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Von «gsprägagelet» zu «Fynöögeli»: Neuauflage des Sensler Wörterbuchs 

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Es ist sehr gefragt, aber vergriffen: Das Senslerdeutsche Wörterbuch kommt 22 Jahre nach dem ersten Erscheinen ergänzt, teilkorrigiert und erweitert neu heraus. Mitautor Christian Schmutz sagt, warum es mehr ein Lesebuch als ein Wörterbuch ist.

Es wäre interessant zu wissen, in wie vielen Haushalten in Deutschfreiburg das fünf Zentimeter dicke und 1400 Gramm schwere Senslerdeutsche Wörterbuch steht. Immer wieder mal wird es hervorgeholt, etwa um eine Diskussion über die Schreibweise eines Dialektausdrucks zu klären, um die Bedeutung eines nicht mehr so gebräuchlichen Begriffs nachzuschauen oder auch um zu wissen, welcher Übernamen für die Bewohner von St. Ursen gilt.

Erklärt und verlinkt

Im Jahr 2000 haben der damalige Uni-Professor Walter Haas und der Germanist Christian Schmutz das Senslerdeutsche Wörterbuch herausgegeben. Sie haben sich damals nicht nur darauf beschränkt, Wörter und Ausdrücke sowie ihre Erklärungen aufzulisten. Vielmehr haben sie einzelne Begriffe miteinander verlinkt und haben die Herkunft so weit als möglich geklärt. Damit sind sie weitergegangen, als dies andere Wörterbücher normalerweise tun, und haben dafür von den Fachleuten schweizweit viel Lob erhalten.

Schon im damaligen Vorwort steht, dass ein solches Werk nie abgeschlossen ist. Dies im Sinne, dass sich die Sprache immer weiterentwickelt und ein Wörterbuch also nur eine Momentaufnahme sein kann.
Auf die erste Auflage mit 4000 Exemplaren, in Zusammenarbeit mit dem damaligen Heimatkundeverein (heute Kund) herausgegeben, folgte 2004 die zweite. Damals wurden 1500 Wörterbücher gedruckt und «Unklares präzisiert und Vergessenes in über 400 neuen Artikeln nachgetragen», wie die Autoren damals schrieben. Neun Jahre nach dem Nachdruck von 2013 ist die Zeit nun reif für die vierte Auflage, wie Christian Schmutz im Gespräch erklärt.

Christian Schmutz, Sie haben schon vor längerer Zeit versucht, eine Neuauflage aufzugleisen. Doch so einfach war es nicht?

Ich habe immer wieder Anfragen erhalten, warum das Buch nicht mehr erhältlich ist. Die ersten drei Auflagen mit insgesamt 6500 Exemplaren waren verkauft. Für diese haben wir noch mit dem Paulusverlag zusammengearbeitet. Er ist aber 2018 an den deutschen Herderverlag verkauft worden, mit Sitz in Freiburg im Breisgau. Ich habe x-mal vergeblich versucht, mit den Verantwortlichen dort ins Gespräch zu kommen. Irgendwann bekam ich dann die Information, dass der Verlag kein Interesse an einer Neuauflage hat. Damit gingen die Rechte für die Texte zurück an die Autoren.

Das Wort «Gagù» ist einer von 13’000 Begriffen, die im Wörterbuch erklärt werden.
Charles Ellena

Das war gut, um weiterzukommen, aber auch schwierig, weil jetzt die ganze Verantwortung bei Ihnen lag?

Ja, denn alleine konnte ich das Projekt nicht stemmen. Ich hätte Marketing, Lagerung und Vertrieb selber organisieren müssen. Mitautor Walter Haas hat sich mittlerweile aus Altersgründen aus dem Projekt zurückgezogen. Für eine Neuauflage habe ich einen Verlag gesucht, der regional unterwegs ist. Mit der Firma Le Cric, Print + Edition in Marly habe ich Druckerei und Verlag in einem gefunden. Derzeit läuft der Druck.

Ist es eine Neuauflage oder geben Sie ein neues Wörterbuch heraus?

