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Der langjährige Staatsanwalt Markus Julmy blickt auf seine Karriere im Dienst der Freiburger Justiz zurück

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Nach rund 35 Jahren verlässt Markus Julmy die Freiburger Staatsanwaltschaft. Im Gespräch erzählt der Sensler, warum es besser ist, im Sensebezirk vor Gericht zu stehen, wie viel Show vor Gericht dabei ist und warum er ein schlechter Politiker wäre.

Warum sind Sie Jurist geworden?

Wohl aus Verlegenheit! Rein von meiner Neigung her hätte ich gerne ein Ingenieurstudium gemacht, ich war aber schlecht in Mathematik, und es wäre viel zu anstrengend gewesen… Die Alternative war ein Jusstudium.

Haben Sie das je bedauert?

Nein. Ich beschäftige mich aber auch gerne mit Geschichte und Philosophie und habe vor ein paar Jahren an der Universität Vorlesungen dazu besucht. Ich hätte mir auch andere, praktische Tätigkeiten vorstellen können.

Sind Ihre Erwartungen erfüllt worden?

Ich habe die Rechtsprechung in der Schweiz immer als System wahrgenommen. Es braucht ein Zusammenspiel von vielen Elementen, Anklage und Verteidigung, Parteien, Gerichte, jedes Element mit seiner eigenen Funktion. Vor diesem Hintergrund: weitgehend ja.

Aber nicht ganz?

In den letzten Jahrzehnten hat die Zahl der neuen Gesetze immer mehr zugenommen. Das ist eine Veränderung, die inzwischen nicht mehr gesund ist. Sobald sich ein Problem herauskristallisiert, wird der Gesetzgeber aktiv und versucht, möglichst schnell eine Regelung zu finden. Die Justiz muss diese vielen Anpassungen dann aufnehmen und anwenden. Wenn der Gesetzgebungsprozess abgeschlossen ist, besteht das Problem manchmal schon nicht mehr, oder es hat sich verändert. Insofern ist die Gesetzgebung zu langsam. Andererseits braucht ein gutes Gesetz auch seine Zeit zum Ausreifen, wie ein guter Wein. Frustrierend ist schliesslich, wenn gerade wichtige Fragen aus parteipolitischen Gründen in der Gesetzgebung ganz ausgeklammert werden. Dann wird der «Richterstaat» kritisiert, der zentrale Fragen anstelle des Gesetzgebers klären muss.

Markus Julmy zieht sich aus der Staatsanwaltschaft zurück, um wieder als Anwalt zu arbeiten.
Charles Ellena

Was ist konkret so ein Beispiel?

Hanfsachen haben mich über die Jahre sehr viel Zeit gekostet. Der Gesetzgeber müsste beispielsweise diese Materie endlich besser regeln. Anzeigen, Untersuchungen und Verhandlungen sind oft unfruchtbar. Es ist ähnlich wie bei der Prohibition in Amerika: Die Hanfpflanze lässt sich zwar ausreissen, Hanf als Phänomen lässt sich dagegen nicht mehr ausrotten. Man müsste es also «kanalisieren». So aber haben wir weiterhin die unselige Situation, dass viel Zeit und Geld für wenig Gegenwert investiert wird.

Wäre es etwas für Sie gewesen, solche Probleme bei der Wurzel anzupacken und selbst in die Politik einzusteigen?

Nein, gar nicht! Ich würde mich viel zu stark aufregen. Ich habe ohnehin das Glück gehabt, dass ich nie in eine Partei eintreten musste. Dafür bin ich zu sehr Freigeist. Das ist leider etwas, das heute kaum mehr möglich ist: Wer in der Justiz Karriere machen will, muss praktisch immer von einer Partei unterstützt sein. Gleichzeitig führt eine Kaderstelle in der Justiz auch dazu, dass man sich künftige Möglichkeiten in der Privatwirtschaft verbaut und Brücken dorthin abbricht. Schliesslich ist der Staat Freiburg an sich kein so attraktiver Arbeitgeber mehr. Das merkt man in der Justiz und auch bei der Polizei. Beamte wandern nach Bern ab, weil dort die Arbeitsbedingungen besser sind und das Problem der mangelhaft gelebten Zweisprachigkeit in Freiburg dort entfällt. Ein deutschsprachiger Beamter in Freiburg hat keinen Vorteil, wenn er das Französische beherrscht. Bei vielen Französischsprachigen ist es aber selbstverständlich, dass sie kein Deutsch sprechen.

Was hat sich in all den Jahren am meisten verändert?

Früher pflegten Anwälte, Richter und die Staatsanwälte einen lockeren und geselligen Umgang. Nach einer Gerichtsverhandlung sind sie etwa zusammen essen gegangen. Das geht heute nicht mehr. Die Regeln betreffend Ausstand und Befangenheit sind strenger geworden. Das ist auch gut so. Es darf aber nicht so weit kommen, dass sich Richter, Anwälte und Staatsanwälte nur noch als Gegner sehen.

Als Laie staunt man, wie oft sich die Anträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung vor Gericht unterscheiden. Ist das Taktik?

«Ein bisschen Show vor Gericht muss sein», sagt Markus Julmy.
Charles Ellena

Man muss wissen: Recht ist nicht Mathematik, es ist eine ungenaue Wissenschaft. Es geht im Prinzip immer um drei Fragen: Was ist der Sachverhalt, wie bewertet man ihn juristisch, und welche Sanktionen sind angemessen? Je nach Interpretation kann sich eine ziemliche Diskrepanz zwischen den Forderungen von Anklage und Verteidigung zusammenaddieren. Etwas Taktik ist sicher dabei, jeder versucht natürlich, das Leintuch auf seine Seite zu ziehen. Es ist aber auch ganz einfach Teil des Systems, Extrempositionen zu beziehen und es dem Gericht zu überlassen, innerhalb dieses Rahmens zu entscheiden.

