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Wenn Bauern zu Schauspielern werden

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Die kleine Republik Moldova steht im Zentrum eines Panoramas am Internationalen Filmfestival Freiburg (Fiff). Die drei Spiel-, vier Dokumentar- und zwei Kurzfilme geben einen Eindruck über die knappen Mittel. Sie sind für das moldawische Filmschaffen auch eine Chance.

«Das ganze Land ist ein Filmset», sagt der moldawische Regisseur Eugeniu Popovici über sein Heimatland, die Republik Moldova. «Wir haben die Geschichten. Es braucht einfach genügend Zeit, um sie auf die Leinwand zu bringen.»

Popovici hat sich die Zeit genommen, hat Kontakte und Vertrauen aufgebaut, um dann mit «Goodbye Olegovici» einen Dokumentarfilm über das moldawische Strafvollzugssystem und die Resozialisierung zu drehen. Er begleitete den 17-jährigen Misha mit der Kamera im Jugendknast. Popovici war bei der Entlassung dabei und bei der Rückkehr ins ländliche Umfeld seiner Familie. Er erlebte Mishas wachsende Perspektivlosigkeit, den Rückfall in die Kriminalität und die erneute Verurteilung. Schliesslich erhielt er die Meldung, dass Misha im Erwachsenengefängnis zweimal versucht hat, sich das Leben zu nehmen.

Das Leben im Gefängnis mit seinen festen Strukturen ist einfach. Jenes in Freiheit hingegen schwierig – dies ist laut Popovici die Lehre aus diesem Dokumentarfilm. Dieser hat vor drei Jahren eine Art moldawischen Oscar für den besten Film überhaupt erhalten. Und mit dieser Botschaft ist der Film auch symbolisch für das Land, das 1991 aus der Sowjetunion ausbrach und sich für die Selbstständigkeit entschied. Auch da ist die gewonnene Freiheit nicht einfach: Die Republik Moldova (siehe Kasten) ist das europäische Land mit der geringsten Wirtschaftsleistung pro Kopf.

Drei Kinos im ganzen Land

Dies macht die Arbeit für das moldawische Filmschaffen nicht einfach, wie aus dem runden Tisch zum diesjährigen Panorama «Neues Territorium» vom Sonntag hervorging. Es ist die erste solche Werkschau überhaupt an einem internationalen Filmfestival.

Von insgesamt 47 Kinos Ende der Sowjetzeit sind heute im ganzen Land noch drei übrig geblieben. An staatlicher Unterstützung gibt es im Jahr 500‘000 Euro – für das gesamte Filmschaffen, berichtet Ion Gnatiuc, der die Sektion der moldawischen Filme für das Fiff zusammengestellt hat. «Wir sind weder Regisseure noch Produzenten, wir sind Zauberer», so Gnatiuc. «Vieles überdecken wir durch Enthusiasmus. Aber Enthusiasmus bezahlt keine Rechnungen.»

Doch die fehlenden Mittel eröffnen auch Chancen. «Es ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten», fährt Ion Gnatiuc fort. «Es hat Platz für jedermann im Filmschaffen, auch für Einsteiger.»

So zeichnen sich die gezeigten Filme auch dadurch aus, dass sie mit Laien arbeiten. Für Popovicis Dokumentarfilm gehört dies zur Natur der Sache. Er verrät jedoch, dass der jugendliche Delinquent aus seinem Film ihn auch immer wieder um Geld angefragt hat. Der Filmemacher musste strikt bleiben, um die Geschichte nicht zu verändern. «Mishas Entscheidungen sind seine eigenen Entscheidungen», so Popovici über seine Hauptfigur.

Schauspieler wie für Feldarbeit bezahlt

Etwas anders präsentierte sich die Ausgangslage für die Regisseurin Ana-Felicia Scutelnicu. Für ihren Film «Anişoara» über das 15. Lebensjahr eines Mädchens in einem Bauerndorf hatte sie gerade mal 110‘000 Euro zur Verfügung. Der fiktionale Film war ihre Abschlussarbeit an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin.

«Ein kleines Budget kann auch eine Chance sein», betont sie. Ihr technisches Personal aus Deutschland arbeitete gratis. Für das Szenenbild und die Kostüme konnte sie auf Moldawier zählen. «Menschen, die mit Leib und Seele und nicht des Geldes wegen dabei waren.»

In «Anişoara» spielen einfache Landarbeiter, ohne dass sie vorgesetzte Dialoge sprechen müssen. Moldawische Schauspieler hätte sie wohl im Theater gefunden, sagt die Filmemacherin, aber diese würden für den Film zu stark schauspielern. «Die Bauern haben pro Drehtag so viel Lohn erhalten, wie wenn sie einen Tag auf dem Feld gearbeitet hätten», so Scutelnicu. Nur den Hauptfiguren habe sie etwas mehr bezahlt.

Die Entdeckung aus dem Dorf

Die Hauptfigur – das 15-jährige Mädchen Anişoara – habe sie in einem Dorf für einen früheren Film entdeckt. Dabei hatte sie eigentlich ältere Personen für eine Beerdigungsszene gesucht. «Ich war in einer Agripension, und das damals zwölfjährige Mädchen hat mir Tee gebracht. Ich habe sie fotografiert. Sie war so unglaublich mit ihrer wilden Schönheit und Stärke.»

Anişoara ist heute 25-jährig, verheiratet, hat Zwillinge und wohnt in einem Nachbardorf», weiss Ana-Felicia Scutelnicu. «Sie hat ein paar Jahre in London gelebt.» In London? «Ja, so wie die Moldawier halt sind.»

Entdeckt, als sie der Regisseurin Ana-Felicia Scutelnicu Tee servierte: Anişoara.
Bild zvg Fiff

Landeskunde

Moldawien, Moldova, Moldau?

Heisst das Land nun Moldawien, Republik Moldova oder – wie das Fiff in seiner Kommunikation schreibt – Republik Moldau? Richtet man sich nach der Online-Enzyklopädie Wikipedia, so heisst das Land zwischen Rumänien und der Ukraine in Deutschland und Österreich Republik Moldau. In der Schweiz jedoch gilt amtlich die Bezeichnung Republik Moldova. Damit trägt man dem Französischen und Italienischen Rechnung.

Doch warum benutzt das Fiff die Bezeichnung «Republik Moldau»? «Wir haben bei der Botschaft nachgefragt», stellt die Medienverantwortliche Carole Schneuwly klar. «Es ist beides in Ordnung», bestätigt Botschafterin Tatiana Molcean auf Anfrage im Anschluss an die Diskussionsrunde zum moldawischen Film vom Sonntag. Moldawien ist umgangssprachlich gebräuchlich.

Zur Verwirrung trägt bei, dass es auch im Nordosten Rumäniens einen Fluss und eine Region Moldova gibt. Dazu gibt es den tschechischen Fluss Moldau, der dann in die Elbe mündet.

Erst recht nicht einfacher wird es bei der Frage nach der Landessprache. Drei Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion setzte sich in der Verfassung die «moldawische Sprache» durch. Sie ist dem Rumänischen sehr ähnlich. Seit 2013 wird diese Bezeichnung aber nicht mehr offiziell verwendet. Rumänisch ist Amtssprache und wird auch in der Landeshymne besungen. Dies soll nicht zuletzt dem laufenden EU-Beitrittsgesuch der Republik Moldova mehr Gewicht verleihen. Doch gegen diese Sprachbezeichnung wie auch gegen die EU-Bestrebungen wehrt sich die russischsprachige Minderheit im Land. uh

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