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Die Tage des Stellwerks Murten sind bald gezählt

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Nach und nach geht es den kleinen Stellwerken an den Kragen. Auch das Stellwerk in Murten wird voraussichtlich in ein paar Jahren abgebaut. Die FN haben eine Mitarbeiterin bei ihrer Arbeit begleitet. Sie erzählt, wie es ihr mit der bevorstehenden Schliessung geht.  

Seit acht Jahren schliesst Eva Maria Teofani regelmässig um 4.30 Uhr morgens die Tür zum Stellwerk Murten auf. Dann, wenn die meisten Menschen noch schlafen, stellt sie bereits Weichen und Signale für die ersten Züge. Im Stellwerkraum ist es eng und manchmal riecht es unangenehm. Die Anlage ist technisch veraltet, die Bausubstanz marode. Fahrdienstleiterin Teofani weiss noch nicht, wann sie hier ihren letzten Dienst antreten wird. Sicher ist nur: Die Zukunft der Bahnbetriebssteuerung findet zusehends vor Computerbildschirmen in den grossen Betriebszentralen in Lausanne, Zürich, Olten und Pollegio statt. Dort werden keine Knöpfe mehr gedrückt, keine Hebel mehr umgelegt.

Blick auf den Stellwerksraum am Bahnhof Murten.
Foto Marc Reidy

Eva Maria Teofani ist Optimistin. Ihre positive Grundeinstellung zum Leben hilft ihr, Zuversicht zu wahren. Dennoch macht sie sich Sorgen: «Wo werde ich arbeiten?», «Finde ich mich in meinem Alter in der Betriebszentrale überhaupt noch zurecht?» Und: «Möchte ich dort überhaupt arbeiten?»

An diesem sonnigen Freitagvormittag scheint all das weit weg. Teofani ist seit dem frühen Morgen im Dienst. Wie immer hat sie die Schicht mit einer Tasse Kaffee begonnen. Danach meldete sie sich bei den benachbarten Bahnhöfen an. So gewährleistet sie, dass auch alle anderen Stellwerke einsatzbereit sind. Wenn jemand verschlafen würde, könnten die Züge nicht fahren und es würde zu Verspätungen kommen. «Deshalb ist Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit sehr wichtig in diesem Beruf», sagt Teofani.

Seit acht Jahren arbeitet Eva Maria Teofani im Stellwerk in Murten. 
Foto Marc Reidy

Gegen fünf Uhr verkehren die ersten Züge und die Fahrdienstleiterin stellt die Weichen und Signale. Bis die Rushhour am Morgen vorbei ist, geht es jeweils hektisch zu und her. Etwas nach zehn Uhr hat sich die Lage entspannt. Trotzdem vergehen keine fünf Minuten, ohne dass ein Signalton ertönt und die Frau im kurzärmligen SBB-Hemd auf leuchtende Knöpfe am Stelltisch drückt. Durch die dünnen Glasscheiben dringen die Geräusche eines einfahrenden Zugs. «Das isch no richtigs Bähnle», sagt Teofani schmunzelnd, während sie konzentriert auf das Wirrwarr aus verschiedenen Farben, Knöpfen und Schaltern am Stelltisch blickt. 

Es braucht technisches Flair

Das Murtner Stellwerk funktioniert elektromechanisch. 
Foto Marc Reidy

«Stellwerk ist nicht gleich Stellwerk», betont die Fahrdienstleiterin, während sie die Fahrbahn für einen einfahrenden Zug sichert. «Die Anlage in Murten funktioniert elektromechanisch. Im Unterschied zu einem vollmechanischen Stellwerk müssen hier keine grossen Hebel mehr umgelegt werden», erklärt sie. Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen drücken stattdessen auf Knöpfe oder drehen an Schaltern, welche die Weichen elektrisch ansteuern. Zum Teil funktioniere die Anlage aber immer noch mechanisch, fügt Teofani an und deutet auf den unteren Teil des Stellwerks. Dort befinden sich zahlreiche Hebel. «Mit diesen werden die Weichen umgestellt. Wenn sich aber ein Zug auf einer Weiche befindet, ist der Hebel blockiert und die Weiche kann nicht umgelegt werden», erklärt sie. Die Ansteuerung der Weichen erfolge mit einem elektrischen Impuls. «Das Technische an diesem Beruf gefällt mir», sagt die Neuenburgerin. Wer in einem Stellwerk arbeite, müsse einiges an technischem Flair mitbringen. 

Der untere Teil des Stellwerktisches: Mit diesen Hebeln werden die Weichen umgelegt. 
Foto Marc Reidy

Im oberen Teil des Stellwerks ist das gesamte Zugnetz abgebildet, das von Murten aus gesteuert wird: «Wir sind für die Bahnhöfe Murten, Muntelier-Löwenberg, Galmiz, Faoug und teilweise auch für Avenches zuständig», sagt die Fahrdienstleiterin mit Blick auf das Stellwerk. Dieser Teil des Stelltisches ist übersät mit Knöpfen, die in verschiedenen Farben aufleuchten. Ertönt das entsprechende Signal, muss Teofani die richtigen Knöpfe drücken, um die Fahrbahn für einen Zug zu sichern. 

