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Ein deutsch-türkischer Regierockstar in Freiburg

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Der deutsch-türkische Regisseur Fatih Akin zeigt am Filmfestival Freiburg eine Auswahl seiner Lieblingsfilme. Mit den FN sprach er über Hip-Hop, politische Korrektheit, die Magie von Bruce Lee und über sein deutsches Heldenepos «Rheingold».

«Er ist der grösste Regisseur aus Deutschland, der mir einfällt», sagte Fiff-Programmdirektor Thierry Jobin im Gespräch mit den FN über Fatih Akin. Der Ehrengast am Fiff ist in der Tat einer der ganz Grossen: Berlinale-Preisträger, Cannes-Liebling, Golden-Globe-Gewinner. Der deutsch-türkische Regisseur lässt Genrefilm und Arthaus aufeinanderprallen und trifft den Geschmack der Kritiker meist genauso wie den des Publikums. Am diesjährigen Fiff präsentiert Akin eine Auswahl seiner Lieblingsfilme. Am Freitag, 24. März, ist er ausserdem für ein öffentliches Gespräch mit dem Publikum zu Gast. Mit den FN sprach er im Vorfeld über seine Carte blanche und seinen neuen Film «Rheingold».

Wie herausfordernd war es für Sie, die Filmauswahl für das Fiff zusammenzustellen?

Sehr herausfordernd (lacht). Das war ein gutes Stück Arbeit. Ich habe zu Hause eine Bibliothek von rund 2000 Filmen auf DVD und Blu-ray. Die habe ich durchgeschaut und eine Auswahl getroffen. Zuerst waren es 150 Filme, nach einigen Tagen noch 50. Bei den letzten 30 Filmen wurde es dann richtig schwierig.  

Nach welchen Kriterien haben Sie ausgewählt?

Ich habe mich für sechs Filme entschieden, die mich inspiriert und mein Leben beeinflusst haben. Gleichzeitig habe ich mir für die Liste Ziele gesetzt: Sie sollte zum Beispiel nicht zu amerikanisch sein. Und ich wollte unbedingt einen Film von einer Frau dabei haben.

Leontine Sagans Film «Mädchen in Uniform» von 1931: der erste Film, der lesbische Liebe thematisiert…

Genau. Ein grossartiger Film. Aber ich hatte noch eine ganze Reihe von anderen Regisseurinnen, die ich gern auf der Liste gehabt hätte. Gleichzeitig musste ich aber auch noch meine Leidenschaft für das Hongkong-Kino unterbringen.

Stimmt es, dass der Bruce-Lee-Streifen «Fist of Fury» für Sie ein filmisches Erweckungserlebnis war?

Ja, mein Cousin hatte in den 80er-Jahren einen Super-8-Projektor und die ersten 15 Minuten davon auf Filmrolle. Um den Film zu sehen, mussten wir sein Zimmer abdunkeln und uns ein eigenes kleines Kino erschaffen. Es war magisch. Und wenn der Film durch war, musste man ihn zum Zurückspulen rückwärts abspielen. Ich kenne die ersten 15 Minuten bis heute auswendig – jede Einstellung, jeden Schnitt, jede Bewegung. Das ist Kino in seiner pursten Form. Das funktioniert stumm, vorwärts und rückwärts.

Für Fatih Akin die filmische Erweckung: «Fist of Fury» (1972) mit Bruce Lee.
zvg

Ihre Auswahl ist sehr eklektisch: von Kieslowski bis Jackie Chan. Widerspiegelt das auch Sie als Grenzgänger zwischen Autoren- und Genrekino?

Absolut. Ich mache genauso gerne strenges Arthaus-Kino wie Blockbuster. Ich flirte auch immer wieder mit Hollywood. Das hat damit zu tun, dass ich von verschiedensten filmischen Strömungen beeinflusst wurde. Zum Beispiel von Kieslowskis «Amator» – einer meiner Lieblingsfilme. Es geht darin um die Obsession, Filme zu drehen. Aber auch von «Supercop» mit Jackie Chan: Damit bin ich aufgewachsen. Für mich war er fast wie eine Disney-Figur. Selbst wenn ich Arthaus mache, schreibe ich die Dialoge im Rhythmus der Jackie-Chan-Kampfszenen: Jede Punchline muss einschlagen.

Mit «Beat Street» (1984) von Stan Lathan ist auch ein stilprägender Hip-Hop-Film vertreten. Welche Beziehung haben Sie dazu?

Den Film habe ich als Kind im DDR-Fernsehen gesehen. Bei uns in Hamburg gab es damals nur drei Sender, über Satelliten-TV konnte man aber auch ins Programm aus dem Osten eintauchen. Die DDR zeigte den Film damals als Propaganda, um zu zeigen, wie heruntergekommen Amerika ist. Am Ende hatte der Film aber genau den gegenteiligen Effekt: Er löste in der DDR eine Breakdance-Begeisterung aus – und für mich war er die Einführung in die Welt des Hip-Hop.

Hat die Erfahrung auch ihren neuen Film «Rheingold» beeinflusst? Schliesslich zeichnen Sie darin die Biografie des Gangsta-Rappers Xatar nach.

Dank dieser Erfahrung war ich beim Dreh auf bekanntem Terrain unterwegs. Die Geschichte von Xatar fiel bei mir auch deshalb auf fruchtbaren Boden.

