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Ein beherztes Plädoyer für die Nächstenliebe

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Die Szenerie täuschte. In der alten Kapelle der Universität Regina Mundi, heute ein Lesesaal, war ein Bankett aufgetischt. Doch die Zuschauer erhielten am Mittwochabend kein Mehrgangmenü, sondern literarische Kost. Unter der Regie von Simon Helbling stellte ein zwölfköpfiges Ensemble von Studierenden «Paulus. Ein Ereignis» von Alain Badiou in der Bearbeitung von Maja Tschumi dar. Es greift Elemente aus den Paulusbriefen auf und transportiert sie ins Heute.

Im Berghaus «Extravaganza» in einem Schweizer Dorf: Ein multinationales Beleuchtungsunternehmen feiert ausschweifend ein Jubiläum. Geladen sind Aktionäre und die Teppichetage. Gefeiert wird der grenzenlose Liberalismus, die Managersprache aus anglizistischen Worthülsen, die Überlegenheit der «Architekten» über die «Schweissmasse», kurz: die Weltherrschaft der Firma. Gezeichnet wird eine Welt, in der der Mensch nur noch Konsument und Versuchskaninchen für Experimente ist, die düstere Welt der entfesselten globalisierten Wirtschaft.

Der leuchtende Mensch

Iwan (Benjamin Oester), ein wortgewandter Marketingexperte, sieht in der stetigen Aussicht des «Proletariats», vertreten durch drei Kellner, auf eine rosigere Zukunft schon Motivation genug, um sich freiwillig dem Willen der Firmenoberen zu unterwerfen. Dieser Gehorsam reicht bis hin zu schmerzlichen Menschenversuchen. «Ethik ist ein Bremsklotz. Wir haben die Schweissmasse im Griff», verkündet Iwan sein Credo.

Die Hauptfigur ist Vanessa Kessler (Sarah Getzmann), Firmenchefin und Gastgeberin. «Mein kleines Reich», nennt sie mit falscher Bescheidenheit ihr Unternehmen, das ursprünglich Glühbirnen herstellte und nun aus Menschen Leuchtkörper machen will. Ihr Ziel sei, so Kessler, «nicht der Life-Style, sondern der Light-Style». Und: «Wir challengen den Status quo immer und überall. Wir enlighten die dunkelsten Orte der Welt.» Ihr Motto ist: «Light up your Life.» Und ihre «Freunde» seien «part of my vision».

Kessler ist mächtig, nur Gerüchte stören ihr Glück, zuerst diffus, dann immer deutlicher als Kritik an ihrem Geschäftsgebaren formuliert. Kesslers Untergebene misstrauen sich und werfen sich gegenseitig vor, die Gerüchte in Umlauf gesetzt zu haben.

Die Mahnungen von Paula

Kesslers Gegenspielerin ist Paula (Cathy Hirzel), die Prophetin; zuerst von allen geehrt, dann ein Störenfried, die den anderen den Spiegel vorhält. Sie zitiert Paulus aus dessen Briefen an die Christengemeinden. «Rechnest du damit, dass du dem Gericht Gottes entrinnen wirst?», klagt sie Kessler an (Römer 2,3). Denn Gottes Langmut und Geduld sei endlich. «Da ist keiner, der Gott sucht», kritisiert sie (Römer 3,11), «mit ihrer Zunge verbreiten sie Lug und Trug» (Römer 3, 13).

«Schämst du dich nicht? Soll ich die Zahlungen für dein Hilfswerkgedöns einstellen? Du bist hier, um zu schweigen. Du bist Deko», kontert Kessler. Dann taucht ein Brief von Paula auf, in dem sie für Liebe und Gleichheit wirbt. «Lächerlich!», ist zwar Kesslers Urteil, doch alle wenden sich von ihr ab. Ausser Iwan, der schliesst: «Liebe gibt es nicht, sondern Nutzenmaximierung.» Paulas Begleiterin Marie (Valérie Lüthi), gewissermassen das menschliche Gewissen und die Vermittlerin zwischen der Prophetin und den Anwesenden, wehrt die verbalen Angriffe auf Paula ab und sagt. «Wer seid ihr, die ihr euch das Recht nehmt, über unser Leben zu bestimmen? Wir wollen Menschen sein und keine Schweissmasse. Die Welt ist für uns alle da.»

Die umgenutzte Kapelle

Teil des Stücks ist der Raum. «Fancy, eine umgenutzte Kirche», sagt die Firmenchefin einmal. Für Theologieprofessorin Barbara Hallensleben, die das Stück begleitet hat, ist die Unruhe des Raumes, die Eigenschaft, profan und heilig zugleich zu sein, ein wesentliches Element der Geschichte. Es brauche diese Spannung. «Auch das Evangelium ist kein Beruhigungsmittel, es konfrontiert uns mit der Realität.»

Regisseur Helbling hat die Paulusbriefe gelesen. Obschon nicht religiös eingestellt habe er einen Riesenrespekt vor den Texten, sagt er. Man müsse über die fromme Fassade hinwegschauen. «Dann sind sie hochliterarisch. Sie haben eine krasse Brisanz für unsere Zeit.» Helbling betont, dass Paulus’ Lehre von der Nächstenliebe schon zu dessen eigener Zeit revolutionär gewesen sei.

Das Stück wird heute noch einmal aufgeführt, ist aber ausverkauft. Weitere Vorstellungen sind geplant.www.unifr.ch/125

«Wer seid ihr, die ihr euch das Recht nehmt, über unser Leben zu bestimmen?»

Valérie Lüthi

«Marie»

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