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Der Kokainkönig und sein Concierge: Wie sich einer der meistgesuchten Verbrecher in der Schweiz versteckt hat

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Der 37-jährige Belgier Flor Bressers soll mit Kokain Millionen verdient haben. Deshalb stand er auf Europols Most-Wanted-Liste. Wie schaffte er es, unerkannt in Zürich zu leben? Jetzt decken Ermittler sein Netzwerk auf.

Februar 2022, kurz vor Mitternacht: Elitepolizisten der Sondereinheit Diamant umstellen den Renaissance-Tower in Zürich West. An der Klingel steht der Name «Falcon», doch im 22. Stock wohnt Flor Bressers, einer der meistgesuchten Verbrecher Europas. Ermittler tragen in dieser Nacht Beweismaterial in Papiersäcken aus der Luxuswohnung. Pro Monat zahlte er 26’000 Franken Miete.

Die Polizei nimmt den damals 35-Jährigen und seine 28-jährige Freundin samt Baby fest. Alle drei kommen in Untersuchungshaft. Acht Monate später liefert die Schweiz Bressers nach Belgien aus. Die belgische Luftwaffe fliegt ihn in einem Businessjet heim, und am Flughafen holt ihn ein Polizeikonvoi ab. Eine Szenerie wie bei einem Staatsempfang – für den berüchtigtsten Straftäter des Landes.

Bressers reist allerdings nicht im Massanzug, sondern in einem beigen Pullover, einer schusssicheren Weste, Handschellen und mit einer Augenbinde. Die Behörden verfügen höchste Sicherheitsvorkehrungen, weil sie eine Befreiungsaktion durch die organisierte Kriminalität befürchten. Ein Grossaufgebot maskierter Spezialkräfte begleitet ihn.

Bressers stammt aus einer wohlhabenden Familie und wuchs in der belgischen Stadt Lommel auf. Seine Mutter arbeitete als Schulleiterin. Auch Sohn Flor setzte auf Bildung und lernte sein Handwerk zuerst in der Theorie. An der Universität von Brüssel studierte er mehrere Jahre Kriminologie. In der Szene trägt er deshalb den Spitznamen «die Universität».

Belgische Medien verpassten Bressers einen anderen Übernamen: «de Vingerknipper», «der Fingerabschneider». Denn die belgische Staatsanwaltschaft warf ihm vor, einem niederländischen Gangster einen kleinen Finger mit einer Gartenschere abgeschnitten zu haben. Mangels Beweisen sprach ihn ein Gericht in diesem Punkt zwar frei, verurteilte ihn aber wegen Entführung, Freiheitsberaubung und Geiselnahme.

Selber hat sich Bressers ein anderes Pseudonym gegeben: Bongoking. Unter diesem Namen soll er im verschlüsselten Chatsystem Encrochat – einer Art Whatsapp für Kriminelle – den Kokainhandel zwischen Südamerika und Europa organisiert haben. Als französische Ermittler diesen Dienst und später die Nachfolgelösung Sky-ECC hackten, entdeckten sie das Ausmass von Bressers Tätigkeit.

Er soll direkte Verbindungen zu den grossen Drogenbaronen in Südamerika sowie zu niederländischen Verbrecherorganisationen geführt und so Kokain im Tonnenbereich importiert haben. Grosse Mengen soll er in der Schweiz abgesetzt haben.

Abwasserdaten zeigen, dass hier besonders viel gekokst wird. Tendenz steigend. Das Angebot wächst allerdings noch stärker als die Nachfrage. Produzenten in Südamerika vergrössern ihre Anbauflächen und Schmuggler sowie Dealer professionalisieren den Warenfluss. Sie verfolgen ihre Container mit batteriebetriebenen GPS-Geräten und beliefern die Kundschaft direkt nach Hause. Man spricht von der «Uberisierung» des Drogenhandels.

Die Preise bleiben trotz dieser Entwicklungen stabil. Eine Linie kostet etwa 15 Franken – wie ein Drink an der Bar.

Und dies, obwohl der Reinheitsgrad, den die rechtsmedizinischen Labore in der Schweiz messen, tendenziell steigt. Die Dealer können es sich wegen des Konkurrenzkampfes nicht leisten, das Pulver allzu stark zu strecken. Die Folgen: Zwar sinkt die Gefahr durch Streckmittel, dafür steigt das Risiko für Herz- und Kreislaufprobleme durch die höhere Dosierung.

1. Gelegenheitskonsumenten: Sie schnupfen manchmal an einer Party eine Linie. 80 Prozent der Kokser gehören dazu. Diese kleinen Mengen machen aber nur etwa 20 Prozent des Schweizer Markts aus.

