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Aus der Ukraine nach Heitenried: Zwei Familien erzählen

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Als Paul Schafer und Josiane Frei beschlossen, eine Flüchtlingsfamilie aus der Ukraine aufzunehmen, liessen sie sich auf ein Abenteuer mit vielen Unbekannten ein. Das haben sie nie bereut. Sie haben ihren Hausgästen Familienanschluss ermöglicht und wurden für sie zum Felsen in der Brandung.

«Wir hatten Platz, Zeit und waren offen für Neues.» So fasst Paul Schafer die Ausgangslage zusammen, als er mit seiner Partnerin Josiane Frei im März 2022 entschieden hatte, eine Familie aus dem Kriegsgebiet der Ukraine aufzunehmen. Viel mehr, als in den Nachrichten berichtet wurde, wussten die beiden über das Land und seine Bewohnerinnen und Bewohner nicht. Sie waren aber bereit, ihr Heim für einige Monate mit Fremden zu teilen.

Leichtes Gepäck

Ihren neuen Hausgästen ging es nicht anders: Mit nur einer Sporttasche und zwei Plastiktüten als Gepäck zogen Oksana und Igor Kravchuk am 5. Oktober 2022 mit ihrem damals zwölfjährigen Sohn ins Haus von Paul Schafer. Er stellte für sie zwei Zimmer und ein Bad bereit. Die Familie hatte zu dem Zeitpunkt eine lange Reise in einem Bus durch mehrere Länder hinter sich. Oksana Kravchuk:

Als wir einstiegen, wussten wir nicht, wo wir landen werden.

Die Familie Kravchuk kommt aus der Hafenstadt Skadovsk (roter Punkt).
Google Maps

Nach sieben Monaten Besatzung durch die russische Armee sei es in ihrer Heimatstadt Skadovsk nahe der umkämpften Region Cherson bei der Krim immer unsicherer geworden. Es habe regelmässig Raketenangriffe gegeben, die Armee habe Anrufe und Telefonnachrichten abgefangen und Häuser kontrolliert. «Wir lebten die ganze Zeit in Angst», erzählt die 36-Jährige. Wer von den Russen als ukraineunterstützend identifiziert wurde, sei verprügelt oder getötet worden. «Wir befürchteten, dass man uns gewaltsam zwingt, die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen, nach russischen Gesetzen zu leben und gegen unsere eigenen Landsleute zu kämpfen, und dass unser Sohn eine russische Schule besuchen muss», erzählt Igor Kravchuk.

Flucht ins Unbekannte

Oksana Kravchuk erinnert sich an den tränenreichen Abschied am 22. September 2022: «Es war ein Schock, eine Flucht ins Unbekannte.» Sie packten nur das Nötigste ein, liessen Familie und Freunde zurück. Auch vom Haus, für das sie jahrelang gespart haben, mussten sie sich verabschieden. An der russisch-lettischen Grenze warteten sie 24 Stunden auf die Ausreise, schliefen auf der Strasse:

Als wir über die Grenze gehen durften, war das ein Stück Freiheit, ein einzigartiges Gefühl.

Das Leben in der Ukraine sei auch ohne Krieg nicht einfach gewesen, erzählen die zwei. Igor Kravchuck ist ausgebildeter Wasserbaufachmann und arbeitete nebenbei noch als Sicherheitsmann in einem Hotel und als Karatelehrer, damit die Familie über die Runden kam. Seine Frau Oksana, eine ausgebildete Pflegefachfrau, arbeitete in einer Klinik. Im spärlichen Gepäck hatten sie neben der Kleidung und den Pässen denn auch ihre Schul- und Studienzeugnisse dabei. Ihnen sei klar gewesen, dass sie sich in einem fremden Land eine neue Existenz aufbauen mussten.