Zahlen und Fakten

Stellwerk Murten

An einem durchschnittlichen Wochentag verkehren am Bahnhof Murten rund 170 Züge. Etwa 2400 Personen steigen hier pro Tag um. Eine Besonderheit des Bahnhofs ist, dass hier Züge von drei unterschiedlichen Bahngesellschaften, nämlich von den SBB, der BLS sowie von den TPF, verkehren. Bereits seit 1949 gibt es in Murten ein Stellwerk. Zur ursprünglichen Anlage gehörte eine Gleistafel mit der Darstellung der Gleise und der Signale. 1977 wurde die Tafel durch das noch heute bestehende Stellwerk ersetzt. Bei diesem werden die Weichen und die Fahrstrassen mit dem elektromechanischen Schalterstellwerk bedient, während sich Barrieren, Isolierungen und Streckenblock im elektrischen Teil befinden. Aktuell sind elf Mitarbeitende im Stellwerk beschäftigt. Im Rahmen der Modernisierung der Broye-Linien wird die Anlage voraussichtlich im Sommer 2027 stillgelegt. mbe

Grosse Verantwortung

Als Zugverkehrsleiterin trägt Eva Maria Teofani eine grosse Verantwortung. Sie hält fest:

Ich muss dafür sorgen, dass alle Passagiere sicher und pünktlich von A nach B kommen und dass der Bahnverkehr ungestört verläuft.

Eva Maria Teofani
Zugverkehrsleiterin Stellwerk Murten

Solange die Technik mitspielt, laufe meist alles reibungslos. «Sobald aber etwas nicht funktioniert, wird es brenzlig», sagt Teofani. Auf der Strecke zwischen Kerzers, Murten, Moudon und Palézieux komme es häufig zu Störungen. Der Grund ist die Infrastruktur. «Die Bahnanlagen auf dieser Strecke sind veraltet, und es gibt viele Verschleissteile», erklärt sie, «dadurch ist die Störungsanfälligkeit hoch». Die SBB würden die veralteten Anlagen nicht mehr ersetzen, da die Broye-Linien mittelfristig modernisiert werden (siehe Kasten). Bis dahin gilt es, sich mit den Störungen zu arrangieren und diese schnellstmöglich zu beheben.

Nebst der in die Jahre gekommenen Infrastruktur gebe es ein weiteres Problem. «Die Strecke ist nur einspurig. Wenn es eine Störung gibt, können die Züge nicht über eine andere Spur umgeleitet werden.» Das sei der Grund, weshalb es auf dieser Strecke zu besonders vielen Zugausfällen komme. Denn bei einer Störung würden die Verantwortlichen in der Betriebszentrale Lausanne den betroffenen Zug oftmals ausfallen lassen, weil sonst alle nachfolgenden Züge grosse Verspätungen hätten.

Nahe am Geschehen

11 Uhr. Obwohl es Herbst ist, ist es heiss im Stellwerk. Plötzlich klopft es an der Tür. «Excusez-moi», sagt ein junger Mann mit einem ausgedruckten Fahrplan in der Hand. Auf welchem Gleis der Zug nach Payerne fahre, möchte er wissen. In fliessendem Französisch erklärt die gebürtige St. Gallerin, dass er die S9 auf Gleis zwei nehmen muss. Sie wünscht dem Mann eine gute Reise und sagt dann: «Ich schätze es sehr, so nah am Geschehen zu sein.» Nachdenklich fügt sie nach einem kurzen Moment hinzu:

Deshalb bin ich ja noch hier und nicht in Lausanne.

Eva Maria Teofani
Zugverkehrsleiterin Stellwerk Murten

Insbesondere bei Problemen im Bahnverkehr sei Ortskenntnis von Vorteil, weiss Teofani: «Bei einer Störung entscheidet zwar die Betriebszentrale in Lausanne, wie gehandelt wird. Da wir aber direkt am Geschehen sind, können wir oft Tipps geben, was angesichts der Lage vor Ort die beste Lösung wäre.»

Den Kontakt zu den Kundinnen und Kunden erlebt Teofani als Bereicherung – und er ist Anlass für so manche Begegnung, die in Erinnerung bleibt. So komme es immer mal wieder vor, dass jemand auf dem letzten Zug, der in Kerzers geteilt wird, Richtung Payerne anstatt Richtung Neuenburg fährt. «Da ich selbst in Neuenburg lebe, habe ich nach der Spätschicht schon einige Male Passagiere mitgenommen, die in die falsche Zughälfte eingestiegen sind», erzählt sie lachend. 

