Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Weniger Mitglieder – weniger Geld: Die katholische Kirche muss sich warm anziehen

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Die katholische Kirche ist angezählt. Missbrauchsskandale, Frauendiskriminierung und die allgemeine Säkularisierung der Gesellschaft führen dazu, dass immer mehr Menschen aus der Kirche austreten. Das hat finanzielle Konsequenzen.

Die jüngsten Missbrauchsvorwürfe in der katholischen Kirche (die FN berichteten) haben die Austritte weiter beschleunigt. Weniger Mitglieder bedeuten aber auch weniger Einnahmen. Wie sieht die Situation bei den Kirchen aktuell aus? Worauf müssen sie sich einstellen? Darüber haben die FN mit Daniel Kosch, Experte für Kirchenfinanzen, gesprochen. 

Daniel Kosch, die Römisch-Katholische Zentralkonferenz und die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz haben eine Studie zur mittelfristigen Zukunft der Kirchenfinanzen erstellen lassen. Sie besagt, dass die Kirchen den Gürtel enger schnallen müssen. Wie dramatisch ist die Lage?

Die Studie hat gezeigt, dass die Kirchenaustritte tendenziell zunehmen. Die jüngsten Missbrauchsberichte haben das zusätzlich beschleunigt. So viele Kirchenaustritte, wie es im Jahr 2023 geben wird, hat es bestimmt noch nie gegeben. Allerdings ist die Entwicklung bezogen auf die Altersgruppen unterschiedlich: Es treten mehr junge Menschen aus der Kirche aus als ältere. Letztere sind in der Regel aber steuerkräftiger. Das heisst:

Im Moment verliert die Kirche noch relativ wenig Geld. In ein paar Jahren werden aber die Einnahmen der dereinst steuerkräftigen, aber nicht mehr vorhandenen Mitglieder fehlen.

Die Abnahme der Finanzen hinkt also den sinkenden Mitgliederzahlen hinterher. 

Gemäss der Studie werden auf katholischer Seite die Steuern der natürlichen Personen um einen Sechstel von rund 701 Millionen Franken im Jahr 2017 auf rund 600 Millionen im Jahr 2045 zurückgehen. Dazu sind die Einnahmen juristischer Personen gefährdet. Weshalb? 

Kirchensteuern bei Unternehmen zu erheben, ist juristisch schon lange umstritten. Dies unter anderem deshalb, weil Unternehmen ja nicht aus der Kirche austreten und sich daher auch nicht von den Steuern befreien können. Das Bundesgericht hat bisher daran festgehalten, weil es den politischen Willen höher einstuft. Wenn der Teil der Konfessionslosen aber immer grösser wird, Katholiken und Reformierte in der Schweiz zudem nicht mehr die Mehrheit stellen, verliert ein solches Finanzierungssystem an Plausibilität. Auch wird das System als ungerecht empfunden, solange andere Religionsgemeinschaften nicht öffentlich-rechtlich anerkannt werden und somit nicht von denselben Vorrechten profitieren können.

Die Gründe, aus der Kirche auszutreten, sind vielfältig. Die wichtigsten Gründe sind fehlender/verlorener Glaube, die öffentlichen Stellungnahmen der Religionsgemeinschaften und «andere» Gründe. Dabei zeigen sich Unterschiede zwischen den Alterskategorien. Während jüngere Menschen angeben, keinen Glauben oder diesen verloren zu haben, geben Menschen zwischen 40 und 75 Jahren an, dass sie mit den öffentlichen Stellungnahmen ihrer Religionsgemeinschaft unzufrieden waren.
Grafik zvg/Statistik des Schweizerischen Pastoralsoziologischen Instituts

Wie und wo wird sich der Einnahmenrückgang in der Kirche manifestieren?

Wie stark und schnell sich das auswirkt, ist schon jetzt sehr verschieden. In Basel-Stadt ist die Entwicklung schon viel weiter als im Kanton Uri oder im Kanton Freiburg. Weil ein grosser Teil der Mittel auf lokaler Ebene verbleibt, wird auch auf lokaler Ebene entschieden werden, was zu tun ist. 

Was sind mögliche Szenarien? 

