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Urbexing: Der Reiz des Verbotenen trifft auf die Schönheit des Verfalls

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Eng verbunden mit dem Thema leer stehende Gebäude ist das Phänomen Urbexing, also das Auskundschaften von verlassenen Plätzen – auch Lost Places genannt. Die FN haben mit einem sogenannten Urbexer gesprochen und zusammen mit einem Experten in Strafrecht eine juristische Einschätzung des Phänomens gewagt.

«Ich habe in den letzten sechs Jahren Hunderte von Lost Places im In- und Ausland besucht und fotografiert. Darunter waren Industrie- und Wohngebäude, Freizeitanlagen, Bunker und selbst Fahrzeuge, die seit Jahren im Wald stehen und von der Natur verschlungen werden», erklärt Elia, 30, aus Bern. Er ist Administrator einer Website, die Fotos und Berichte über Urbexing publiziert. Die Faszination am Auskundschaften von verlassenen Gebäuden umschreibt er so: «Verlassene Gebäude umgibt meiner Meinung nach eine ganz besondere Aura. Ich empfinde oftmals eine gewisse Melancholie an diesen Orten.»

Nervenkitzel im legalen Graubereich

Was hat es auf sich mit dem sogenannten Urbexing (siehe Kasten)? Ist es der Reiz des Verbotenen, die Schönheit des Verfalls oder der Nervenkitzel beim Erkunden von vergessenen Orten? Urban Exploring gibt es schon seit langer Zeit. Mit dem Aufkommen von Internet und den sozialen Medien ist die Verbreitung der Informationen und Erfahrungen bequemer und viel unmittelbarer geworden – aber auch anonymer. Die Urbexer bewegen sich nämlich in einem legalen Graubereich. Juristisch gesehen handelt es sich um Hausfriedensbruch (siehe Kasten). In der Praxis werden die meisten Fälle einvernehmlich geregelt. Bis heute ist in der Schweiz noch kein Fall von Urbexing vor Gericht gekommen.

Urban Exploring

Erlebter Geschichtsunterricht

Übersetzt bedeutet Urban Exploring so viel wie Stadterkundung. Die Bezeichnung Lost Places steht für verlassene Orte. Jeder dieser verlassenen Orte hat seine eigene Geschichte. Die Anfänge der künstlerisch-professionellen Urban-Explorer-Szene gehen bis in die 1960er-Jahre zurück. Die berühmten Katakomben von Paris werden allerdings schon seit Jahrhunderten von Abenteurern besucht. Die Faszination für die Erkundung dieser schaurig-schönen Orte ist wahrscheinlich schon viel älter. Häufig präsentieren Fotografen und Fotografinnen ihre Aufnahmen der Lost Places anonym auf Foren oder über soziale Medien. rmc

Szene hat einen Ehrenkodex

Die Urbexer sind alles andere als Vandalen oder Randalierer und heben sich auch kategorisch von ihnen ab. Das höchste Gebot der Urban Explorer ist es, keine Veränderung an den besuchten Orten vorzunehmen. Sie nehmen nichts mit ausser ihren Bildern und hinterlassen nur ihre Fussspuren – das ist das Credo der Szene. Dem stimmt auch Elias zu: «Urbexer sind keine Randalierer, von solchen Verhaltensweisen distanzieren wir uns klar.» Vielmehr gehe es darum, ein Stück Geschichte zu retten. «Die Fotografie erlaubt es, diese Orte festzuhalten, sodass etwas bestehen bleibt, selbst wenn es die Gebäude irgendwann nicht mehr gibt.»
Gemäss seinen Einschätzungen und einer Umfrage unter den Benutzern seiner Onlineplattform bewegt sich die Zahl von Urbexern in der Schweiz zwischen 100 und 5000. Es gebe viele Menschen, die sich zwar für das Thema interessieren, theoretische Nachforschungen anstellen und sich an den Bildern erfreuen, selbst aber nie auf Tour gehen, führt Elias aus.

Ein bisschen verrückt muss man schon sein

Auf die Frage, wie man sich den typischen Urbexer vorstellen müsse, schmunzelt Elia. «Ein klitzekleines bisschen verrückt muss man wohl schon sein. Man braucht Ehrgeiz und Ausdauer, weil es je nachdem nötig ist, viel Recherche zu betreiben, sich zu vernetzen und lange zu reisen. Und eine hohe Frustrationstoleranz ist auch notwendig, weil es sehr gut möglich ist, dass man stundenlang an einen Ort anreist und dann doch nicht reinkommt.»
Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang aufdrängt, ist, ob Elias schon erwischt wurde bei seinen Erkundungsgängen. «In den sechs Jahren, in denen ich dieses Hobby betreibe, ist es zum Glück sehr selten vorgekommen, dass ich auf misstrauische Nachbarn, wütende Besitzer oder Sicherheitspersonal traf. Bisher konnte immer eine einvernehmliche Lösung gefunden werden, die jeweils daraus bestand, dass ich einfach verschwand. Damit kann ich dann gut leben.»

Hausfriedensbruch oder praktischer Geschichtsunterricht: Das Phänomen ist rechtlich gesehen nicht ganz klar geregelt.
Bild: zvg

Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, aber

Um den rechtlichen Rahmen dieses neuen Phänomens einzuschätzen, haben die FN mit Christof Riedo, Professor für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität Freiburg, gesprochen. «Rechtlich gesehen handelt es sich um Hausfriedensbruch. Die Rechtslage ist allerdings teilweise umstritten. Wenn ein Gebäude über viele Jahre leer gestanden ist, bedeutet ein Eindringen ja nicht wirklich einen Eingriff in die Privatsphäre, und man kann sich deshalb fragen, ob das Verhalten überhaupt strafwürdig ist.» Ausserdem handle es sich beim Hausfriedensbruch um ein Delikt, das nicht von Amtes wegen verfolgt werde. Es bedürfe eines Strafantrags, damit ein Strafverfahren eingeleitet werde.
In der Praxis bestehe der beste Weg wohl darin, dass sich der Eigentümer und der Urbexer gütlich einigen. «Etwa mit einer Kopie der Fotos oder einer Flasche Wein», schmunzelt Riedo. Ihm sei kein konkreter Fall bekannt, bei welchem es zu einer Verurteilung kam. Falls es doch dazu kommen sollte, werde sich das Strafmass sicher am unteren Ende des Strafrahmens bewegen. Abstrakt drohe zwar eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe (siehe Kasten). In einem konkreten Fall von Urbexing sei wohl meist mit einer bedingten Geldstrafe von 10 bis maximal 30 Tagessätzen zu rechnen, je nach Täter und Tatumständen.

Gesetz

StgB Art. 186: Hausfriedensbruch

Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Hause gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Aufforderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. rmc

Sommerserie

Leer stehende Gebäude und ihre Geschichte

In loser Reihenfolge berichten die FN über die Geschichte und das Schicksal von leer stehenden Gebäuden im Kanton Freiburg. Wir nehmen die Leserschaft mit dieser Serie mit auf eine Reise ins Spannungsfeld zwischen Abbruch, um Neues zu schaffen, und Erhaltung von Zeugen der Geschichte. rmc

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