«Rheingold» ist gleichzeitig die Biografie eines geläuterten Kriminellen. Was fasziniert Sie an Verbrechergeschichten?

Darin tauchen viele Themen auf, die auch mein Leben geprägt haben: Hip-Hop, die Erfahrung, als Kind von Immigranten Teil einer Minderheit zu sein, das Gefühl, in einem sozialen Brennpunkt mit Gewalt in Kontakt zu kommen. Es ist ein Film über die dunklen Seiten von Deutschland. Ich interessiere mich immer für die Schattenseiten.

Gab es auch Vorbehalte gegenüber dem Film, als es um die Finanzierung ging?

Natürlich. Die Biografie eines Einwanderers zu verfilmen, der vom Verbrecher zum Rapper aufsteigt, war nicht einfach. Wir leben in sehr moralischen Zeiten. Die politische Korrektheit ist ein aktuelles Thema, und das ist eigentlich auch gut so. Aber wenn die Gesellschaft versucht, die künstlerische Freiheit deshalb einzuschränken, regen sich bei mir rebellische Instinkte.

Der Titel «Rheingold» ist eine Anspielung auf Richard Wagners Oper. Ist Xatars Biografie ein deutsches Heldenepos?

Genau so war es gedacht. Wenn du mit Xatar durchs Getto fährst, stürmen die Jugendlichen heran und wollen Fotos. Er ist ein Held in diesem Milieu – ein neuer deutscher Mythos.  

Wie realitätsnah müssen Biopics sein?

Ein Spielfilm bleibt ein Spielfilm. Wenn man die pure Realität will, muss man Dokus drehen. Die Wahrheit ist spätestens seit Trump ohnehin zu einem schwierigen Begriff geworden. Ich glaube auch, dass man durch Fiktionalisierung manchmal dem Kern einer Sache näherkommt als mit einem dokumentarischen Ansatz.

Der Film basiert auf Xatars Autobiografie, und Sie haben mit ihm zusammengearbeitet. Ist das nicht heikel?

Ja, er hat mich während der Dreharbeiten beraten. Vor allem, wenn es um Details ging. Ich wusste zum Beispiel nicht, wie eine Kokainküche aussieht. Das hat er mir dann im Detail erklärt. Wir hatten aber den Deal, dass wir nichts beschönigen. Ich habe von Anfang an gesagt: Es ist vielleicht dein Leben, aber es ist mein Film. Gleichzeitig wollte ich authentisch sein: Ich will, dass die Leute, die das Leben im Brennpunkt kennen, meinen Film authentisch finden. Ob das dem Feuilleton gefällt, ist letztlich egal. Wichtig ist, dass mir die Getto-Kids die Geschichte abkaufen.

Rheingold

Eine Charakterstudie zu Gewalt und Heldentum

Nebst den Filmen, die Regisseur Fatih Akin für seine Carte blanche ausgewählt hat, zeigt das Fiff dieser Tage auch zwei von Akins eigenen Filmen: Der etwas andere Kochfilm «Soul Kitchen» wird in der Sektion «Genrekino» gezeigt. Akins neuster Film «Rheingold» (2022) kommt am Freitag im Rahmen des Mitternachtskinos auf die Leinwand. Das Biopic zeichnet die Geschichte des deutsch-kurdischen Gangsta-Rappers Giware Hajabi alias Xatar nach. Dessen Geschichte ist wie gemacht für einen knallharten Gangsterfilm: Hajabi wird 1981 im Iran geboren. Als Einwandererkind in Deutschland gerät er auf die schiefe Bahn und wird zum Kriminellen. 2009 überfällt er zusammen mit Komplizen einen Goldtransporter und wird dafür zu einer achtjährigen Haftstrafe verurteilt. Im Gefängnis fängt er an zu rappen. «Rheingold» basiert auf Xatars Autobiografie «Alles oder nix». Der Film ist eine raue Milieu- und Charakterstudie über Gewalt, gefährliche Männlichkeitsideale und Heldentum – ein visuell mitreissender Film, aber ein Härtetest für die politische Korrektheit. lr

Zur Person

Vom Einwandererkind zum Festivalliebling

Der Filmemacher Fatih Akin (geboren 1973) zählt zu den Grossen des deutschen Kinos. Der Sohn türkischer Einwanderer begann bereits in seiner Schulzeit in Hamburg, eigene Drehbücher zu schreiben und mit der Super-8-Kamera zu experimentieren. Sein Durchbruch gelang ihm 2004 mit dem Beziehungsdrama «Gegen die Wand», für das er unter anderem den Goldenen Bären an der Berlinale und den Europäischen Filmpreis gewann. Das Festival in Cannes ehrte Akin 2007 für seinen Film «Auf der anderen Seite» mit dem Preis für das beste Drehbuch. 2018 erhielt sein Spielfilm «Aus dem Nichts» einen Golden Globe. Als einer der ersten deutschen Regisseure beschäftigte sich Akin publikumswirksam mit dem Schicksal von Einwandererfamilien in sozialen Brennpunkten. Im Zentrum seiner Filme stehen oft Ausgestossene und Aussenseiter. 2019 drehte er für Netflix «Der Goldene Handschuh» über den Hamburger Serienmörder Fritz Honka. In seinem neusten Film «Rheingold» zeichnet Akin die spektakuläre Geschichte des Gangsta-Rappers Xatar nach. lr

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