Zufällig in die Schweiz

Durch ein Gespräch mit einer Zufallsbekanntschaft im Bus seien sie in der Schweiz gelandet. «Der Anfang war sehr schwer», erzählt Oksana Kravchuk. «Alles war fremd, wir kannten hier niemanden, verstanden nichts.» Sie verhehlt nicht, dass es eine Zeit mit viel Tränen war. «Paul und Josiane haben uns sehr unterstützt», erzählt sie, und ihr Mann ergänzt:

Die beiden wurden für uns eine Art Pflegeeltern.

Vor ihrer Flucht war die Familie nie ins Ausland gereist. Ausser wenigen Brocken Englisch sprachen Oksana und Igor Kravchuk keine Fremdsprache. Dies sei die grösste Barriere gewesen, sagt Paul Schafer. «Wir konnten uns anfangs nur mittels Sprachübersetzer-App am Mobiltelefon verständigen.» Das habe erstaunlich gut funktioniert, auch wenn es zu Beginn etwas umständlich gewesen sei. Dem Schweizer Paar war wichtig, ihre Gäste in allen Belangen zu unterstützen. «Wir wünschten ein Miteinander und nicht nur ein Nebeneinander.»

Oksana und Igor Kravchuk haben neben dem offiziellen Unterricht viel Zeit in das Deutschlernen investiert.
Bild: Charles Ellena

Sichtweise erweitert

In einem Einfamilienhaus mit gemeinsamer Küche und Wohnzimmer sei dies kaum anders möglich gewesen.
Menschlich sei die Aufnahme der Familie ein Plus gewesen, ziehen Paul Schafer und Josiane Frei heute Bilanz. «Wir haben viel geredet, den Alltag organisiert, gemeinsam gelitten, als schlimme Nachrichten aus der Ukraine kamen, aber auch häufig zusammen herzhaft gelacht.» Er würde sein Haus dieser Familie wieder öffnen, sagt er. Die Begegnung sei bereichernd gewesen, sie habe die eigene Sichtweise erweitert. «Wir haben uns gegenseitig ins Herz geschlossen, sind uns aber auch bewusst, dass es Gastgeber gibt, die nicht so viel Glück mit den Aufgenommenen hatten.»

Neue Gerichte

Beim Thema Essen offenbarten sich die kulturellen Unterschiede. Die beiden Familien vereinbarten eine gemeinsame Hauptmahlzeit pro Tag und wechselten sich beim Kochen ab. Josiane Frei hat die Ukrainer mit typisch schweizerischen Gerichten bekannt gemacht. Sie und Paul Schafer haben von den Kravchuks die ukrainische Küche kennen gelernt. «Sehr anders, aber sehr köstlich», fasst sie zusammen.

Paul Schafer fuhr das Paar zu günstigen Einkaufsläden, damit sie mit dem Flüchtlingsgeld von 1185 Franken pro Monat für die Familie gut einteilen konnten. Sie erklärten ihnen viel über den Schweizer Alltag und machten Ausflüge, um ihnen das Land vorzustellen. «Das war für uns eine willkommene Abwechslung», erklärt Oksana Kravchuk. Nicht zu wissen, wie es weitergeht und mit wenig sozialen Kontakten auszukommen, sei deprimierend gewesen. «Paul war unser Lichtblick.» Er und Josianne Frei hätten ihnen immer das Gefühl gegeben, willkommen zu sein.

Oksana Kravchuk erzählt, wie schwer ihr ums Herz war, als sie ihre Heimat verlassen musste.
Bild: Charles Ellena

Ein Teufelskreis

Für den 76-Jährigen war klar, dass die Sprache der Schlüssel für eine gute Integration ist. Paul Schafer erzählt, dass er das Bewerbungsdossier von Oksana Kravchuck vielen Arztpraxen und andere Pflegeeinrichtungen unterbreitet hat. Als er selber nach einem Eingriff Pflege benötigte, erlebte er am eigenen Leib, wie gut sein Hausgast den Beruf ausüben konnte. «Doch ohne Sprachkenntnisse hatte sie keine Chance auf eine Stelle.» Eine schwierige Situation: 

Es ist ein Teufelskreis: Wenn sie die Sprache nicht beherrschen, finden sie keine Arbeit, und ohne Arbeit sind sie nicht unabhängig und können sich nicht integrieren.

