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Wie die Kinder schützen?

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Jean-François Steiert, wie können Sie sich gegen eine Initiative aussprechen, die Kinder vor sexuellem Missbrauch schützen will?

Jean-François Steiert:Der gesamte Bundesrat und das ganze Parlament setzen sich für einen besseren Schutz der Kinder ein. Die Frage ist jedoch, was besser wirkt: Das neue Gesetz, welches das Parlament verabschiedet hat, oder die Initiative? Ich finde, die Initiative schützt Kinder weniger gut vor Pädophilen.

 

 Wieso schützt sie weniger gut? Gegner sagen doch, die Initiative gehe zu weit?

Steiert: Die Initiative sieht vor, dass verurteilte Pädophile nicht mehr mit Kindern in Kontakt kommen können. Heute ziehen wir aber bereits Lehrer aus dem Verkehr, die noch nicht rechtskräftig verurteilt sind; solche Verfahren dauern manchmal bis zu sechs Jahre, das sehe ich als Generalsekretär der Waadtländer Erziehungsdirektion. Die Kantone führen schwarze Listen mit Lehrern, gegen die ein Verfahren läuft. Dies wäre nach Annahme der Initiative nicht mehr möglich, da sie noch nicht verurteilt sind.

 Jacques Bourgeois, das Parlament hat ein strengeres Gesetz gegen Pädophile erlassen. Warum braucht es noch die Pädophileninitiative?

Jacques Bourgeois:Das Gesetz sieht ein Berufsverbot für Pädophile nur dann vor, wenn sie zu mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt wurden. Wer weniger hart bestraft wurde, erhält kein Berufsverbot. Zudem sieht das Gesetz Vergebung vor: Der Verurteilte kann nach zehn Jahren wieder mit Kindern arbeiten. Doch wenn jemand einmal gegen die sexuelle Integrität eines Kindes verstösst, ist das schon zu viel–er sollte nie wieder mit Kindern arbeiten oder in einem Sportklub Kinder trainieren dürfen. Wir dürfen das Risiko eines Rückfalls nicht in Kauf nehmen und das Leben eines weiteren Kindes zerstören.

 

 Jean-François Steiert, Ihrer Ansicht nach reicht das Gesetz aus. Wollen Sie Kinder nicht lebenslang vor Pädophilen schützen?

 Steiert: Jacques Bourgeois und ich sind uns einig: Wenn nach der Verbüssung der Strafe bei jemandem nicht klar ist, ob er rückfällig wird, soll er nicht mit Kindern arbeiten dürfen. Doch ist der Initiativtext nicht durchdacht. Er verschärft die Bedingungen, unter welchen ein Berufsverbot ausgesprochen werden kann, weil jemand dazu erst verurteilt werden muss und ein laufendes Verfahren nicht ausreicht.

 

 Jacques Bourgeois, was sagen Sie zur Kritik, dass auch ein Jugendlicher, der eine Liebesbeziehung mit einer 15-Jährigen hat, mit einem lebenslangen Berufsverbot belegt würde, falls die Initiative angenommen wird?

 Bourgeois:Der Initiativtext kommt in die Verfassung, danach wird das Parlament ein Gesetz ausarbeiten. In diesem Prozess werden wir dafür sorgen, dass Jugendlieben nicht als pädophile Taten gelten.

 Jean-François Steiert, reicht Ihnen das nicht aus?

Steiert:Wir haben bereits ein Gesetz erarbeitet. Dieses ist besser als die Initiative–und es ist auch besser, als später den Initiativtext zu korrigieren. Zudem hätten wir mit dem Gesetz die Möglichkeit, sofort zu handeln, denn es tritt am 1. Januar 2015 in Kraft. Wird die Initiative angenommen, tritt das Gesetz nicht in Kraft; und es wird wieder einige Jahre dauern, bis ein neues Gesetz aufgrund des Verfassungstextes ausgearbeitet ist.

Bourgeois: Ich weiss nicht, ob wir den gleichen Initiativtext lesen. Wer wegen pädophiler Taten verurteilt ist, erhält ein Berufsverbot.

Steiert: Eben–wer verurteilt ist. Was passiert bis dahin?

Bourgeois: Ich finde es richtig, dass dieses Problem auf Verfassungsebene geregelt wird. Damit zeigen wir, dass wir nicht akzeptieren, dass jemand die sexuelle Integrität eines Kindes antastet.

Steiert: Im Grundsatz sind wir uns einig. Die Initiative ist jedoch zu absolut, wenn sie fordert, dass nur verurteilte Täter ein Berufsverbot erhalten. 80 bis 90 Prozent der Lehrer, die wir aus dem Verkehr ziehen, sind noch nicht verurteilt. Wird die Initiative angenommen, ist das nicht mehr möglich: Dann schreibt die Verfassung vor, dass ein Pädophiler verurteilt sein muss, damit ein Berufsverbot verhängt werden kann.

Bourgeois: Auch das Gesetz geht von einer Verurteilung aus; doch wird erst ab einer sechsmonatigen Haftstrafe ein Berufsverbot möglich. Darum braucht es die Initiative.