2. Junkies: Sie nehmen Kokain nebenbei – neuerdings in der besonders gefährlichen Form von Crack. Sie kaufen kleine Mengen auf der Strasse. So erhalten sie stark gestreckten Stoff.

3. Heimliche Süchtige: Sie sind bei der Arbeit und in der Freizeit dauernd drauf. Sie bestellen grosse Mengen und erhalten so die reinste Ware – die besten Kunden der Drogenmafia.

Als Bressers einen Unterschlupf ausserhalb Belgiens suchte, machte es deshalb Sinn, sich inmitten eines wichtigen Absatzmarktes niederzulassen. Seine Festnahme ist einer der grössten Erfolge der Schweizer Bundespolizei, kurz Feldpol.

Die Ermittler erhielten über die europäische Polizeibehörde Europol Zugang zu den gehackten Chatdaten der französischen Polizei. Fedpol gewann dadurch beunruhigende neue Erkenntnisse. Die Schweiz ist für die organisierte Kriminalität nicht nur, wie bisher angenommen, ein Rückzugsort und eine Geldwaschanlage, sondern auch ein aktiver Handelsplatz.

Mit Bressers Verhaftung begann die Arbeit erst. Wie schaffte er es, hier zwei Jahre lang unerkannt zu leben? Inzwischen haben Ermittler einen Teil seines Netzwerks aufgedeckt.

Der diskrete Vermittler mit Referenz vom Bürgenstock

Der wichtigste Helfer sitzt seit fast einem Jahr in Untersuchungshaft: Ahmet M. (Name geändert), ein deutscher Staatsbürger mit türkischen Wurzeln. Der 42-Jährige machte als Concierge Karriere in der internationalen Welt der Luxushotels, in London, München, Abu Dhabi und schliesslich in der Schweiz im Grand Resort Bad Ragaz und im Bürgenstock Resort. Er liess sich in Ebikon LU und später in Zürich, in Bressers Nähe, nieder.

Hier machte er sich selbstständig und gründete eine Firma, mit der er seine Dienste als Concierge anbot. Auf seiner Website offerierte er alles, was zum Leben von Superreichen gehört: Reisen, Autos, Events, Unterhaltung, Luxusgüter, Gesundheitsdienste und Immobilien. Gemäss den Ermittlungen der Züricher Staatsanwaltschaft hatte Ahmet M. aber nur zwei Kunden: Flor Bressers und seine Freundin.

Er soll dem Paar als Mittelsmann einen unentdeckten Aufenthalt in der Schweiz ermöglicht haben. So soll er über sein Privatkonto und über Tarnfirmen Geld für sie gewaschen und einen Luxus-SUV, einen Audi RS Q8, auf seinen Namen eingelöst haben.

Doch auch bei Ahmet M. stellt sich die Frage: Wie schaffte er es, als Mittelsmann unerkannt zu bleiben?

Der Zuger Anwalt mit besten Beziehungen

Recherchen zeigen, dass er auf die Dienste eines Zuger Anwalts zählen konnte. Dieser vertrat einst Zuger Regierungsräte und übte in der FDP ein hohes Amt aus. Der Anwalt trug eine Tarnfirma im Handelsregister ein. Diese stellte Bressers Freundin einen Arbeitsvertrag als Geschäftsführerin aus. Damit erschlich sie sich beim Migrationsamt eine Aufenthaltsbewilligung unter einer falschen Identität.

Der Anwalt beteuert auf Anfrage, Ahmet M. nur zweimal zehn Minuten gesehen zu haben: «Für mich war das eine normale Firmengründung wie viele andere.» Er überschrieb ihm die Firma später für einen Franken, wie die Ermittlungen zeigen. Der Anwalt hat kein schlechtes Gewissen: «In der Zeit, in der ich für die Gesellschaft tätig war, ist nichts passiert.»

Dies stimmt allerdings nicht ganz. In dieser Zeit erhielt Bressers Freundin von der Firma den Fake-Arbeitsvertrag. Der Anwalt amtierte damals als einziger Verwaltungsrat. Auch darin sieht er kein Problem: «Das war ein Standardarbeitsvertrag. Wegen Corona konnte man aber nicht wirklich arbeiten.» Gegen den Anwalt läuft kein Verfahren.

Ahmet M. verteidigt sich mit dem Argument, ein normales Geschäft mit normalen Kunden geführt zu haben. Eine Hausdurchsuchung zeigte aber, dass in seinem Büro kaum Geschäftsunterlagen und keine Verträge mit anderen Kunden vorhanden waren. Eine Auswertung seiner Handydaten ergab zudem, dass er – anders als behauptet – oft in Bressers Wohnung verkehrte.

