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Warum immer mehr Pflegefachleute «aus dem Hamsterrad» aussteigen

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In kaum einer Branche gibt es mehr Berufsausstiege als in der Pflege. Grund dafür sind die Rahmenbedingungen. Sie können nicht organisatorisch geändert werden, sondern nur auf politischem Weg. Das sagt Ruth Hostettler vom Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner.

Die Spitex Sense nimmt derzeit keine neuen Klientinnen und Klienten mehr auf, weil das Pflegepersonal fehlt (die FN berichteten). Dieser Fall ist schweizweit zwar einmalig, doch suchen nicht nur Spitexorganisationen händeringend nach Pflegefachpersonal. Auch in Spitälern und Heimen bleiben Stellen unbesetzt. Warum weist gerade dieser Berufsstand so viele Lücken auf und warum gibt es so viele Aussteigerinnen und Aussteiger? Diese Fragen haben die FN Ruth Hostettler gestellt. Sie ist in der Geschäftsstelle des Schweizer Berufsverbandes der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner und selbst seit 20 Jahren freischaffende Pflegefachfrau im Bereich Kinderspitex.

Mit dem Zeitdruck, unter dem wir stehen, können wir unserer Berufsauffassung nicht mehr gerecht werden.

Ruth Hostettler, eine Umfrage Ihres Verbandes unter den 25’000 Mitgliedern hat ergeben, dass über 40 Prozent der in der Pflege Tätigen den Beruf frühzeitig verlassen und dass ein Drittel von ihnen jünger als 35 Jahre ist. Was sind die Hauptgründe?

Nach wie vor wird dieser Beruf mehrheitlich von Frauen ausgeübt. Es sind viele Faktoren, die zusammenspielen. Hauptgründe sind unregelmässige Arbeitstage, Schichtbetrieb oder häufiges Einspringen an freien Tagen, sodass die Vereinbarkeit mit dem Familienleben schwierig ist oder zur Belastung wird.

Der grosse Zeitdruck wird auch immer wieder ins Spiel gebracht.

Ja, jede von uns hat einen gewissen Berufsethos. Wir wollen qualitativ gute Arbeit leisten. Doch mit dem Zeitdruck, unter dem wir stehen und mit dem finanziellen Druck, unter dem die Institutionen wie Spital, Heim oder Spitex sind, können wir unserer Berufsauffassung nicht mehr gerecht werden. Das löst einen Riesenfrust beim Pflegepersonal aus.

«Bis die Pflegeinitiative umgesetzt ist, braucht es Sofortmassnahmen»: Ruth Hostettler.
Foto zvg

Sind die Löhne auch ein Grund für den Ausstieg?

Ja, die Berufsleute sind angesichts der Rahmenbedingungen, in denen sie tätig sind, nicht gut bezahlt. Die meisten Verantwortlichen von Institutionen wie Spitex oder Pflegeheimen unternehmen grosse Anstrengungen, um die Leute zu halten, um weitere Ausstiege zu verhindern. Das ist aber nicht so einfach.

Die ständige Bereitschaft und auf Abruf zu stehen, sind ein weiterer Faktor für einen Ausstieg.

Warum nicht?

Es ist ein Teufelskreis. Wenn beispielsweise in einem Heim eine Person wegen Krankheit oder Unfall ausfällt, muss jemand anders einspringen. Diese Person hat dann oft keine Gelegenheit, diese Zeit wieder zu kompensieren, weil es immer viel zu tun gibt und das Personal überall knapp ist. Das heisst, dass sich Überstunden anhäufen. Die ständige Bereitschaft und auf Abruf zu stehen, sind ein weiterer Faktor für einen Ausstieg. Die Institutionen wollen ihre Finanzen im Griff behalten, weil sonst am Ende die Gemeinden, also die Steuerzahler, das Defizit übernehmen müssen.

Dann sind nicht nur Löhne ein Problem, sondern auch die Finanzierung der Pflege?

Genau. Nehmen wir das Beispiel Spitex. Eine Spitexorganisation hat vom Kanton einen Leistungsauftrag, Patienten und Patientinnen zu versorgen. Die Kosten für die Pflege, also die Pflegefinanzierung, geschieht auf drei Ebenen: über die Krankenkassen, über den Beitrag der Klienten und über die Kantone. Letztere übernehmen die Restfinanzierung der Pflegekosten. Der Kantonsbeitrag bestimmt also, wie gross der finanzielle Rahmen ist, damit die Spitexorganisation Personal auf verschiedenen Stufen anstellen kann. Mit diesem Betrag jongliert die Leitung einer Spitex, in dem sie beispielsweise festlegt, welche Pflegearbeiten von einer diplomierten Pflegefachperson mit höherem Lohn ausgeführt wird und welche beispielsweise einer Pflegehilfe übertragen werden kann. Was mit diesem Betrag nicht gedeckt werden kann, tragen im Kanton Freiburg die Gemeinden mit einer Defizitgarantie.

Was müsste sich also grundlegend ändern, damit weniger Pflegepersonal aussteigt?

Die Finanzierung der ambulanten Pflege ist ein politisches Problem. Die Pflegearbeit ist generell unterfinanziert. Doch wer soll die Kosten übernehmen, wenn die Institutionen mehr Geld benötigen, um die Rahmenbedingungen für das Pflegepersonal zu verbessern? Unser Berufsverband ist der Meinung, dass die Kantone ihrem klaren gesetzlichen Auftrag zur Restkostenfinanzierung derzeit nicht nachkommen. Das müsste geändert werden. 

Hilft die Pflegeinitiative, die mehr Nachwuchs bringen soll?

Bis sie umgesetzt ist, braucht es Sofortmassnahmen, wie etwa eine deutliche Lohnerhöhung bei gleichem Pensum oder eine Arbeitszeitreduktion bei gleichem Lohn. Mit einer massiven Erhöhung der heutigen Zulagen und Zeitgutschriften sowie einer neuen Entschädigung für kurzfristige Dienstplanänderung könnte man die Situation auch verbessern, ebenso mit mindestens fünf Wochen Ferien bis zum 49. Altersjahr. Wir fordern auch, dass die Arbeitszeit, inklusive Umkleidezeit und Wegzeit, zum Beispiel von einem Spitex-Einsatz zum anderen, erfasst und abgegolten wird. Und schliesslich braucht es Zuschüsse für die familienergänzende Kinderbetreuung.

Einige Pflegefachpersonen sind aus dem Hamsterrad ausgestiegen und haben sich selbständig gemacht. Ist das ein neuer Trend?

In den letzten rund drei Jahren haben sich in der Schweiz 1000 Berufsleute selbständig gemacht. Die Zahl der Freischaffenden ist von damals 1800 auf heute 3000 gestiegen. Vor allem während und nach der Corona-Pandemie haben viele Pflegefachleute diesen Weg gesucht, weil für sie die ohnehin schon grosse Arbeitsbelastung mit all den Vorgaben noch schlimmer wurde. Auch im Kanton Freiburg. Obwohl man hier als freischaffende Pflegefachperson wesentlich weniger verdient als anderswo.

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