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Zwangsstörungen: Gedanken, die man nicht loswird 

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Wie lebt ein Mensch, wenn sein Alltag von Zwängen und Ängsten dominiert wird? In Düdingen findet am 24. Mai eine Diskussionsrunde zum Thema Zwangsstörungen statt. Die FN konnten im Vorfeld mit einer Angehörigen einer betroffenen Person und einem Sozialarbeiter über die Krankheit sprechen.

Habe ich die Haustüre wirklich abgeschlossen? Die meisten Menschen haben wohl schon einmal nach einigen Metern kehrtgemacht und sind noch einmal zurück, um zu kontrollieren, ob die Türe auch wirklich abgeschlossen ist. Was, wenn solche Gedanken den Alltag dominieren und uns nicht mehr loslassen? Ein Gespräch über Zwangsstörungen mit der Mutter eines betroffenen Manns, wir nennen sie hier zum Schutz der Persönlichkeit «Barbara», und dem Sozialarbeiter Maxime Gilliéron von der Freiburgischen Interessengemeinschaft für Sozialpsychiatrie (Afaap).

Maxime Gilliéron, was versteht man unter Zwangsstörungen?

Maxime Gilliéron: Es sind Gedanken oder Handlungen, die sich wiederholen und immer wiederkehren und die man nicht kontrollieren kann. Den Betroffenen ist zwar oft bewusst, dass die Handlungen und Gedanken übertrieben sind, sie können aber nichts dagegen tun. Diese Gedanken und Handlungen schränken die betroffene Person in ihrem Alltag ein, im beruflichen und sozialen Leben.

Dass man noch einmal zurückgeht, um zu kontrollieren, ob der Kochherd wirklich ausgeschaltet ist, kennen wahrscheinlich die meisten Leute. Wann wird es krankhaft?

Maxime Gilliéron: Ja, diese Rituale kennen wir alle, sie gehören zum Leben und sind auch bis zu einem gewissen Grad normal. Krankhaft wird es, wenn die Person oder Angehörige darunter leiden, weil sie im Leben eingeschränkt sind. Wenn man regelmässig zu spät zur Arbeit kommt oder andere Termine verpasst, weil man etwas so oft wiederholen muss, dann ist es nicht mehr im normalen Rahmen. 

Die Zwänge sind wie ein Magnet, man kann sich ihnen als betroffene Person nicht entziehen.

Barbara*: Bei meinem Sohn, der alleine wohnt, ist es so, dass er jeden Morgen zwei bis drei Mal kontrolliert, ob der Kochherd wirklich ausgeschaltet ist, auch wenn er diesen vorher gar nicht benutzt hat. Oder eben auch die Kontrolle, ob die Tür zu ist. Das kann dann manchmal fünf oder sechs Mal sein oder noch mehr. Bei ihm sind aber vor allem auch zwanghafte Gedanken, es könnte etwas Schlimmes passieren, ausgeprägte Ängste. Gerade während der Pandemie war es schlimm. Er hat sich vorgestellt, das Virus sei immer überall. Er hat sich sehr oft die Hände gewaschen und desinfiziert. Die Pandemie war ja schon für Menschen ohne Zwangsstörungen eine Herausforderung. Für Menschen mit Zwangsstörungen war es noch einmal etwas ganz anderes.

Wie haben diese Zwangsstörungen bei Ihrem Sohn begonnen?

Barbara: Es hat im Jugendalter mit den Störungen angefangen. Er ging dann zum ersten Mal zu einer Psychiaterin, was ihm geholfen hat, mehr oder weniger damit umzugehen. Vor ein paar Jahren wurde es dann auf einmal nach einem Schicksalsschlag viel schlimmer, und die Störungen haben begonnen, seinen Alltag mehr und mehr zu dominieren. Vor allem die Ängste und negativen Gedanken nehmen viel Platz ein. Er kann deshalb auch sehr oft nicht schlafen, ist müde und hat keine Energie.

Merken Betroffene selber, dass sie krank sind, oder braucht es jemanden, der ein zwanghaftes Verhalten beobachtet?

Maxime Gilliéron: Je nach Situationen merken es die Personen selber, dass sie Schwierigkeiten haben. Es ist dann aber noch einmal ein viel grösserer Schritt, sich dies einzugestehen und Hilfe anzufordern. Die Angehörigen können die betroffene Person bei diesem Schritt unterstützen. Es ist natürlich auch immer möglich, den Hausarzt zu kontaktieren oder das Freiburger Netzwerk für psychische Gesundheit. Es ist sicher wichtig, dass sich Angehörige bewusst sind, dass es Hilfe gibt und dass sie nicht selber mit der Situation fertigwerden müssen.

Ist Ihrem Sohn bewusst, dass seine Gedanken krankhaft sind?

Barbara: Er entschuldigt sich regelmässig, kann aber die Gedanken trotzdem nicht abschütteln.

Er merkt oft, dass es nicht normal ist, und schämt sich auch dafür. Es ist sehr hart, das zu beobachten.

Es ist eben eine Krankheit, die man nicht einfach loswird, nur weil man das gerne möchte. Es braucht eine Behandlung. Das ist für Aussenstehende manchmal schwer zu begreifen. Dann kommen banale Ratschläge, dass man sich doch etwas «zusammennehmen» soll. Das ist ganz schlimm für Betroffene und Angehörige. Solche Ratschläge sind Schläge, nicht Ratschläge.

