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«Wer erfolglos bleibt, muss aufhören»

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Bettina Oberli, Sie sind als Mitglied der Kurzfilmjury ins diesjährige Internationale Filmfestival Freiburg (Fiff) involviert. Ist es Ihr erster Besuch in Freiburg?

Ich war vor rund zehn Jahren bereits als Zuschauerin am Filmfestival in Freiburg. Und weil meine Eltern in Murten wohnen, bin ich regelmässig in der Gegend.

 

 Dann kennen Sie den Kanton ja wie Ihre Westentasche.

Nein, nicht wirklich. Ich kenne vor allem den Murtensee. Und die drei Tage, die ich jetzt in Freiburg war, habe ich mit der Jury nur Filme angeschaut.

 

 Sitzen Sie zum ersten Mal in der Jury eines Filmfestivals?

Nein, ich war schon bei den Festivals von Locarno und Solothurn, dem Berner Filmpreis und auch bei Festivals im Ausland als Jurymitglied tätig. Das ist etwas, dass ich doch ab und zu mache.

 

 Wie muss man sich den Bewertungsprozess vorstellen?

Hier in Freiburg haben wir die drei Kurzfilmprogramme zusammen mit dem Publikum auf der grossen Leinwand gesehen. Danach haben wir ausführlich diskutiert, debattiert und uns Szenen nochmals angeschaut.

 

 Ein Prozess also, der nicht einfach im stillen Kämmerchen vor sich geht.

Genau. Die Filme wurden ja auch nicht dafür gemacht, dass sie irgendwo auf einem Laptop angeschaut werden.

 

 Beeinflussen die Publikumsreaktionen die Bewertung?

Erstaunlicherweise nicht.

 

 Aber es gibt einen Kriterienkatalog?

Ja. Im Kurzfilmwettbewerb haben wir etwa darauf geschaut, wie der Kurzfilm als Mittel eingesetzt wird oder ob interessante künstlerische Formen zum Tragen kommen. Bei der Bewertung geht es deshalb nicht alleine darum, wie uns der Film als Gesamtkunstwerk gefallen hat, sondern auch darum, was er in uns auslöst. Weil der Film eine Kunstform ist, die viele verschiedene Elemente–Text, Bild, Ton, Geschichte–vermischt, geht es bei der Suche nach dem «Besten» auch immer darum, zu prüfen, wie diese einzelnen Elemente genutzt wurden. Hier in Freiburg spielt zudem eine grosse Rolle, was die Filme über politische und humanistische Themen auszusagen vermögen.

 

 Nehmen Filmschaffende die Filmbeiträge anders wahr als jemand, der einfach gerne ins Kino geht?

Zu einer «Déformation professionelle» kommt es sicherlich. Auf der anderen Seite wird der Genuss des Filmschauens auch grösser, je mehr man über Filme weiss.

 

 Wann und wo schauen Sie selber am liebsten Filme?

Nachmittags im Kino–mit möglichst wenig Leuten. Die besten Kinos sind übrigens jene, in denen man sofort vergisst, wo man ist, sobald der Film begonnen hat.

 

 Und Ihr momentaner Lieblingsfilm ist …

Das Drama «Mommy» von Xavier Dolan.

 

 In welche Rolle schlüpfen Sie selber denn am liebsten? In jene der Filmschaffenden, der Filmkonsumentin oder der Filmkritikerin?

In der Rolle der Regisseurin und Drehbuchautorin fühle ich mich schon am wohlsten.

 

 Mit welchen Schauspielern würden Sie gerne drehen?

Da habe ich keine grossen Träume. Ich habe das starke Gefühl, dass ich bei den Filmen und Theatern, welche ich bisher in der Schweiz oder Deutschland machen durfte, immer die besten Schauspieler zur Verfügung hatte.

 

 Welche dieser Persönlichkeiten hat Sie bisher am meisten beeindruckt?

Stefan Kurt hat mich als Teamplayer sehr beeindruckt. Aber auch die Qualität und Sensibilität seines Spiels waren faszinierend. Mit ihm verbindet mich glücklicherweise eine grosse Freundschaft. Die Begegnungen mit Stephanie Glaser, Annemarie Düringer und Julia Jentsch möchte ich ebenfalls nicht missen.

 

 Auf welche Art wählen Sie Ihre Schauspieler aus?

Wenn ich das Drehbuch schreibe, weiss ich bereits, mit wem ich zusammenarbeiten möchte. So kann ich die Figuren schon im Schreibprozess mit Leben füllen und mit Eigenarten versehen. Ich frage die Schauspieler schon früh um eine Zusammenarbeit an. Deshalb führe ich auch kaum je einmal Castings durch.

