Wichtig sei dabei, dass jeder Eingriff dokumentiert werde und nach Möglichkeit reversibel sei, ergänzt Gumlich. Im Falle von Tinguelys «Safari» bedeutet das zum Beispiel, dass abgenützte Keilriemen ersetzt, die Originale aber fein säuberlich aufbewahrt werden. Wenn dann einmal der Tag kommt, an dem die Skulptur nicht mehr bewegungsfähig ist, können die Originalteile wieder eingebaut werden.

Beim «Safari» kommt erschwerend hinzu, dass es zwei Bewegungsabläufe zu beachten gilt: den kinetischen Aufbau und die lineare Fortbewegung des Autos, auf das Tinguely die Skulptur gebaut hat. Bei einem ersten Test im vergangenen März hat das Restauratorenteam den Renault 5 immerhin schon einmal zum Fahren gebracht–zum ersten Mal seit zehn Jahren. «Dabei spuckte er einen Auswurf aus dem Auspuff, als wäre er ein menschliches Wesen», erzählt Albrecht Gumlich. Und weil das, was ein Kunstwerk ausspuckt, Teil seiner Geschichte ist, haben die Restauratoren auch diesen Auswurf aufgehoben und archiviert.

Keine Garantie für die Fahrt

 Speziell an der aktuellen Restaurierung des «Safari» ist, dass das Werk sich nicht nur im Museum bewegen soll, sondern auf offener Strasse. Darum müssen die Restauratoren sicherstellen, dass zum einen das Werk so gut wie möglich geschützt ist, zum anderen aber auch der Fahrer und das Publikum. So gilt es, alle Teile der Skulptur so zu sichern, dass sie auch bei Erschütterungen während der Fahrt nicht wegfallen.

Dass der «Safari» beim Umzug tatsächlich mitfahren wird, können die Restauratoren allerdings nicht garantieren: «Wir werden Tests durchführen, um das Risiko für das Werk abzuschätzen», so Gumlich. «Die Bewegung auf der Strasse war Tinguely wichtig, und wir tun alles, um es möglich zu machen–aber auf Teufel komm raus muss es nicht sein.» Starker Regen etwa könnte das Unterfangen auch im letzten Moment noch verhindern. Selbst wenn es mit der Fahrt nicht klappen sollte, muss das Freiburger Publikum aber nicht auf das Wiedersehen mit dem «Safari», der zuletzt 1991 in Freiburg zu sehen war, verzichten: Die Skulptur wird Ende August auf jeden Fall nach Freiburg transportiert und im Espace Jean Tinguely–Niki de Saint Phalle ausgestellt.

Anfrage aus Freiburg

Mit der Restaurierung und der Leihgabe des «Safari» trage das Museum Tinguely das Seine zum Freiburger Tinguely-Jahr bei, sagte Vizedirektor Andres Pardey vergangene Woche bei der Präsentation des Projekts in Basel. Zustande gekommen ist das Projekt auf Initiative des Freiburger Organisationskomitees; die Kosten für die Restaurierung trägt das Museum Tinguely. Vertreter aus Basel werden zudem am 19. und 20. Mai an einem Kolloquium in Freiburg teilnehmen. In Basel selbst seien zu Tinguelys Todestag keine weiteren Veranstaltungen geplant, so Pardey. Hingegen kann das Publikum den Restauratoren bei der Arbeit am «Safari» zuschauen: Das Museum hat aus einem Ausstellungsraum eine Restaurierungswerkstatt gemacht, in der die Restauratoren arbeiten und wo Bild- und Textdokumente zum Werk ausgestellt sind.

Dass der «Safari» in Freiburg tatsächlich durch die Strassen fahren soll, ist auch für Andres Pardey ein reizvoller Gedanke: «Wir wollen herausfinden, ob es möglich ist–auch, weil wir davon ausgehen, dass Tinguely gewollt hätte, dass er fährt.» Für Restaurator Albrecht Gumlich passt der ungewisse Ausgang des Projekts besonders gut zu Jean Tinguely: «Seine Werke haben immer gemacht, was sie wollten, als hätten sie eine eigene Seele–oder als hätte Tinguely seine Seele in seine Maschinen eingebaut.»

Die Restaurierungswerkstatt im Museum Tinguely in Basel steht bis auf Weiteres offen: Di.–So. 11–18 Uhr. www.tinguely.ch.

Die Basler Restauratoren bei der Arbeit: Albrecht Gumlich …… und Praktikantin Chantal Willi. Bilder KeystoneAnlässlich der Ausstellung «Freiburg–Moskau–Freiburg» fuhr der «Safari» 1991 durch die Strassen Freiburgs. Bild Eliane Laubscher, zvg

Zum Werk: Eine Skulptur für Moskau

D ie Fahrskulptur «Le Safari de la Mort Moscovite», kurz «Safari», entstand 1989 in Tinguelys Atelier «La Verrerie» bei Neyruz. Tinguely schuf sie für seine grosse Retrospektive im Frühling 1990 in Moskau. Beim fahrbaren Untersatz handelt es sich um einen Renault 5. Der Titel «Safari» bezieht sich zum einen auf ein früher produziertes Sondermodell des Renault 5, zum anderen auf die eingebauten Tierschädel. Diese spielen, ebenso wie eine Sense, auf den Tod an, der Tinguely in den letzten Jahren seines Wirkens stark beschäftigte. Das Auto wurde selbst zum Sinnbild des Todes, sollte aber auch das russische Publikum auf die Vergänglichkeit der westlichen Luxusgüter aufmerksam machen. 1991, einige Monate vor Tinguelys Tod, wurde die Moskauer Schau im Museum für Kunst und Geschichte Freiburg gezeigt – inklusive des «Safari», der damals auch durch die Strassen Freiburgs fuhr. cs

Programm

«Tinguely 2016» im Monat Mai

11./12. Mai:Szenisch-musikalische Lesung mit Niklaus Talman und Gustav im Théâtre des Osses in Givisiez (19.30 Uhr). Ausserdem am 19. Mai um 19 Uhr im Espace Jean Tinguely in Freiburg.

12. Mai:Eröffnung der Fotoausstellung «Ich nannte dich Seppi–Jo Siffert & Jean Tinguely» in der Kantons- und Universitätsbibliothek Freiburg (18.30 Uhr).

19./20. Mai:Kolloquium «Jean Tinguely–Mythos und Nachleben» im Museum für Kunst und Geschichte und an der Uni Freiburg (Do. und Fr. ab 9 Uhr).

21. Mai:Nacht der Museen zum Thema «Alles in Bewegung» (ab 18 Uhr).

22. Mai:Tinguely-Tag zum Geburtstag des Künstlers mit Veranstaltungen beim Jo-Siffert-Brunnen und im Espace Jean Tinguely (ab 11 Uhr).

29. Mai:Finissage der Ausstellung «Künstlerische Umwege» im Gutenberg-Museum Freiburg (14 Uhr).cs

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