Zwangsstörungen

Eine psychische Krankheit

Zwangsstörungen umfassen laut Berner Inselspital eine Gruppe von psychischen Erkrankungen, die durch wiederkehrende Zwangshandlungen und Zwangsgedanken gekennzeichnet sind. Betroffene Patienten sind in allen Bereichen des Alltags schwer eingeschränkt, da die Zwänge ihr Verhalten dominieren. Zwangsgedanken sind Ideen, Vorstellungen oder Impulse, die sich den Betroffenen gegen ihren Willen aufdrängen. Zwangshandlungen sind meist alltägliche Verhaltensweisen, die immer wieder zwanghaft wiederholt werden. Obwohl die Betroffenen ihr Handeln als übertrieben oder sinnlos erkennen, verspüren sie einen starken Drang, das zwanghafte Handeln auszuführen. Die genauen Ursachen für Zwangsstörungen sind unbekannt. Wahrscheinlich begünstigen sowohl genetische Faktoren als auch Umweltfaktoren (soziale Kontakte) die Entstehung der Erkrankung. Rund ein bis drei Prozent der Bevölkerung haben im Lauf des Lebens Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen, sodass sie im Alltag dadurch eingeschränkt werden. du

Maxime Gilliéron: Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass die Betroffenen sich regelmässig bewusst sind, dass die Zwänge und Ängste übertrieben sind. Sie schämen sich deshalb auch, und das macht es oft sehr schwierig für sie, Hilfe anzufordern und darüber zu sprechen.

Welche Personen sind von der Krankheit betroffen. Gibt es Risikofaktoren?

Maxime Gilliéron: Es ist nicht selten, dass ein Trauma oder ein einschneidendes Ereignis solche Störungen verstärken oder sogar zum ersten Mal hervorrufen können, so, wie es auch in diesem Fall war. Das ist bei Zwangsstörungen ähnlich wie bei anderen psychischen Krankheiten. Wir sprechen vom biopsychosozialen Modell. Soziale Einflüsse sowie genetische Faktoren können auch eine Rolle spielen.

Was können die Angehörigen tun?

Barbara: Man kann für die betroffene Person da sein, ihr zuhören und sie unterstützen. Man muss sich aber auch immer selber schützen. Die Angehörigen können nicht auch noch die Behandlung übernehmen, das müssen Profis wie etwa Psychiater machen. Im Alltag als Angehörige braucht es sehr viel Geduld. 

Wie sieht die professionelle Hilfe aus bei Ihrem Sohn?

Barbara: Er ist bei einer Psychiaterin in Behandlung und bekommt Medikamente. Die Psychiaterin hilft ihm, den Alltag besser zu bewältigen. Sie übt zum Beispiel mit ihm, Entscheidungen zu treffen, denn damit hat er oft Mühe.

Maxime Gilliéron: Was auch hilfreich sein kann, sind Gesprächsgruppen. So können die Menschen auch die wertvolle Erfahrung machen, dass sie mit ihrem Leid nicht alleine sind, und sie können sich austauschen und sich gegenseitig unterstützen. Wir Sozialarbeiter sind dazu da, den Personen zuzuhören, wenn sie über die Krankheit sprechen möchten. Mit dem Trialog (siehe Kasten) können wir einen Platz schaffen, wo so ein Austausch möglich ist. Solche Veranstaltungen sind auch nützlich, um der Öffentlichkeit zu zeigen, dass es solche Krankheiten gibt.

Barbara: Es ist für die Betroffenen und Angehörigen sehr wichtig, dass darüber gesprochen werden kann. Früher hat man solche psychischen Krankheiten einfach totgeschwiegen. Wenn man sich heute darüber austauschen kann, fühlt man sich weniger alleine.

*Name geändert und der Redaktion bekannt.

16. Trialog

Austausch in Düdingen

Wie leben Betroffene und Angehörige mit einer Zwangsstörung? Wie gehen sie damit um? Welche Unterstützung wünschen sie sich? Wie können Angehörige und Fachpersonen helfen? Diese und weitere Fragen werden am 16. Trialog in Düdingen besprochen, einer Veranstaltung der Freiburgischen Interessengemeinschaft für Sozialpsychiatrie (Afaap), Applico, dem Freiburger Netzwerk für psychische Gesundheit und der Freiburger Gesundheitsdirektion. du

Afaap

Freiburgische Interessengemeinschaft für Sozialpsychiatrie

Seit 30 Jahren setzt sich die Freiburgische Interessengemeinschaft für Sozialpsychiatrie (Afaap) dafür ein, dass Menschen mit einem psychischen Leiden eine Plattform bekommen, über die sie sich austauschen und Beziehungen knüpfen können. Die Afaap möchte die persönlichen und sozialen Lebensbedingungen von Menschen mit psychischen Problemen verbessern und die Rechte der Betroffenen fördern. Der Afaap-Vorstand setzt sich aus Betroffenen, Angehörigen und einer Person mit externen Kompetenzen zusammen. Die Afaap ist eine gemeinnützige Institution und wird von der Direktion für Gesundheit und Soziales des Staats Freiburg, dem Bundesamt für Gesundheit und der Loterie Romande unterstützt. du

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