 

 Mit «Die Herbstzeitlosen» haben Sie vor fast zehn Jahren einen irrsinnigen Schweizer Kinoerfolg erlebt. Wie erinnern Sie sich an die Zeit vor der Veröffentlichung des Films?

Ich war damals sehr jung und sehr frisch. Es war erst mein zweiter Film und ich hatte einen derartigen Erfolg nicht erwartet. Für mich war diese Zeit sehr prägend und hilfreich. Schliesslich geht es in unserer Branche um hohe Geldbeträge, und es braucht einen gewissen Erfolg, damit du Leute finden kannst, die an dich glauben. Wer erfolglos bleibt, muss früher oder später aufhören. Der Film hat mir wichtige Türen geöffnet.

 

 Können Sie von den finanziellen Erfolgen von damals heute noch zehren?

Die Leute haben manchmal das Gefühl ich sei jetzt Millionärin. Das stimmt natürlich überhaupt nicht (lacht). Des Geldes wegen muss man diesen Beruf nicht machen. Aber ich habe das grosse Glück, von meinem Schaffen leben und eine Familie unterhalten zu können.

 

 Wirkt dieser Erfolgsdruck manchmal auch hemmend?

Die ökonomische Unsicherheit ist in meinem Beruf immer da. Das bin ich gewohnt, und ich bin Optimistin. Was ich aber kenne, ist, morgens aufzuwachen und zu hoffen, noch lange gute Filme machen zu können. Aber das ist kein Druck, sondern viel eher der Motor, der mich antreibt.

 

 Kämpft das Filmschaffen in der Schweiz heute mit mehr Hürden als noch vor zehn Jahren?

Die Gelder sind knapp und die Verteilung deshalb ein Dauerthema. Zudem wird es immer einfacher, Filme zu machen, weshalb der Markt explodiert. «Die Herbstzeitlosen» lief seinerzeit rund ein Jahr in den Kinos; das gibts heute nicht mehr. Man kann das jetzt negativ oder positiv sehen. Ich glaube, gute Filme werden sich immer durchsetzen und ihr Publikum finden. Aber ich frage mich natürlich zuweilen auch, was die Zukunft des Kinos sein könnte.

Ist das Fördersystem, wie es die Schweiz kennt, überhaupt noch zeitgemäss?

Es ist nicht ideal, dass Jurys und Kommissionen–wovon auch ich Teil bin–sich innerhalb der Branche Geld zu- oder absprechen. Die Verteilung müsste wohl eher über Intendanten geregelt werden.

 

 Mit «Lovely Louise» ist 2013 Ihr letzter Kinofilm erschienen. Im gleichen Jahr haben Sie Ihre erste Bühneninszenierung präsentiert. Kehren Sie den Filmsets den Rücken?

Nein. Auch wenn ich in Zukunft auf jeden Fall wieder für das Theater arbeiten möchte, gilt dem Kino mein Hauptaugenmerk. Verschiedene Projekte sind in Entwicklung. Ein Drehbuch ist bald fertig, und wenn ich Glück habe, kann ich nächstes Jahr einen neuen Spielfilm im Jura drehen.

 Welches Genre?

Es wird ein französisches Liebesdrama, und Antoine Jaccoud schreibt das Drehbuch. Weil der Wind darin eine wichtige Rolle spielt, eignet sich der Jura als Setting bestens. Kommt hinzu, dass mir dies die Zusammenarbeit mit französischen Schauspielern ermöglicht, worauf ich sehr grosse Lust habe.

«Die Leute haben manchmal das Gefühl, ich sei Millionärin.

Das stimmt natürlich überhaupt nicht.»

Bettina Oberli

Regisseurin und Drehbuchautorin

Zur Person

«Die Herbszeitlosen» brachten den Erfolg

Bettina Oberli wurde in Interlaken geboren und ist in Meiringen im Berner Oberland aufgewachsen. Sie hat von 1995 bis 2000 an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich studiert und ihr Diplom als Regisseurin erhalten. Es folgten mehrere Assistenzen in New York und Berlin und erste Kurzfilme. Ihr Spielfilmdebüt gab die Regisseurin und Drehbuchautorin 2004 mit «Im Nordwind», ehe die Tragikomödie «Die Herbstzeitlosen» mit Stephanie Glaser und Annemarie Düringer 2006 den internationalen Durchbruch brachte. 2009 stand mit «Tannöd» ein weiteres viel beachtetes Werk unter der Regie Oberlis. Mit «Lovely Louise» erschien 2013 der letzte Spielfilm der 42-Jährigen. Im gleichen Jahr zeigte sie am Theater Basel mit «Anna Karenina» ihre erste Bühneninszenierung. Bettina Oberli ist mit Kameramann Stéphane Kuthy verheiratet, mit dem sie regelmässig zusammenarbeitet. Das Paar hat zwei Söhne.mz

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