Auch seine Kontobewegungen erscheinen verdächtig. Er bezog Arbeitslosengelder, gab aber viel mehr Geld aus und zahlte gleichzeitig grosse Summen Bargeld bei Bancomaten ein. Im Februar 2022, am Tag von Bressers Verhaftung, stoppten die verdächtigen Geldflüsse. Am gleichen Tag räumte Ahmet M. zwei Lagerboxen bei einem Self-Storage-Anbieter, wo er für das Paar Luxusmöbel im Wert von 170’000 Franken aufbewahrt hatte.

In der Schweiz führt Ahmet M. gemäss der Zürcher Staatsanwaltschaft keine persönlichen Beziehungen. Er sei nur geschäftlich hier gewesen. Deshalb befürchtet sie, er würde bei einer Freilassung über die Grenze nach Süddeutschland fliehen und verlängerte daher die Untersuchungshaft. Das Bundesgericht bestätigt diese nun und legt dabei den bisherigen Verfahrensstand offen.

Aus einem weiteren Verfahren gegen Bressers Freundin ist zudem ihr Lebensstil in der Schweiz bekannt. Das Paar verprasste in zwei Jahren 2,5 Millionen Franken. Folgende sieben Ausgabeposten geben einen Einblick.

660’000 Fr. für Schmuck und Uhren

400’000 Fr. für 131 Flaschen Wein (3000 Fr. pro Flasche)

218’000 Fr. für Frauenkleider

175’000 Fr. für ein Motorboot

134’000 Fr. für HiFi/TV-Geräte

76’000 Fr. für Handtaschen

31’000 Fr. für Massanzüge

Das Leben in Saus und Braus war nur dank der diskreten Dienstleistungen in der Schweiz möglich. Ebenso wichtig waren die Hintermänner in Belgien, welche sich um die Geschäfte kümmerten. Ermittler haben gemäss belgischen Medienberichten bisher folgende Helfer enttarnt.

Der Kryptobanker aus London und die 14 Konten

Caio Marchesani ist ein Italiener, der in London eine Firma für Geldtransfers führt. Die Polizei nahm ihn im Auftrag der belgischen Staatsanwaltschaft am Flughafen Heathrow fest. Der Vorgang sorgte in der Londoner Finanzwelt für Aufsehen. Marchesani soll auf einer Kryptohandelsplattform vierzehn Konten für Bressers verwaltet und so die Spuren des Geldes verwischt haben. Er bezeichnet die Vorwürfe als «falsch und ungenau».

Der niederländische Anwalt und seine Spezialdienste

Yehudi Moszkowicz war der niederländische Anwalt von Flor Bressers. Als er seinen Klienten in Belgien im Gefängnis besuchte, behielt ihn die belgische Staatsanwaltschaft gleich hinter Gittern. Er soll Leistungen erbracht haben, die über ein normales Anwaltsverhältnis hinausgegangen seien, und so zum Mitglied einer kriminellen Organisation geworden sein.

Der Privatdetektiv mit Zugang zu Europol

Gilbert S. soll im Auftrag von Flor Bressers die Polizei ausspioniert haben. Über einen Ermittler bei Europol soll er Zugang zu Polizeidatenbanken erhalten haben. Auch Richter und Polizisten soll der Detektiv beschattet haben. Ein Gericht verurteilte ihn wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation, die Kokain aus Südamerika importiert hat.

Die Methode hat System. Drogenbanden infiltrieren in Antwerpen das Establishment. Die Bundeskriminalpolizei warnte dort schon vor Jahren in einem Bericht vor einem aufkommenden Narko-Staat: «Es ist nicht auszuschliessen, dass sie nach und nach in verschiedene strategische Bereiche wie Polizei, Zoll, Justiz und Wirtschaft eindringen.»

Flor Bressers war auf dem Weg dazu. Nun muss er zuerst eine vierjährige Freiheitsstrafe absitzen. Aus hängigen Verfahren werden wohl weitere Jahre dazukommen.

In den nächsten Monaten soll er wegen eines Falls um die Antwerpener Firma Kriva Rochem vor Gericht stehen. Sie gab vor, Meerwasser zu entsalzen. Tatsächlich aber soll sie in Bressers Auftrag 16 Tonnen Kokain mit einem Wert von 25’000 Franken pro Kilo geschmuggelt haben. In mindestens zehn Transporten soll sie das weisse Pulver unter einer Ladung Soja, in Thunfischdosen oder unter einer Deckladung Fliesen versteckt haben.

Bressers Freundin, welche die Schweiz ebenfalls nach Belgien ausgeliefert hat, durfte das Gefängnis hingegen wieder verlassen. Sie muss elektronische Fussfesseln tragen, darf sich aber zu Hause um ihr Baby kümmern.

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