«Ein schöner Beruf»

Wieder ertönt ein Signalton und Teofani sichert den Fahrweg für den nächsten Zug. Als sie vor acht Jahren in Murten zu arbeiten angefangen hatte, sei im Stellwerk noch weniger los gewesen, erinnert sie sich:

Heute sind viel mehr Züge unterwegs als noch vor einigen Jahren.

Eva Maria Teofani
Zugverkehrsleiterin Stellwerk Murten

Trotzdem übt Eva Maria Teofani ihren Beruf nach wie vor mit Begeisterung aus. «Er ist spannend und abwechslungsreich», schwärmt sie. Sowohl die technischen Aspekte als auch der Kontakt mit Kundinnen und Kunden sowie dem Verkaufspersonal des BLS-Schalters und den Lokführern gefallen ihr. 

Ungewisse Zukunft

Wenn Eva Maria Teofani von ihrer Arbeit im Stellwerk erzählt, schwingt auch ein wenig Melancholie mit. Denn die bald 53-Jährige weiss, dass die Tage der Anlage in Murten bald gezählt sind. Nach und nach sollen die Bahnhöfe entlang der Broye-Linie modernisiert werden. Dabei werden die alten Stellwerke eins nach dem anderen abgebaut. In Zukunft wird der Bahnverkehr hier nur noch von der Betriebszentrale in Lausanne aus gesteuert (siehe Kasten).

Mit dem Ende dieser Ära in der Eisenbahngeschichte stellt sich für die Mitarbeitenden der kleinen Stellwerke eine grosse Frage: Wie geht es weiter? Auch Teofani fragt sich, was die Zukunft für sie bereithält. Nachdenklich sagt sie: «Um in der Betriebszentrale arbeiten zu können, müsste ich eine Prüfung ablegen. Ich weiss nicht, ob ich diese in meinem Alter noch bestehen kann.» Ausserdem würden ihr die benötigten Weiterbildungen fehlen. Die SBB seien aber bestrebt, möglichst für alle Mitarbeitenden eine Lösung zu finden. So würden im Unternehmen Aus- und Weiterbildungen angeboten.

Für Teofani bleiben trotzdem Bedenken: «Ich bin mir nicht sicher, ob mir die Arbeit überhaupt noch gefallen würde.» Denn es sei nicht ihr Ding, den ganzen Tag vor Bildschirmen zu sitzen. Lieber ist die eingefleischte Bähnlerin am Bahnhof, wo sie die Züge noch sieht und hört, die Passagiere ein- und aussteigen sieht, wo sie jeden Meter des Streckennetzes auswendig kennt.

Frei, wenn die anderen arbeiten

Kurz vor 12 Uhr: Bald ist Schichtwechsel. Teofani steht nun seit fast acht Stunden im Stellwerkraum. Für die Fahrdienstleiterin ist nun Feierabend. Ihr Kollege ist schon etwas vorher da für die Übergabe. «Das ist auch etwas Schönes an meinem Beruf. Ich habe oft dann frei, wenn alle anderen arbeiten», sagt sie und lacht.

Sie wechselt noch ein paar Worte mit ihrem Kollegen, bevor sie die Tür des Stellwerks hinter sich zumacht. 

Projekt

Modernisierung der Broye-Linien

Im Rahmen der Erneuerungsarbeiten an den Broye-Linien sollen rund 90 Kilometer Trassee und sämtliche Stellwerke erneuert werden (die FN berichteten). Bei den Broye-Linien handelt es sich um die Linie Palézieux-Payerne-Murten-Kerzers sowie um die Linie Yverdon-les-Bains-Payerne-Freiburg. Durch die Modernisierung der Sicherungsanlage sollen diese künftig von der Betriebszentrale Lausanne aus gesteuert werden. Betroffen von dieser Zentralisierung sind nebst dem Bahnhof Murten die Bahnhöfe Estavayer-le-Lac, Payerne, Ecublens-Rue, Moudon, Lucens, Granges-Marnand und Avenches. Ausserdem sind die Anpassung von 63 Bahnübergängen, die Erneuerung von Durchlässen, Mauern und Stützbauwerken sowie der Umbau und die Renovierung von zwölf Bahnhöfen geplant. Durch die Arbeiten sollen Letztere an die Vorgaben des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) angepasst werden. 

Die Grossbaustelle wurde in drei Lose unterteilt. Die Arbeiten werden auf rund 250  Millionen Franken zu stehen kommen. Die Planauflage von Los 1 fand im Januar 2022 statt. Die Lose 2 (Payerne–Kerzers) und 3 (Cheyres-Châbles–Payerne–Givisiez) wurden im Februar 2023 öffentlich aufgelegt. 2024 sollen die Bauarbeiten beginnen. 

Die Arbeiten werden voraussichtlich sechs Jahre dauern. Für einige Bauphasen wird der Totalunterbruch des Zugverkehrs mit Ersatzbusverkehr nötig sein. mbe

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