Der Murtner Elefant kehrt an seinen Schicksalsort zurück. Er steht im Zentrum einer Ausstellung von Grégory Sugnaux im Museum Murten. Man sieht das Grautier dort so, wie man es noch nie gesehen hat. Unter Mithilfe von künstlicher Intelligenz.
Die Kanonenkugel liegt in einer Vitrine und wirkt wie eine Provokation. Im Hintergrund an den Wänden zeigen Bilder, was die Metallkugel bewirkt hat. Sie hat Tod gebracht. Den Tod des Zirkuselefanten, am 29. Juni 1866, in der Murtner Rathausgasse, von einer Kanone erschossen. Der Riese liegt regungslos am Boden und ist nur noch ein Stück Fleisch.
Es ist eine der Darstellungen des Freiburger Künstlers Grégory Sugnaux, die ab diesem Sonntag bis zum 2. Juni in einer Wechselausstellung im Museum Murten zu sehen sind. Die Vernissage zur Ausstellung «Griserie» findet morgen Samstag um 18 Uhr statt.
Die Provokation liegt auch auf anderen Ebenen. Der Tod des Zirkuselefanten ist für Murten ein historisches Ereignis, gut dokumentiert, illustriert und durch eine der ersten Fotografien in Murten überhaupt auch bebildert.
Doch Sugnaux hat die historischen Quellen und Fakten benutzt, um damit eine Maschine mit künstlicher Intelligenz zu füttern. Und diese Maschine, bedient durch einen befreundeten Informatiker, hat ihm anhand der Stichworte zwischen 3000 und 4000 Ideen herausgespuckt, wie man die Ereignisse um den Murtner Elefanten illustrieren kann.
Die Apokalypse in Murten
«Es gab viele Überraschungen für mich», sagt Sugnaux. Er hat die Vorschläge durchgearbeitet, die besten und interessantesten davon ausgesucht, und sie anschliessend durch verschiedene künstlerische Mittel reproduziert und als Bilder für die neue Wechselausstellung «Griserie» geschaffen.
So sieht man den Murtner Elefanten in den verschiedensten Rollen, Situationen und Ansichten: Als fliegender Dumbo über dem Stedtli, als Ausschnitt eines Körpers, durch den die glühende Kanonenkugel dringt, als schmucker Brunnen, aus dem Wasser spritzt, als Fastnachtskostüm, als Umzugssujet wie bei einem Alpabzug, durch den Kopfschmuck, wie ihn indische Elefanten tragen, und als rächende Maschine, die den Rüssel als Kanone benutzt, um in einer apokalyptischen Darstellung Murten in Schutt und Asche zu legen. Die Darstellung der Apokalypse findet sich bezeichnenderweise im Waffensaal des Museums.
Nur für Murten geschaffen
Museumsleiter Denis Decrausaz sagte an einer Medienorientierung vom Donnerstag, er habe den Künstler Grégory Sugnaux schon länger auf dem Radar. Er sei ein Aufsteiger der Freiburger Kunstszene, der schon zehn Ausstellungen individuell und zehn in Kollektiven gestaltet und zudem Preise und Residenzen gewonnen hat.
Nach einer letzten Ausstellung 2023 in Rom, öffnete ihm nun das Museum Murten seine Räume. Sugnaux entschloss sich, ein Projekt mit neuen Kreationen zu schaffen. Diese sind speziell auf den historischen Ort Murten und die Museumsräumlichkeiten zugeschnitten.
Ausgangspunkt sei die Anekdote um den Elefanten gewesen, die im Künstler mehrere Bedeutungen weckte. Mehrfache Bedeutung hat für den visuellen Künstler auch der Titel seiner Ausstellung «Griserie». Er spielt mit dem Wort auf das Grau des Elefanten an, nutzt bei seinen Werken aber auch Grautöne, um den Zeitfaktor des historischen Ereignisses zu unterstreichen. «Griserie» deutet zudem auf die Euphorie, auf das Berauschende hin. Diese kann sowohl positiv als auch negativ verstanden werden.
KI als ein Werkzeug behalten
Sugnaux weist darauf hin, dass sich die Tragödie um den Murtner Elefanten gleich zu Beginn ereignet hat, als der Zirkus mit der exotischen Attraktion eben erst in Murten ankam. Der Elefantenbulle war gerade in der Musth, der Brunftzeit, die im Jahr nur zweimal vorkommt. Der Elefant fühlte also dieses Berauschende, die «Griserie», die schliesslich zu seinem Todesurteil wurde.
Provokativ im Ausdruck wie auch in den Mitteln bei «Griserie», will sich Grégory Sugnaux in Zukunft aber nicht systematisch auf die künstliche Intelligenz verlassen. «Künstliche Intelligenz soll nicht ein Rezept werden», so Sugnaux. «Aber jetzt weiss ich, wie sie funktioniert, und ich will sie als ein Werkzeug beibehalten.»
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