Es wird sich die Frage stellen, ob bei den Gebäuden gespart werden kann, weil man nicht mehr so viele Kirchen, Kapellen und Pfarreizentren benötigt oder sich mit anderen zusammentun kann. Der zweite grosse Kostenblock ist das Personal. Der dritte Punkt sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die entweder von der Kirche selber erbracht werden – wie beispielsweise eine kantonale Caritas-Organisation und ein Sozialdienst – oder durch nicht kirchliche Organisationen wahrgenommen werden, wie beispielsweise im Bereich der Familienberatung oder der Jugendarbeit.

Vieles davon hätte aber weitreichende Konsequenzen.

Ja. Weniger Personal würde bedeuten, dass man weniger machen kann: weniger Seelsorge, weniger Jugendarbeit, weniger Altenbesuche. Das wäre auch in der breiten Gesellschaft spürbar, wenn in einer Pfarrei ein, zwei, drei Personen wegfallen, die viel tun, um gewisse Dinge am Leben zu halten.

Auch die Schliessung eines Pfarreizentrums wäre keine Lappalie. Alle Gruppen, die dort ein Gastrecht haben – ein Mutter-Kind-Treff, der gemischte Chor – hätten dann ein Problem. 

Allerdings glaube ich nicht, dass so schnell ein Pfarreizentrum geschlossen würde. 

Die Zukunftsperspektiven sehen also düster aus. Ist es nun nicht an der Zeit, dass die katholische Kirche endlich was ändert, um den Exodus zu stoppen?

Der Mitgliederschwund respektive die Zunahme der Konfessionslosen ist so gross, dass die Kirchen natürlich dafür besorgt sein müssen, dass sie das Vertrauen wieder zurückgewinnen und ihre Dienstleistungen gut erbringen können. Aber:

Die Entwicklung ist nicht umkehrbar. Das ist nicht eine Frage von: Wenn wir das ein bisschen besser machen, gibt es weniger Austritte.

Andersrum kann man die Austritte mit Skandalen natürlich beschleunigen. Um den Trend wirklich zu ändern, müsste sich gesamtgesellschaftlich etwas ändern. Man müsste sich wieder bewusst werden, dass Religion wichtig ist, dass sie auf Gemeinschaft angewiesen ist, um lebendig zu bleiben, und dass man nicht einfach à la carte geniesst und profitiert. 

Sparen wird aber in jedem Fall unumgänglich sein. Was ist dabei Ihre Hauptsorge?

Ich habe Angst, dass man in eine Sparlogik verfällt, sich bloss noch fragt, wo können wir am meisten sparen, auf was können wir verzichten, anstatt sich zu fragen, was ist unser Auftrag, wie machen wir das Beste aus den verfügbaren Mitteln.

Und der Auftrag wäre Ihrer Meinung nach welcher?

Dass die Menschen, die die Kirche ausmachen, gut unterstützt werden. Das betrifft das Personal, die Seelsorge, die Gemeinschaftspflege. Die Verfassung des Kantons Waadt hält fest, dass der Staat die spirituelle Dimension des Menschen anerkennt. Das finde ich gut, weil es mehr ist als die Religion. Es besagt, dass es nebst den materiellen noch unfassbare Werte gibt, die sehr wichtig sind. Wenn sich die Kirche an dem orientiert und nicht nur am Kult und am Gottesdienst, dann haben wir auch eine Chance. 

Zur Person

Experte für Kirchenfinanzen

Daniel Kosch ist ehemaliger Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ). Das ist der Dachverband der kantonalkirchlichen Organisationen. Er trägt dazu bei, dass die katholische Kirche ihre Aufgaben auf gesamtschweizerischer Ebene wahrnehmen kann. Als Generalsekretär war Kosch auch für Fragen der Finanzierung kirchlicher Aufgaben auf gesamtschweizerischer Ebene zuständig. Der promovierte Neutestamentler ging Ende November 2022 nach 21 Jahren in den Ruhestand. Gerade eben ist sein Buch «Synodal und demokratisch» erschienen. Es enthält mehrere Beiträge, in denen es auch um Finanzierungsfragen geht, und einen Text zur Zukunft der Kirchenfinanzen. rsa

Kommentar (0)

Schreiben Sie einen Kommentar. Stornieren.

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Die Pflichtfelder sind mit * markiert.

Meistgelesen

Mehr zum Thema