Es ist ein Zwischending. Weil die ursprünglichen Daten des bisherigen Wörterbuchs weder in der Druckerei noch im Verlag aufzufinden waren, haben wir uns entschieden, gut 90 Prozent der Seiten einzuscannen. Aber für mich war klar, wenn es schon eine neue Auflage gibt, dann will ich auch einen Mehrwert schaffen. Also fliessen auch die zusätzlichen Artikel und Einträge von 2004 ein, wo es unter anderem um Schimpfwörter und Übernamen geht, aber auch jene Wörter, die ich im Freiburger Volkskalender von 2019 und 2020 publiziert habe. Zusätzlich kamen weitere 150 Stichwörter dazu. Also umfasst die vierte Auflage etwa 730 neue Stichwörter, die wir am Ende als Anhang dazustellen.

Warum gehört das Buch in jeden (Sensler) Haushalt?

Weil es ein Lesebuch und kein Telefonbuch ist. Es enthält viele inhaltliche Verweise und Beispiele, wie ein Wort angewandt wird, und woher es stammt. Eine solche Art von Wörterbuch findet man sonst kaum, weil das Zusammensuchen extrem aufwendig ist. Wir haben es so aber geschafft, dass viele Leute Lust haben, es in die Hand zu nehmen und darin zu stöbern.

Von «Chutzemüscht» bis «Fäärlizwicker» … alles drin im Wörterbuch. 
zvg

Und wer benutzt dieses Lesebuch?

Sicher jemand, der eine Beziehung zum Sensebezirk hat, der hier wohnt oder hier gewohnt hat, aber auch solche, die hier einen Kollegenkreis oder Verwandtschaft haben. Was mir aufgefallen ist: Es gibt eine neue Generation von Leuten, die danach fragen. Ich kann es mir nur so erklären, dass sie die Gewohnheit hatten, rasch ins Büchergestell zu greifen, um etwas nachzuschauen. Nun sind sie von zu Hause ausgezogen und vermissen diese Quelle.

Hat denn die jüngere Generation Interesse an der Sprache, am Senslerdeutsch?

Vielleicht nicht direkt die 15-Jährigen, aber die Generation Mitte 30. Ich sehe das an den Anfragen zu Senslerdeutsch, die ich bekomme. Obwohl … die Frage, wie man ein Wort richtig schreibt, kommt eher von Älteren.

Ja, die Schreibweise von Senslerdeutsch, nicht gerade einfach …

Es ist witzig: Junge Leute schreiben zum Beispiel Nachrichten auf dem Smartphone in Mundart, weil es keine Regeln gibt und sie einfach drauflos schreiben können. Ältere Leute schreiben bewusst nicht in Mundart, weil ihnen die Regeln fehlen. Sie sind mit Regeln aufgewachsen und wollen die Wörter richtig schreiben.

Zur Person

Die Lizenziatsarbeit bildete die Basis des Wörterbuchs

Christian Schmutz (*1970) hat zwischen 1992 und 2000 das Wörterbuch über die Dialekte in Sensebezirk, Stadt Freiburg und alter Pfarrei Gurmels erarbeitet. Ein wichtiger Schritt war dabei seine Lizenziatsarbeit «Pilotstudie für ein Senslerdeutsches Wörterbuch» von 1995. Sein Professor, Walter Haas, hat die Idee eines Mundartwörterbuchs, dessen Struktur auf dem Bedeutungszusammenhang der Wörter beruht, entwickelt. Das Wörterbuch legte das Hauptgewicht auf typische Wörter. Dank einer ausführlichen Befragung konnten auch viele Varianten berücksichtigt werden. Christian Schmutz hat seit der Publikation die Sammlung von speziellen Begriffen, Wendungen und neuen Bedeutungen von Wörtern immer weitergeführt. Er arbeitet heute als Schriftsteller, Journalist BR, Dialektologe und Bühnenkünstler. Die Sensler, ihre Sprache, ihre Kultur und die Nähe zur Sprachgrenze sind immer wieder Themen in seinen Publikationen und Auftritten. Seit 2006 ist er auch als Mundartredaktor bei Radio SRF tätig.

Aber das ist ja etwas, was Sie immer wieder predigen: Es gibt kein «juschts» Senslerdeutsch …?