Hartnäckig nachgefragt

Als das Paar nach mehreren Monaten immer noch keinen Sprachkurs in Aussicht hatte, nahm Paul Schafer Kontakt auf zur Flüchtlingsbetreuungsfirma ORS. Beharrlich blieb er dran, machte Anrufe und fragte nach, schrieb Mails und Briefe bis an die Direktion. «Ich konnte nicht einsehen, warum eine ukrainische Pflegefachfrau nicht relativ rasch in einen Sprachkurs einsteigen kann, wenn wir im Gesundheitswesen täglich nach Personal rufen», erklärt er sein Engagement (siehe auch Text unten). Nach vielen Hin und Her hat es dann doch geklappt. Kurzfristig erhielten die beiden Plätze in einem Deutschkurs.

Damit änderte sich auch ein wenig das Leben der Familie Kravchuk. «Wir haben dort ukrainische Leute getroffen und konnten uns austauschen», erzählt Igor Kravchuck. Das Paar machte sprachlich rasch grosse Fortschritte. Vor allem Oksana kann heute ohne Probleme ein Gespräch auf Hochdeutsch führen und sich auch schriftlich gut ausdrücken.

Eine eigene Wohnung

Zehn Monate nach ihrem Einzug in Heitenried hat das ORS Kravchuks eine Wohnung in Tafers zugewiesen. Der Kontakt zu Paul Schafer und Josiane Frei blieb bestehen. Der langjährige Bankleiter steht ihnen auch heute bei vielen administrativen Arbeiten bei. Jetzt gerade hilft er Igor Kravchuk, den Führerausweis zu machen, damit sich dessen Chancen auf eine Anstellung verbessern. «Ich will arbeiten», sagt der 47-Jährige. Er hat sich zur Verfügung gestellt, Karatestunden zu erteilen, erst in Heitenried und nun in Freiburg, wo er die Kinder von anderen ukrainischen Flüchtlingen trainiert. Seine Frau hatte Glück: Gerade hat sie eine Stelle als Pflegerin bei einer Schwesterngemeinschaft in Freiburg gefunden und hatte bereits ihren ersten Arbeitstag.

Igor Kravchuk hatte in der alten Heimat drei Jobs, um die Familie über Wasser zu halten.
Bild: Charles Ellena

Eine andere Welt

Die beiden vermissen ihr Zuhause, ihre Eltern, ihre Bekannten und ihre Heimatstadt. Trotz Heimweh, gewisse Dinge haben sie an der Schweiz schätzen gelernt. Oksana Kavchuck zählt auf: «die Ordnung in der Schweiz, die kultivierten und hilfsbereiten Menschen, die Sauberkeit und die anständigen Löhne, die Qualität der Medizin, die Natur». Dass es keine Korruption gebe und die Menschen sich sicher fühlen können. Sie habe sich nie vorstellen können, dass es so ein Land gebe, wo man gut leben und arbeiten könne. Trotz aller Hilfe, welche die beiden erfahren haben: «Wir sind hier immer noch Fremde. Es braucht Zeit.» Doch sie empfinden es als Glück, in der Schweiz gelandet zu sein.

Es ist eine Chance, die wir bekommen haben. Wir sind dankbar dafür und wollen sie nutzen.

Wunden auf der Seele

Dies gelte vor allem auch für ihren Sohn, der wenige Tage nach der Ankunft die Schule in Heitenried besuchen durfte und nun in die OS Tafers geht. «Die Schule ist wunderbar, alle Lehrpersonen sind sehr hilfreich», sagt Oksana Kravchuk. Ihr Sohn bekommt Gitarrenunterricht und geht ins Karatetraining. Er habe schon einige Kontakte geknüpft. Langsam lebt sich die Familie ein: «Nach mehr als einem Jahr ist die Wunde auf meiner Seele ein wenig verheilt. Doch moralisch ist es immer noch schwer. Vor uns liegt noch ein harter Weg.»

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