Steiert: Es gibt aber einen rechtlichen Unterschied, ob etwas auf Verfassungsebene oder auf Gesetzesebene festgeschrieben wird. Ein Verfassungstext gilt für alle Bereiche, nicht nur für den strafrechtlichen. Zudem ist es einfach nicht seriös, einen Initiativtext in der Verfassung festzuschreiben und diesen dann im Gesetz zu relativieren.

 

 Auf den ersten Blick scheint die Initiative einfach zu sein: Wer will schon Kinder nicht vor Pädophilen schützen? Doch zeigt sich, dass juristische Details die Debatte prägen. Kommen solche Fragen im Abstimmungskampf zum Tragen, oder werden vor allem die Emotionen geschürt?

Bourgeois: Es ist ein emotionelles Thema, das stimmt. Aber es ist wichtig, dass wir die sexuelle Integrität der Kinder schützen. Ein sexueller Übergriff kann ein ganzes Leben vernichten. Die Initiative ist eine Antwort darauf. Nun ist es an uns Politikern, die juristische Debatte zu führen und klare Massnahmen anzubringen.

Steiert:Emotionen sind im Spiel, das stimmt. Das Thema berührt, denn Kinder leiden ein Leben lang, wenn sie von Pädophilen angegriffen werden.

 

 Jean-François Steiert, was stört Sie sonst noch an der Initiative?

 Steiert: Mir geht es auch um den Ermessensspielraum. Die Initiative lässt den Richtern kein Ermessen mehr. Wir Politiker neigen dazu, zu reagieren, wenn der «Blick» etwas schreibt. So fassen wie die Raser hart an, nun die Pädophilen … Doch ist beispielsweise eine Jugendliebe, die von der Initiative auch erfasst würde, kein pädophiler Akt. Für solche Fälle braucht es Ermessenspielraum.

Bourgeois: Mein Credo ist es nicht, die Politik nach dem «Blick» zu richten. Ich nehme die sozialen Probleme der Gesellschaft auf.

Steiert: Mich stört es auch, dass ein Teil der Initianten–Jacques Bourgeois gehört nicht dazu–auch die Sexualerziehung in der Schule verbieten will. Pädophile vergehen sich oft jahrelang an Dutzenden, wenn nicht Hunderten Kindern, ohne dass jemand etwas merkt. Dagegen schützen weder das Gesetz noch die Initiative. Wird das Thema weiterhin tabuisiert, sprechen die Kinder nicht darüber. Darum ist Sexualerziehung wichtig. Wer Sexualerziehung abschaffen will, schafft den Nährboden für künftige pädophile Übergriffe.

Bourgeois: Da sind wir uns einig. Vorbeugen ist besser als Heilen. Darum ist auch die Überwachung im Internet sehr wichtig.

 

 Was ist Ihre Prognose zum Abstimmungsausgang?

Bourgeois: Ich hoffe auf 70 Prozent Ja-Stimmen–und damit auf ein klares Zeichen.

Steiert: Ich hoffe, dass die Initiative nicht akzeptiert wird und das verschärfte Gesetz sofort in Kraft tritt. Falls die Initiative durchkommt, wie die Prognosen sagen, hoffe ich, dass die Initianten ihr Versprechen halten und in der Gesetzgebung der Text so angepasst wird, dass auch noch nicht verurteilten Pädophilen der Kontakt mit Kindern verboten werden kann.

Ein sexueller Übergriff kann ein ganzes Leben vernichten.

Jacques Bourgeois

Freiburger FDP-Nationalrat

Die Richter brauchen einen Ermessensspielraum.

Jean-François Steiert

Freiburger SP-Nationalrat

Schutz vor Pädophilen: Eine Initiative und ein Gesetz

P ersonen, die verurteilt werden, weil sie die sexuelle Unversehrtheit eines Kindes oder einer abhängigen Person beeinträchtigt haben, verlieren endgültig das Recht, eine berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit mit Minderjährigen oder Abhängigen auszuüben»: Das möchten die Befürworter der Pädophileninitiative in die Verfassung schreiben.

Der Ständerat lehnte die Initiative mit 23 zu 15 Stimmen ab. Für die Initiative haben sich im Nationalrat die SVP, die BDP und ein grosser Teil der CVP ausgesprochen. Dagegen waren die SP, die Grünen und die GLP. Geteilt war die Fraktion der FDP; die FDP Schweiz entschied sich für die Nein-Parole, so auch die CVP-Frauen. Auch die Stiftung Kinderschutz Schweiz lehnt die Initiative ab.

Indirekter Gegenvorschlag

Sozusagen als indirekten Gegenvorschlag hat das Parlament im Dezember ein Tätigkeitsverbot sowie Rayon- und Kontaktverbote für Pädokriminelle beschlossen. Das neue Gesetz tritt nächstes Jahr in Kraft. Die Richter können dann lebenslange Berufs- und Kontaktverbote aussprechen. Doch anders als die Volksinitiative schreibt das Gesetz nicht zwingend lebenslängliche Massnahmen vor. njb

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