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Zweisprachigkeit als Identitätsmerkmal

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Zweisprachigkeit als Identitätsmerkmal

Rektor Urs Altermatt über das Verhältnis der Universität Freiburg zur katholischen Kirche

Die Theologische Fakultät der Universität tut sich mit der Neubesetzung des Lehrstuhls von Othmar Keel schwer. Den Hintergrund dazu bilden die Budgetkürzungen sowie unterschiedliche Auffassungen über die Theologie als Wissenschaft. Rektor Urs Altermatt äussert sich zum Verhältnis der Universität zu Kirche und Katholizismus.

Mit URS ALTERMATT
sprach WALTER MÜLLER/Kipa

Zweimal ist ein Schüler von Professor Keel, Christoph Uehlinger, in den vergangenen Monaten im Fakultätsrat gescheitert, obwohl er einziger Kandidat war. Nun hat er eine Professur in Zürich angenommen. Wie steht es jetzt um die Wiederbesetzung?

Die Fakultät hat eine neue Berufungskommission gewählt und den Lehrstuhl neu ausgeschrieben. Dabei wurde das Profil des Lehrstuhls beibehalten. Ich gehe von einer gewissen Pluralität der Meinungen und einer gegenseitigen Offenheit innerhalb der Fakultät aus. Die Theologische Fakultät muss das organisatorische Gefäss für verschiedene Strömungen innerhalb der doch sehr breiten katholischen Kirche sein.

Was die genannten Schwierigkeiten angeht, so habe ich festgestellt, dass die Neubesetzung dieses Lehrstuhls für das Alte Testament in deutscher Sprache ein enormes Interesse von Fachkollegen schweiz- und weltweit hervorgerufen hat. Das zeigt, dass die Fakultät international bekannt ist, was wiederum für das Prestige unserer Universität spricht.

Was kann das Rektorat tun?

Die Fakultäten sind nach unserem Universitätsgesetz bei der Auswahl der Kandidaten autonom. Wenn sie bestimmte Regeln im Berufungsverfahren einhalten, ist der Handlungsspielraum des Rektorates äusserst gering. Allerdings kann ich festhalten, dass der Forschungsschwerpunkt «Monumente und Dokumente der Bibel» weiterhin bestehen bleiben wird. Das steht auch innerhalb der Fakultät nicht in Frage. Jetzt ist es an der Fakultät, Vorschläge für die Wiederbesetzung des Lehrstuhls Altes Testament zu machen.

Der Einsiedler Abt Martin Werlen behauptete im vergangenen Herbst, an der Freiburger Theologischen Fakultät gebe es keine «tragende» christliche Atmosphäre; ein junger Mensch laufe Gefahr, die kirchliche Haltung zu verlieren. Wie kirchlich kann und soll die Universität sein?

Auch Abt Martin Werlen weiss, dass Kirchlichkeit keine monolithische Atmosphäre bedeutet. Die katholische Kirche und der Katholizismus sind Bestandteil der pluralen Gesellschaft, die sie in sich spiegeln. Die Universität Freiburg hat sich nie als kirchliche Universität, sondern als staatlich getragene Universität der Schweizer Katholiken verstanden. Sie folgte den Entwicklungen im schweizerischen Katholizismus.

Im Unterschied zu anderen katholischen Universitäten hat sie nie eine kirchliche Leitung besessen. Hingegen trägt die Theologische Fakultät natürlich auch kirchlichen Charakter. Damit unterscheidet sie sich nicht wesentlich von den protestantischen theologischen Fakultäten, die ebenfalls kirchlich eingebunden sind.

Was bedeutet dies für die Beziehung zur Kirche?

Die kirchliche Bindung bedeutet unter anderem, dass eine katholische theologische Fakultät nicht einfach ein religionswissenschaftliches Departement sein kann, an dem, wie in den USA, protestantische, katholische und agnostische Wissenschaftler über Religion lehren. Dieser Unterschied ist zu beachten. Doch das schliesst nicht aus, dass die Verstärkung des religiösen Faktors in der Gesellschaft das Interesse an diesem Phänomen aus religionswissenschaftlicher und -historischer Perspektive ansteigen lässt. Dieser Bereich ist daher auszubauen.