Und wie viel Show ist dabei? Ist ein rhetorisch geschickter Staatsanwalt oder Verteidiger erfolgreicher?

Ein bisschen Show gehört oft auch dazu! Wir Deutschfreiburger betreiben aber extrem wenig Show im Vergleich zu den welschen Kollegen. Deren Plädoyers haben manchmal fast Kultstatus. Wir Deutschfreiburger haben manchmal Mühe, dies zu akzeptieren, denn wir sind es nicht gewohnt und vertragen es wohl auch weniger. 

Show und Rhetorik spielen eine gewisse Rolle, allerdings kann gegenüber dem Gericht letztlich nur überzeugt wirken, wer selber von der Sache überzeugt ist.

Wie gerecht sind die Strafen im Kanton Freiburg?

Gerechtigkeit und Rechtsprechung sind zweierlei, reden wir besser von Gleichheit! Es gibt im Kanton Freiburg Diskrepanzen. Es ist für einen Angeklagten besser, im See- als im Greyerzbezirk verurteilt zu werden, und es ist für ihn auch besser, in Tafers als in Freiburg vor Gericht zu stehen. Das ist ein Problem. Eine Bandbreite darf bestehen, sie hat inzwischen aber ein Mass angenommen, das zu hinterfragen wäre. Ein Stück weit werden Urteile am Strafappellationshof korrigiert, wenn es Berufungen dagegen gibt.

Ärgerte es Sie, wenn Sie einen Fall verloren haben?

Natürlich gewinnt man lieber, vor allem, wenn es ein Fall war, in den man viel investiert hat. Manchmal ist man sich aber von vornherein durchaus bewusst, dass ein Fall auf die ganz andere Seite kippen kann. Mit den Jahren wird man auch etwas gelassener und sieht das aus einer gewissen Distanz.

Apropos Distanz: Konnten Sie gut abschalten, oder haben Sie die Fälle auch nach Feierabend noch beschäftigt?

95 Prozent der Fälle kommen gar nie vor Gericht, sondern werden durch Strafbefehl entschieden, oder das Verfahren wird eingestellt. Oft waren es nicht die grossen Dossiers, sondern gerade solche kleineren Fälle, die mich beschäftigt haben. 

Ich hatte erwartet, dass ich mit den Jahren abhärten würde, das ist aber nicht eingetreten.

Als Staatsanwalt vertreten Sie das Gesetz, die Gesellschaft. Sind Sie nie müde geworden, diese Position zu verteidigen?

Als Staatsanwalt habe ich Menschen immer nur als Gegenpartei gehabt. Gewisse Fälle hätte ich persönlich vielleicht auch anders entschieden, als ich es von Amtes wegen tun musste. Deshalb war es mir auch immer ein Anliegen, den Beschuldigten korrekt zu behandeln, sei es in den Einvernahmen, am Telefon oder vor Gericht.

Doch jetzt vollziehen Sie den Seitenwechsel: Sie werden Anwalt und vertreten wieder Menschen?

Genau. Ich bleibe im juristischen System, nehme aber eine neue Rolle ein. Ich habe eine neue Herausforderung gesucht und Lust gehabt, etwas Neues anzupacken. Nun freue ich mich, leibhaftige Menschen als Klienten zu vertreten und nicht den anonymen Staat. Zudem verwirkliche ich zusammen mit meiner Frau ein altes Projekt. Wir hatten anfänglich ins Auge gefasst, dass sie eine Kanzlei eröffnet und ich später einsteige. Das hat jetzt einfach etwas länger warten müssen…

Was nehmen Sie mit aus Ihrer Zeit bei der Staatsanwaltschaft?

Ich bin dankbar für all die Einblicke, die ich gewinnen durfte, Einblicke in das Leben, in die Region und in die menschliche Natur. Ich bin auch dankbar für die grosse Freiheit, mit der ich meine Arbeit ausführen durfte. Auch wenn damit die Verantwortung gross war, habe ich es geschätzt, so viel selber entscheiden zu dürfen. Ich bin nämlich nicht einer, der gut gehorchen könnte!

Zur Person

Markus Julmy ist seit 1986 bei der Freiburger Staatsanwaltschaft

Markus Julmy ist 63 Jahre alt und wohnt in Zumholz. Nach der Primarschule in Plaffeien und dem Gymnasium in Stans schloss er an der Uni Freiburg ein Rechtsstudium ab. 1985 erwarb er das Anwaltspatent. Von 1986 bis 1989 war er Jurist bei der Staatsanwaltschaft Freiburg, von 1990 bis 1991 wissenschaftlicher Adjunkt am Bundesgericht, und von 1991 bis 1998 war er Substitut der Staatsanwältin. 1991 wurde er zum Dr. iur. promoviert mit einer Dissertation zum Thema «Die elterliche Gewalt über Entmündigte». Von 1994 bis 2002 nahm er einen Lehrauftrag an der Uni Freiburg in Strafrecht wahr. 1998 wurde er zum Untersuchungsrichter gewählt. 2005 wurde er Vizepräsident des Untersuchungsrichteramts. Von 2008 bis 2021 war er nebenamtlicher Präsident der Rekurskommission an der Universität Freiburg. Von 2011 bis 2015 war er stellvertretender Generalstaatsanwalt, seit 2016 bis heute war er als Staatsanwalt tätig. Er ist verheiratet mit Danielle Julmy-Hort und Vater von zwei erwachsenen Söhnen. im

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