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Abgewiesener Asylbewerber fordert 61’000 Franken Schadenersatz

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Erst gab sich der Mann als Guineer aus, dann als Bürger der Elfenbeinküste. Sein Asylgesuch wurde abgelehnt. Doch der Kanton Appenzell Ausserrhoden steckte ihn zu lange in Ausschaffungshaft – und muss ihm jetzt eine Entschädigung zahlen.

Der Kanton Solothurn muss einem Äthiopier mit mehrfach negativem Asylentscheid Schadenersatz zahlen, weil er 50 Tage zu Unrecht in Ausschaffungshaft sass. Das hat das Bundesgericht entschieden. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat keine Kenntnis von ähnlichen Fällen in den letzten Jahren.

Nun zeigt sich: Auch im Kanton Appenzell Ausserrhoden hat ein abgewiesener Asylsuchender mit einer Staatshaftungsklage einen Erfolg verbucht. Das Bundesgericht kam in einem Urteil vom letzten November zum Schluss, dass die Schweizer Behörden das Beschleunigungsverbot verletzt haben. Sie unternahmen also in den Augen der Richter in Lausanne zu wenig, um die Ausschaffung voranzutreiben.

Das Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden muss nun bestimmen, wie lange die unrechtmässige Haft genau dauerte – und dann eine Entschädigung festlegen. Der Asylsuchende verlangt 61’000 Franken. Er wähnte sich 305 Tage zu Unrecht im kantonalen Gefängnis Gmünden in Niederteufen. Pro Tag entspräche das 200 Franken. Dieser Betrag orientiert sich am Schadenersatz für Personen, die zu lange im Strafvollzug inhaftiert waren.

Unterstützt wurde der Mann bei der Klage von Rechtsanwältinnen der Organisation Asylex. Der gemeinnützige Verein setzt sich für die Rechte Asylsuchender ein. Sein Ziel lautet, Geflüchteten kostenlos eine Rechtsberatung anzubieten.

Zuerst gab sich der Mann als Guineer aus

Um was geht es bei dem Fall? Der Asylsuchende reiste im September 2018 von Spanien in die Schweiz ein. Der damals 18-Jährige gab sich als Staatsangehöriger von Guinea aus. Im Rahmen eines Dublin-Verfahrens wurde er im Januar 2019 nach Spanien zurückgeschickt.

Trotz Einreiseverbot und dem Nein zu seinem Asylgesuch versuchte der Mann erneut sein Glück in der Schweiz. Am 20. Oktober 2019 wurde er von der Polizei aufgegriffen. Zuständig für seine Wegweisung ist der Kanton Appenzell Ausserrhoden. Das Amt des Innern, Abteilung Migration, beantragte deshalb umgehend Dublin-Ausschaffungshaft. Spanien weigerte sich dieses Mal, den Mann zurückzunehmen. Deshalb verlängerte das Amt die Ausschaffungshaft, zuerst bis Ende April 2020, dann bis Ende Oktober.

Am 24. August 2020 kam der Mann auf Geheiss des Haftrichters frei. Er sah das Beschleunigungsgebot verletzt, weil seit Anfang März keine amtlichen Tätigkeiten in Richtung Vollzug dokumentiert seien. Das Bundesgericht hielt deshalb fest: Die Aufrechterhaltung der Haft verstösst gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (Recht auf Freiheit) und begründet einen Haftungsanspruch.

Wegweisung für zulässig erachtet

Auf ganzer Linie drang der abgewiesene Asylsuchende mit seiner Beschwerde nicht durch. Die zunächst angeordnete Dublin-Haft, später umgewandelt in Ausschaffungshaft, erachteten die Richter in Lausanne als zulässig.

Auch am 22. April 2020, als die Haft erneut verlängert wurde, hielten sie die Wegweisung in absehbarer Zeit trotz Coronapandemie für zulässig – zumal das SEM in Aussicht stellte, eine Delegation aus der Elfenbeinküste würde den Mann im Juni oder Juli 2020 als Staatsbürger anerkennen und so bei der Beschaffung der Reisepapiere helfen. Die Ausschaffungshaft muss dann beendet werden, wenn bloss noch eine höchst unwahrscheinliche, rein theoretische Aussicht auf Vollzug besteht.

Weshalb kommt die Elfenbeinküste ins Spiel? Als der Mann im Dezember 2019 durch eine Delegation aus Guinea befragt wurde, sagte er, er heisse anders und stamme in Wahrheit aus der Elfenbeinküste. Wegen der Pandemie landete die nächste Delegation der Elfenbeinküste aber nicht im Sommer 2020 in der Schweiz, sondern erst im Dezember 2021.

Obergericht lehnte Staatshaftung ab

Das Obergericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden lehnte eine Staatshaftung ab. Es machte den Mann, der die Behörden über seine wahre Identität getäuscht hatte, zu einem grossen Teil selber verantwortlich für die Verzögerung der Ausschaffung. So weigerte sich dieser zum Beispiel, die Behörden der Elfenbeinküste zu kontaktieren, um Reisepapiere zu beschaffen. Auch tauchte er zwischenzeitlich unter und missachtete seine Mitwirkungspflicht.

Für das Obergericht war auch klar: Die Nichtkooperation des Mannes kann man dem Amt des Innern anlasten. Zudem sei die Beschaffung der Reisepapiere, Voraussetzung für den Vollzug der Ausschaffung, Aufgabe des SEM. «Es blieb dem Amt nichts anderes übrig, als abzuwarten und von Zeit zu Zeit beim SEM über den Zeitpunkt der Befragung nachzuhaken.» Man könne höchstens beanstanden, dass die kantonale Migrationsbehörde nicht häufiger nachgedoppelt habe.

Der abgewiesene Asylbewerber hingegen betonte, nicht er sei schuld an den Verzögerungen. Er machte die «Untätigkeit» des SEM und der Migrationsbehörde geltend und verwies auf höhere Kräfte: die Corona-Pandemie. Der Gang vor Bundesgericht hat sich für ihn gelohnt. Es korrigierte das Obergericht teilweise.

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