Genau. Es ging uns mit dem Wörterbuch deshalb auch nie darum, Normen zu setzen, sondern immer darum, die grosse Vielfalt dieser Sprache aufzuzeigen. Es ist nicht wie im Duden, wo genau festgehalten ist, was geht und was nicht. Die Schreibweisen im Wörterbuch sind nur Richtlinien. Ich kann bei Anfragen deshalb immer nur antworten, dass ich persönlich dieses Wort oder jenen Satz so oder so schreiben würde. Es ist ein Gefühl, dass es so richtig ist. Aber schliesslich ist es jedem selber überlassen, welche Schreibweise er wählt.

Apropos predigen, Sie werden oft als «Mundartpapst» bezeichnet. Stört Sie dies oder auch die vielen Nachfragen?

(Lacht) Das ist ein etwas grosser Begriff. Die Anfragen stören mich nicht. Ich freue mich über das Interesse und sehe das als Dienstleistung an der Region. Und da gehört halt auch dazu, dass man mich immer wieder mal um meine Meinung bittet. Gibt es in einer Runde Diskussionen über einen senslerdeutschen Begriff, hat irgendwie immer irgendwer meine Mobiltelefonnummer zur Hand und sagt: Ich frage rasch «de Schmutz Chrigù», was er davon hält.

Sie haben mal gesagt, dass ein Wörterbuch nie abgeschlossen ist …

Genau, ich bin immer am Suchen und Notieren. Am Zuhören und Aufschreiben, wenn ich irgendwo einen Begriff höre. Manche schreibe ich auf und schaue dann zu Hause nach, ob er in dieser Form im Wörterbuch drin ist.

Ab und zu muss auch Christian Schmutz nachschauen, welche Begriffe im Wörterbuch schon drin sind.
Charles Ellena

Was!? Sie haben nicht alle rund 13’000 Begriffe im Kopf?!

(Lacht) Die meisten schon. Oft geht es aber nicht um das Wort an sich, sondern um eine spezielle Bedeutung oder Redewendung, von der ich nicht sicher bin, dass ich sie bereits aufgenommen habe; auch inhaltlich bekannte Wörter, damit ein Wortfeld möglichst vollständig ist.

Kommt irgendwann eine digitale Variante des Wörterbuchs?

Das wäre die nächste Stufe. Da ist vieles möglich, aber alles aufwendig: Ein E-Book oder gar ein Multimedia- Wörterbuch mit Audios, Videos und Fotos und einer guten Suchmaschine? Oder eine digitale Plattform für Senslerdeutsch? Ich bin am Überlegen, aber alle Varianten brauchen Zeit und Geld. Nicht nur die Produktion müsste finanziert sein, sondern vor allem auch der spätere Unterhalt.

Zum Schluss noch eine Frage: Was ist Ihr Lieblingswort in Senslerdeutsch?

Das wechselt immer wieder mal. «Aajele» ist eins, das mir schon lange gefällt und nicht verleidet. Auch «gsprägagelet» gehört dazu. Jetzt gerade mache ich bei einem zweisprachigen Theaterstück mit und mag das dort verwendete Wort «Gginggùloori» sehr.

FN-Leseraktion

Viel Senslerdeutsch zum Sonderpreis

Die Neuauflage des Senslerdeutschen Wörterbuchs erscheint am 17. November. Es kostet 65 Franken. Für FN-Abonnentinnen und Abonnenten läuft ab 20. November bis 31. Dezember eine Spezialaktion. Sie können die Neuauflage für 48 Franken vorbestellen. Die Vernissage findet am 17. November im Rahmen der Verleihung des Preises Sparkasse Sense der Vernetzungsplattform Seisler.Swiss in St. Antoni statt. Gemäss Christian Schmutz sind bereits 450 Exemplare vorbestellt worden. Die Neuauflage umfasst 900 Bücher. im

Kontakt für FN-Abonnenten:  www.freiburger-nachrichten.ch/leser-aktionen/woerterbuch oder Tel. 026 347 30 00 oder Mail: abo@freiburger-nachrichten.ch

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