Auch die katholische Theologie arbeitet intensiv an einer Theologie des interreligiösen Dialogs. Das Verhältnis zwischen Theologie und Religionswissenschaft ist in diesem Zusammenhang tiefer zu durchdenken.

Die Universität Freiburg wurde 1889 für die Schweizer Katholiken gegründet. In ihrem neuen Leitbild nennt sie nun aber die Zweisprachigkeit als ihre hervorstechende Eigenschaft. Hat die Universität mit dem Katholizismus gebrochen?

Zunächst ist festzuhalten, dass Freiburg wie andere Universitäten in der Schweiz ihren Ursprung einer theologischen Initiative verdankt. Wie etwa in Genf die calvinistische Herkunft zur Geschichte der dortigen Universität gehört, gehört der katholische Ursprung zur Universität Freiburg. In der öffentlichen Wahrnehmung, aber auch in der eigenen Präsentation ist heute der «katholische» Faktor nicht mehr so offensichtlich.

In Freiburg geht die höhere Bildung auf die Gründung des Jesuitenkollegs St. Michael 1582 zurück. 1762 entstand die Rechtsschule. 1889 ist dann nach dem Humboldtschen Modell die Universität gegründet worden, mit einer katholischen theologischen Fakultät. Sie befand sich damals als einzige Universität in einem katholischen Kanton, was zur Folge hatte, dass im 19. Jahrhundert, dem Jahrhundert des Kulturkampfes, die Universität von innen und von aussen als Universität der Schweizer Katholiken angesehen wurde.

Geht ihre Entstehung eher auf politische als auf konfessionelle Gründe zurück?

Der Kulturkampf im 19. Jahrhundert führte dazu, dass kirchliche Kräfte sich auch politisch formierten. Aus diesem kulturpolitischen Engagement der Katholiken ging die Gründung der Universität Freiburg hervor. Nach 1970 – eine Zäsur in vielen gesellschaftlichen Bereichen – begann der Schweizer Milieukatholizismus zu erodieren, sich aufzulösen; gleichzeitig begann die katholische Kirche im Zuge des Zweiten Vatikanums eine neue, dialogische Haltung zu den verschiedenen weltlichen Bereichen einzunehmen.

Wie hat sich die Freiburger Uni dann entwickelt?

Ein entscheidender Faktor für die Entwicklung der Universität war die Bildungsrevolution, die nach 1970 in der Schweiz einsetzte. Dies führte zu einem enormen Zuwachs der Zahl der Studierenden: bis 1980 auf gut 4000, heute auf fast 10000. So vergrösserte sich die bereits zuvor überregionale Universität Freiburg in einem Masse, wie es eigentlich der Grösse des Kantons nicht entspricht. Vier Fünftel der Studierenden kommen nicht aus dem Kanton Freiburg.

Wie wirkte sich die Säkularisierung des Kantons auf die Universität aus?

Die Säkularisierung führte zu einem gesellschaftlichen Wandel, der vielfach die Sprache als Identifikationsmerkmal an die Stelle der Konfession gesetzt hat. Dies entspricht einem Ethnisierungsprozess, den ganz Europa durchmacht und der im östlichen Europa zu neuen Nationen geführt hat.

Wir sind heute aber auch sensibel gegenüber der Gefahr nationalistischer Abgrenzungen. Dieser Prozess hat im belgischen Löwen, notabene einer kirchlich-katholischen Universität, zur Spaltung der Universität geführt. In Freiburg haben wir uns glücklicherweise dazu entschieden, die
Einheit zu wahren und die Zweisprachigkeit zu einem Hauptmerkmal der Universität zu machen.

Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?

Ich glaube, dass die Mehrsprachigkeit auch in Zukunft das Merkmal der Universität sein wird. Mit dem Zusammenwachsen Europas wird die Mehrsprachigkeit zu einem noch stärkeren Spezifikum der Universität werden.

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